Am 26. September will sich der Sportausschuss unter dem Vorsitz der SPD-Sportpolitikerin Dagmar Freitag mit dem Fall Drygalla befassen. In der Zeitung „Die Welt“ forderte Freitag rasche Aufklärung: „Spitzensport wird mit Steuergeldern gefördert. Da erwarten wir von den Spitzensportverbänden, dass sie ihre unbestreitbaren Lücken im Kommunikationssystem schnellstens schließen.“ Laut Freitag lenke der Fall Drygalla aber die öffentliche Wahrnehmung auch grundsätzlich auf das Problem des Rechtsextremismus im Sport. Seit langem sei bekannt, dass rechtsextreme Gruppen versuchen, Sportvereine zu unterwandern.

Martin Gerster, sportpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, will in der Sportausschusssitzung insbesondere die „Hintergründe und Kommunikationsstruktur der Verbände im Rahmen einer Nachbetrachtung der Olympischen Spiele in London beraten.“

Für Gerster gibt es im Fall Drygalla noch „viele offene Fragen, für die wir Antworten brauchen“. Er betont, dass es nicht um „Sippenhaft“ gehen könne, sondern darum, „ob Frau Drygalla einer rechtsextremistischen Ideologie anhängt oder zu deren Verbreitung durch ihren Lebenspartner instrumentalisiert“ wird. Gerster will zudem aufklären, warum Drygalla aus dem Polizeidienst in Mecklenburg-Vorpommern und aus der Sportfördergruppe ausgeschieden ist. „Womöglich geben Antworten darauf schon Hinweise, die zur korrekten Bewertung des Falls beitragen können“, sagte Gerster.

Für Gerster steht fest: „Teilnehmer an Olympischen Spielen sind Botschafter für unser Land. Sie müssen daher frei sein vom Verdacht, sich an der Verbreitung rassistischer und nationalistischer Ideologien zu beteiligen.“

Gleichwohl lehnt Gerster einen nun von einigen Politikern ins Spiel gebrachten Gesinnungs-TÜV im Geiste der von Familienministerin Schröder (CDU) gewollten Extremismusklausel ab. „Wir wollen keinen Gesinnungs-TÜV, sondern einen Verantwortungs-TÜV“.

Warnung vor einer "Hexenjagd"

Mit Blick auf den Fall Drygalla sagte Sebastian Edathy, Vorsitzender des Untersuchungsausschusses zur NSU-Mordserie: „Es kann nicht sein, dass wir kollektiv in Deutschland über das Privatleben einer Sportlerin diskutieren, wenn man dieser Sportlerin nichts selber vorwerfen kann, und gerade im Kontext, dass sie Polizeibeamtin ja gewesen ist, dass sie selber Rechtsextremistin ist. Wenn man diesen Vorwurf nicht aufstellen kann, dann, finde ich, ist das Privatleben egal welcher Person in diesem Land nicht geeignet, zum Gegenstand von öffentlichen Diskussionen zu werden.“ Er warnte vor einer „Hexenjagd“.

Die SPD-Fraktion begrüßt prinzipiell die Regierungs-Initiative „Verein(t) gegen Rechtsextremismus“, in der 91.000 Sportvereine in Deutschland aufgerufen werden, ihre Mitglieder, Trainer und Ehrenamtlichen für die Versuche rechtsextremer Einflussnahme zu sensibilisieren und sich für Toleranz, Respekt und Menschenwürde stark zu machen.

Einem Gütesigel für vorbildliche Sportvereine, wie in der Initiative vorgeschlagen, steht Martin Gerster positiv gegenüber, zweifelt aber an dessen Erfolg, denn bislang seien noch nicht einmal Kriterien für die Vergabe dieses Siegels formuliert worden. Im Grundsatz sei es aber sinnvoll und auch in einen Antrag der SPD zur Extremismusbekämpfung im Sport aufgenommen worden. Gerster: „Mit dem Gütesiegel wollen wir Vereine stärken, die mit Blick auf Demokratie und Menschenrechte Vorbildfunktionen einnehmen. Den Sport als Gesinnungs-TÜV zu missbrauchen und ihn zum verlängerten Arm der Verfassungsschutzbehörden zu machen, ist der falsche Weg.“

Die SPD fordert allerdings Maßnahmen für die Gewährleistung des nachhaltigen Erfolgs der Initiative. Um die Zivilgesellschaft allgemein zu stärken, zu sensibilisieren und unverzichtbares Sachwissen zu vermitteln, wollen die Sozialdemokraten, dass die Auseinandersetzung mit dem Thema Sport und Rechtsextremismus sowohl in der wissenschaftlichen Forschung als auch in der politischen Bildungsarbeit kontinuierlich vorangetrieben wird.

Dazu hatte die SPD-Fraktion den Antrag „Rechtsextremistische Einstellungen im Sport konsequent bekämpfen – Toleranz und Demokratie nachhaltig fördern“ vorgelegt. Der Antrag wurde jedoch mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und Linke bei Stimmenthaltung der Grünen abgelehnt.