Oppermann listete auf, was die Koalition bei ihrem Antritt 2009 versprochen hatte und was nun daraus wurde. So hieß es etwa damals, es gebe eine umfassende Steuersenkung. Die gab es nur für Hoteliers. Von einer geistig-politischen Erneuerung habe die Koalition gesprochen, „in Wahrheit gab es in den letzten vier Jahren einen Reformstau“, sagte Thomas Oppermann. Schamlose Klientelpolitik und mehrfache Missachtung des Bundesverfassungsgerichts seien an der Tagesordnung gewesen. „Es wurden geschummelte Doktorarbeiten bagatellisiert. Statt einer Wende gab es eine Erosion des Rechtsbewusstseins“, urteilte Oppermann.

Mehr als 100 Milliarden Euro Schulden hat Bundesfinanzminister Schäuble (CDU) in den vier vergangenen Jahren gemacht – trotz rekordverdächtiger Steuereinnahmen. Das Programm der Union, sagte Oppermann, „heißt Merkel, und sonst nichts“. Es gab weder bei der Rente noch bei der Gesundheit noch bei der Pflege strukturelle Reformen, dafür verlor Kanzlerin Merkel in nur vier Jahren zwei Bundespräsidenten und vier Minister. Die Quittung für diese verlotterten Zustände habe die Union aber in den Ländern bekommen: Sie hat die vergangenen zwölf Landtagswahlen verloren. Und von 20 Großstädten sind nur noch drei CDU-regiert.

Oppermann kündigte einen leidenschaftlichen und harten Wahlkampf an, dessen heiße Phase Anfang August beginne.

Abstimmung zur Abgeordnetenbestechung

Mit Blick auf die Plenarwoche, die letzte vor der Sommerpause, kündigte er an, dass die SPD-Fraktion auch während der Sommerpause Kleine Anfragen an die Regierung stellen werde.

An diesem Donnerstag wird die SPD über einen Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Abgeordnetenbestechung namentlich abstimmen lassen. Oppermann erklärte, dass diese Vorlage seit mehr als einem Jahr im Rechtsausschuss liege, die Koalition mit ihrer Mehrheit aber immer wieder verhindert habe, dass darüber abgestimmt wird. Nun werde die Abstimmung im Plenum kommen, und zwar im Rahmen der Beratungen über ein Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken. „Die Koalition will offenbar nicht, dass Abgeordnete wegen Korruption bestraft werden könnnen“, konstatierte Oppermann. „Wir zwingen die Union zur Abstimmung.“

Schließlich wies der Parlamentsgeschäftsführer auf die Aussprache zur Regierungserklärung Merkel am Donnerstag hin, bei der für die SPD Peer Steinbrück reden wird. Das werde „der letzte Schlagabtausch vor der Sommerpause“ werden, so Oppermann.

Mit deutlicher Kritik kommentierte Oppermann die Entscheidung der Koalition, den Jahresbericht des Wehrbeauftragten auf Freitag 18 Uhr zu legen. Oppermann: „Das ist eine unglaubliche Geringschätzung der Soldaten“.

Oppermann verwies auf die neue Struktur der künftigen SPD-Bundestagsfraktion, die größer, jünger und weiblicher werde. Zugleich scheiden 33 Mitglieder aus – das sind rund 23 Prozent.

Alexander Linden