Zu der Debatte um Sterbebegleitung vom 12. November 2014 hat Heike Baehrens eine Rede zu Protokoll gegeben.

Wir werden alle sterben, aber eigentlich wollen wir es nicht. Es fällt uns schwer zu akzeptieren, wenn keine Überlebenschance mehr besteht. Selbst wenn die 93-jährige Mutter vom Arzt erfährt, dass die medizinischen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, ist es nicht leicht, dies anzunehmen. Und noch schwerer ist es, abzuwarten bis es so weit ist. Denn niemand weiß, wann der Tod eintritt. Mal sind es Stunden, mal Tage, mal Monate. Oft dauert es lang. Das Nachlassen der Kräfte oder auch das Leiden mit anzusehen, fällt uns schwer. „Wenn man dem doch ein Ende setzen könnte“, wird von den Betroffenen gesagt und macht uns als Angehörige oft ratlos. Sterben ist nicht leicht. Selbst wenn mitentschieden werden kann, ob die medizinischen Geräte abgestellt werden sollen, ist es in den allermeisten Fällen ein großes Ringen, ob man dem wirklich zustimmen soll. Sterben und Sterbenlassen fällt uns nicht leicht. Denn der Tod bedeutet endgültiges Abschiednehmen vom Leben. Er ist ein tiefer Einschnitt für alle, die zurückbleiben. Nichts kann mehr ausgesprochen werden, was einem auf dem Herzen liegt. Was man noch gemeinsam vorhatte, kann nicht mehr miteinander erlebt werden. Unmittelbare Beziehung wird für immer abgebrochen. Darum ist es für die Zurückbleibenden zunächst auch gar nicht so tröstlich, wenn einer so aus dem Leben geht, wie wir es uns im Innersten eigentlich alle wünschen: einfach nachts auf ewig einschlafen, so wie es einem meiner Großväter vergönnt war. Wenn es uns so schwerfällt, uns mit dem Tod abzufinden, das Sterbenmüssen selbst im schweren Krankheitsfall zu akzeptieren, warum brauchen wir dann eine Debatte darüber, wie wir Menschen ein rasches Ende bereiten können? Kann der Gesetzgeber das Sterben überhaupt leicht(er) machen? Und sind die bestehenden gesetzlichen Regelungen hierfür nicht bereits ausreichend? Als Gesetzgeber können wir vor allem dazu beitragen, die medizinische und pflegerische Versorgung zu verbessern, die Palliativversorgung und Hospizkultur stärker zu fördern. Mit der Patientenverfügung wurde bereits die Möglichkeit geschaffen, Vorkehrungen zu treffen für den Ernstfall des Lebens. Dennoch wird es weiterhin tragische Ausnahmesituationen geben, in denen auch Hospiz- und Palliativmedizin und liebevolle Zuwendung durch vertraute Menschen den Sterbewunsch nicht zurückdrängen können. Hatte der Gesetzgeber solche existenziellen Nöte im Blick, als er entschieden hat, Assistenz beim Suizid straffrei zu lassen? Weitergehende Regelungen zu treffen, erscheint mir zum jetzigen Zeitpunkt nicht notwendig. Sterben ist nicht leicht – den Tod herbeizuführen, muss schwerer sein. Es ist gut, dass es sich der Deutsche Bundestag nicht leicht macht, über diese existenziellen Fragen zu entscheiden.