Es würden ganz konkrete Vorschläge gebraucht, wie im Gesundheitssystem gespart werden kann. Die Vorschläge dazu lägen auf dem Tisch. Man brauche politisches Kapital, um sie umzusetzen. Man benötige nicht die Erlaubnis der Pharmaindustrie, um in der Politik entsprechende Vorschläge zu machen, mahnte Lauterbach an.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den Medien ist in diesen Tagen zu lesen, dass Gesundheitsminister Rösler jetzt den Kampf gegen die Kostenexplosion im Gesundheitswesen aufnehmen möchte.
(Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Den Kampf haben Sie ja schon lange verloren!)
Gleichzeitig ist zu hören, dass er sofort zur schärfsten Waffe des neuen Politikstils greift: Man will sich mit den Lobbyisten der Pharmaindustrie am runden Tisch treffen.
Vielleicht ist die Industrie tatsächlich bereit, eine Spende an den Bürger zu entrichten, nachdem der wichtigste Pharmakritiker, Professor Sawicki, geopfert wurde.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Aber wie viel wahrscheinlicher ist es, dass dabei nichts herauskommt als heiße Luft und ein paar salbungsvolle Absichtserklärungen? Nicht ein einziger Euro in diesem System wird durch Kuschelrunden mit den Lobbyisten aus der Pharmaindustrie gespart werden können.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD - Heinz Lanfermann (FDP): Er weiß wieder alles vorher!)
Herr Kollege Rösler, wenn Sie sich mit der Pharmaindustrie an einen Tisch setzen und um Sparvorschläge bitten, dann ist das so ähnlich, als wenn Sie die Frösche bitten würden, Vorschläge zur Trockenlegung der Sümpfe vorzutragen.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ist ein ehemaliger Wirtschaftsminister wirklich so naiv, zu glauben, die Industrie würde Vorschläge zur Beschränkung der eigenen Gewinne vortragen?
Wir brauchen keine Kuschelrunden mit den Lobbyisten, sondern wir brauchen ganz konkrete Vorschläge, wie im Gesundheitssystem gespart werden kann. Dazu gehört zum Beispiel - statt der jetzt vorgesehenen Einschränkung der ohnedies nicht weitgehenden Vorschläge - die Erweiterung der Möglichkeiten der Kassen, Rabattverträge mit den Arzneimittelfirmen einzugehen. Zudem muss ermöglicht werden, dass die Arzneimittel in Deutschland billiger auf den Markt kommen. Unsere Arzneimittel werden nicht innovativer, nur weil sie zu höheren Preisen auf den Markt kommen.
(Beifall der Abg. Mechthild Rawert (SPD))
Die Vorschläge dazu liegen auf dem Tisch. Man braucht politisches Kapital, um sie umzusetzen. Wir benötigen nicht die Erlaubnis der Pharmaindustrie, in der Politik solche Vorschläge zu machen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Bisher hören wir bei den Empfängen von den Apothekern, den Fachärzten und der Industrie, dass ein neuer Politikstil zu erwarten ist, auf den man sich freue. Der Bürger dagegen soll schrittweise an ein neues System der Kopfpauschalen gewöhnt werden. Er soll sozusagen über kleine Kopfpauschalen auf die großen Kopfpauschalen vorbereitet werden. Aber wie logisch ist das Prinzip, die kleine Kopfpauschale als ungerechten Murks abzutun, aber gleichzeitig für die große Kopfpauschale zu werben, für die man keinen sozialen Ausgleich konkret benennen und die man nicht bezahlen kann? Wie soll das funktionieren? Glaubt denn die Koalition tatsächlich, der Bürger wäre so dumm, zu glauben, dass die kleine Kopfpauschale ungerecht ist, die große Kopfpauschale sei es aber nicht? Für wie dumm hält man den Bürger?
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Der Bürger wird genau sehen Frau Merkel hat das längst bemerkt , dass dafür weder Geld im Haushalt vorhanden ist noch die Unterstützung der Bevölkerung gegeben ist. Wer in der Bevölkerung verlangt denn derzeit eine einkommensunabhängige Kopfpauschale, bei der die Putzfrau so viel bezahlt wie der Bankkaufmann oder der Manager? Wer braucht das heutzutage? Worauf würden denn diese Vorschläge hinauslaufen? Die Vorschläge liefen doch nur darauf hinaus, dass die Arbeitgeber und die Gutverdiener mit einer Steuersubvention entlastet würden. Das wären die Einzigen, die davon profitieren würden. Weshalb brauchen wir in der Zeit von Minilöhnen, in der die Leute von ihrem Nettolohn kaum leben können, eine Belastung der Nettolöhne durch neue Pauschalen und eine zusätzliche Belastung der Steuerzahler, nur damit Arbeitgeber und Gutverdiener weiter entlastet werden? Das will doch niemand in Deutschland.
(Heinz Lanfermann (FDP): Das ist wie Kraut und Rüben, was Sie da erzählen!)
Die Wähler werden bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen der FDP für diese Vorschläge, die als Bedrohung empfunden werden, die Quittung geben.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Was wir derzeit brauchen, sind Vorschläge für echten Wettbewerb. Die FDP posiert gerne als Partei des Wettbewerbs. In Wahrheit aber sind die FDP und die Linkspartei beim Wettbewerb Brüder im Geiste. Das sind die beiden Parteien, die den Wettbewerb im Gesundheitssystem am vehementesten ablehnen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD Lachen bei der FDP Heinz Lanfermann (FDP): Abenteuerlich!)
Niemand hat mehr Angst vor dem Wettbewerb im Gesundheitssystem als die Linkspartei und die FDP, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen; das ist ganz klar.
(Johannes Singhammer (CDU/CSU): Was sagt denn die Linkspartei dazu?)
Aber Apotheker, Pharmaindustrie und Fachärzte haben hohe Erwartungen.
Mein letzter Rat, da meine Zeit abgelaufen ist:
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Die FDP tut den Staat als teuren Schwächling ab. Gleichzeitig soll dieser teure Schwächling den Sozialausgleich für die Entlastung der Gutverdienenden liefern. Nicht, dass zum Schluss die ersten Repräsentanten des Staates als die wirklichen Schwächlinge im Umgang mit den Lobbygruppen dastehen!
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)