Wer dauerhaft unter derartigem Druck und Stress leidet, droht psychosomatisch oder psychisch zu erkranken. Dieses wird häufig chronisch. Die Gesundheitsberichterstattung des Bundes 2012 zeigt, dass psychische Störungen mittlerweile häufig zu langer Arbeitsunfähigkeit beitragen und auch die „Haupterkrankungsursache für Frühberentungen“ sind. Im Jahr 2012 lag der „Anteil psychischer Erkrankungen an allen Erwerbsminderungsrenten“ bei 41 Prozent (1996 waren es 20,1 Prozent) und das durchschnittliche Rentenzugangsalter der Erkrankten bei rund 48 Jahren.
Arbeitgeber leisten zu wenig beim Arbeitsschutz
Gleichzeitig belegen Studien, dass sich Arbeitgeber ihren Pflichten beim Arbeitsschutz entziehen und so die Gesundheit der Beschäftigten gefährden. Auch das Engagement in der betrieblichen Gesundheitsförderung sei mangelhaft. Auch die Arbeitgeberverbände fordern die Betriebe nicht auf, ihrer Pflicht nachzukommen, geschweige denn zusätzliche Angebote zur Erhaltung der Gesundheit der Beschäftigten zu unterbreiten.
Schwarz-Gelb: Lippenkenntnisse und unzureichende Maßnahmen
Die schwarz-gelbe Regierung setzt sich nicht dafür ein, dass die gesetzlichen Vorschriften des Arbeitsschutzes eingehalten werden. Wie üblich werden Konferenzen abgehalten und Ankündigungen gemacht. Wenn überhaupt, ist die Bundesregierung nur zu minimalen Änderungen des Arbeitsschutzes bereit. Doch sie tut nichts Substanzielles, um gegen übermäßigen Stress in der Arbeitswelt vorzugehen. Selbst die von Arbeitsministerin von der Leyen (CDU) angepriesene gemeinsame Erklärung der Sozialpartner zur psychischen Gesundheit bei der Arbeit ist in letzter Sekunde an den Arbeitgebern gescheitert.
SPD-Fraktion legt Maßnahmenkatalog vor
Mit ihrem Antrag „Arbeitsfähigkeit von Beschäftigten erhalten – Psychische Belastungen in der Arbeitswelt reduzieren“ (Drs. 17/12818) hat die SPD-Fraktion einen umfangreichen Maßnahmenkatalog vorgelegt, um den Arbeitsschutz zu verbessern.
Anti-Stress-Verordnung einführen
Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten fordern darüber hinaus eine Verordnung zum Schutz vor Gefährdungen durch psychische Belastungen bei der Arbeit („Anti-Stress-Verordnung“). Damit soll eine Regelungslücke im Arbeitsschutz geschlossen werden. Die Verordnung soll die Gestaltung der Arbeitsaufgabe, der Arbeitsorganisation, die sozialen Bedingungen am Arbeitsplatz, die Gestaltung der Arbeitszeit sowie der Arbeitsplatz- und Arbeitsbedingungen umfassen.
Wiedereingliederungsmanagement umsetzen
Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) soll in den Unternehmen umgesetzt und weiterentwickelt werden. Die Arbeitgeber werden verpflichtet, ein Wiedereingliederungsgespräch mit Beschäftigten zu führen, die im Laufe des letzten Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren. Die Ergebnisse sind zu dokumentieren. Setzen Betriebe das BEM nicht um, sollen Sanktionen gegen sie verhängt werden. Das BEM soll auch bei innerbetrieblichen Konflikten (im Extremfall Mobbing) angewendet werden. Beschäftigte, die ihre Arbeit aufgrund von Konflikten nicht mehr ausüben können, sollen die Möglichkeit haben, den Arbeitsplatz innerbetrieblich zu wechseln.
Gesundheitsförderung in Betrieben verbessern
Die Arbeitnehmervertretung soll ein echtes Mitbestimmungsrecht bei der Umgestaltung von Arbeitsplätzen erhalten. Die Krankenkassen sind verstärkt bei der betrieblichen Gesundheitsförderung einzubeziehen. Zusätzlich sollen in allen Betrieben Gefahren am Arbeitsplatz beurteilt und dokumentiert werden. Dabei sind auch psychische Gefährdungen zu erfassen. Die Aufsichtsbehörden der Länder und Unfallversicherungsträger sollen die Umsetzung überwachen und gegebenenfalls Verstöße sanktionieren.
Außerdem soll geprüft werden, inwieweit psychische Erkrankungen in die Berufskrankheitenliste aufgenommen werden können. Nur so ist es möglich, Betroffenen Prävention und Rehabilitation zu gewähren oder sie durch die Unfallversicherung zu entschädigen.
Reha-Budget erhöhen – flexible Übergänge in die Rente schaffen
Die SPD-Fraktion fordert die Bundesregierung auf, eine umfassende Strategie zur Weiterentwicklung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu erarbeiten. Die Aufsichtsbehörden der Länder und Unfallversicherungsträger sind dazu zu stärken, indem einheitliche Ausbildungsstandards eingeführt werden und die Zahl der Betriebsärzte, Arbeitsmediziner sowie das Personal der Arbeitsschutzaufsicht erhöht wird. Darüber hinaus will die SPD-Fraktion das Budget für Rehabilitationsmaßnahmen (Reha-Deckel) durch den Einbezug der demografischen Entwicklung erhöhen. Damit sollen Präventions- und Rehabilitationsleistungen finanziert werden.
Älteren Beschäftigten, die weniger leistungsfähig sind, soll der Übergang in die Rente erleichtert werden. Zum Ausgleich von Abschlägen bei der Rente sollen Zusatzbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung eingezahlt werden können. Darüber hinaus soll eine Teilrente ab dem 60. Lebensjahr eingeführt werden bzw. flexible Übergangsmodelle.
Zentral ist für die SPD-Fraktion, dass nur gesunde und motivierte Mitarbeiter erwerbstätig sein können. Mit Blick auf den demografischen Wandel ist deshalb ein umfassender Arbeits- und Gesundheitsschutz in den Betrieben auch im Interesse der Arbeitgeber.