"Wir wollen und wir brauchen für die Patientinnen und Patienten eine Versorgungsstruktur, eine gute und sichere Telematikinfrastruktur, und wir brauchen auch die Sicherheit für Wirtschaft und Industrie, damit sie für den Patienten nützliche Leistungen aufsetzen kann, damit auf dieser Datenautobahn etwas „fahren“ kann", sagte Dirk Heidenblut.
Dirk Heidenblut (SPD):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte und der Aufbau der Telematikinfrastruktur ist ein Prozess, mit dem wir uns viele Jahre lang beschäftigt haben und der uns über viele Jahre begleitet. Vor diesem Hintergrund ist bei uns allen eine gewisse Unruhe zu spüren - die Kollegin Leikert hat das angesprochen -; denn wir wollen endlich dafür sorgen, dass das Ganze jetzt langsam, aber sicher in die Pötte kommt und nicht weiter verzögert wird.
Wir von der Großen Koalition wollen endlich Schub in die Sache bringen. Wir wollen dafür sorgen, dass die nötige Konsequenz an den Tag gelegt wird und wir zügig vorankommen. Wir müssen Fahrt aufnehmen, damit wir mit der nötigen Geschwindigkeit vorankommen. Die Patientinnen und Patienten - das will ich zum Thema Patientenfreundlichkeit deutlich sagen - sollen endlich die Vorteile genießen können, die in der elektronischen Gesundheitskarte und in der Telematikinfrastruktur stecken.
Ich muss deutlich sagen: Ihr Antrag ist an dieser Stelle völlig kontraproduktiv. Mit dem von Ihnen geforderten Stopp ist, anders als es in der Überschrift steht, nicht nur der Stopp der elektronischen Gesundheitskarte gemeint. Sie wollen auch die Telematikinfrastruktur, also all das, was für die anderen Dinge erforderlich ist - die eGK ist ja nur ein kleiner Teil des Ganzen - in den Stopp einbeziehen. Das ist der absolut falsche und für die Versicherten auch nicht tragbare Weg, im Übrigen auch der Weg, der am Ende die größten Kosten verursachen wird.
Sie hätten Ihren Antrag anders überschreiben müssen; die Kollegin Leikert hat das schon gesagt. Sie verlangen ja keinen Stopp. Sie hätten schreiben müssen: Einsammeln und Einstampfen der elektronischen Gesundheitskarte und vertragswidriges Brechen der Verträge, die wir haben, um die Testphase durchzuführen. Außerdem hätten Sie noch eine finanzielle Bewertung vornehmen müssen. - Das kann nun wirklich nicht der richtige Weg sein. Diesen Weg werden wir sicherlich nicht mitgehen.
Die Koalition hat sich den Ausbau der Telemedizin zum Ziel gesetzt. Es bedarf aller Anstrengungen - ich bin dem Ministerium sehr dankbar, dass es mit dem angekündigten, zielgerichteten E-Health-Gesetz den nötigen Weg beschreiten wird -, damit wir dieses für die Patientinnen und Patienten gut nutzbare und vernünftige System endlich auf die Spur setzen. Eine gut nutzbare elektronische Gesundheitskarte gibt dem Patienten und der Patientin die Hoheit über ihre Daten, eine Hoheit, die im Moment übrigens gar nicht besteht. Ich weiß nicht, wer von Ihnen schon einmal versucht hat, an seine Daten zu kommen. Erstens rennen Sie von Pontius zu Pilatus. Zweitens wird Ihnen von dem einen oder anderen immer noch gesagt: Ich muss noch einmal gucken, ob ich Ihnen Ihre Röntgenaufnahmen geben kann.
Wir wollen den Patientinnen und Patienten die Hoheit über ihre Daten geben; das ist unser Ziel. Wir wollen auch - das war aus meiner Sicht nicht strittig, insofern weiß ich nicht, was bei der Selbstverwaltung strittig sein soll -, dass sie die Hoheit über ihre Daten selbstbestimmt wahrnehmen können. Gerade dafür sollen sie die elektronische Gesundheitskarte nutzen können, damit sie - im Zweifel gemeinsam mit dem Arzt - entscheiden, welche Daten von wem genutzt werden können.
Das, liebe Antragsteller, ist doch Patientenorientierung in Reinform. Insofern können Sie nicht einfach sagen: Wir brauchen eine patientenorientierte Alternative, die Sie im Übrigen gar nicht benennen. Das ist ja schön; dann forschen wir erst einmal wieder zehn Jahre.
Wir brauchen die Gesundheitskarte. Wir brauchen sie natürlich in vernünftiger Form, und wir brauchen auch einen vernünftigen Mehrwert, einen vernünftigen Nutzen der Gesundheitskarten. Damit meine ich keinen Mehrwert bei den Dienstleistungen, sondern nutzbare Leistungen auf der Gesundheitskarte, um das kurz klarzustellen, damit wir nicht schon an dieser Stelle in die Diskussion einsteigen.
Wir müssen mehr Schwung beim Aufbau hinlegen. Ich bin dankbar für das Autobeispiel. Ich habe nämlich auch eines. Wir müssen einen Gang zulegen und dürfen keinesfalls bei voller Fahrt den Rückwärtsgang einlegen. Das wäre nicht zielführend; das bringt nicht das, was wir wollen.
Eines muss man kritisch in Richtung Selbstverwaltung sagen, die schon mehrfach angesprochen worden ist. In erster Linie ist dabei die Selbstverwaltung gefragt; denn sie hat seit Jahren den Auftrag, als Gesellschafter der Gematik das Ganze auf die Spur zu setzen und vernünftig voranzubringen. Sie ist auch dafür verantwortlich, das Ganze zu lösen. Allerdings scheint das nicht richtig zu funktionieren.
Wenn die Kassenärztliche Vereinigung jetzt schon wieder den Stopp der Gesundheitskarte fordert - sie würde deshalb Ihren Antrag höchstwahrscheinlich sehr wohlwollend betrachten -, dann macht sie dies als ein Teil der Selbstverwaltung, die die gesetzliche Aufgabe hat, die elektronische Gesundheitskarte und die Telematikinfrastruktur voranzubringen. Das verstehe ich nicht unter einem patientenfreundlichen Umgang mit dem, was wir erwarten.
und dafür, dass sie die Versichertengelder nicht mehr gerne herausrücken. Aber, liebe Kassen, das kann nicht Sinn und Ziel sein. Mit einem schlichten Mittelstopp erreichen wir nicht das, was wir wollen. Das erreichen wir vielmehr mit dem E-Health-Gesetz. Wir erreichen das damit, dass wir klare Vorgaben machen, klare Werte aufsetzen, klar regeln, wann es wie weitergeht, und das Ganze entsprechend mit Sanktionen begleiten. Damit erreichen wir, dass wir an dieser Stelle weiterkommen.
Wir wollen und wir brauchen für die Patientinnen und Patienten eine Versorgungsstruktur, eine gute und sichere Telematikinfrastruktur, und wir brauchen auch die Sicherheit für Wirtschaft und Industrie, damit sie für den Patienten nützliche Leistungen aufsetzen kann, damit auf dieser Datenautobahn etwas „fahren“ kann.
Vor all dem müssen wir endlich die Tests beginnen. Vor all dem muss die Telematikinfrastruktur endlich vernünftig ans Laufen kommen. Das wollen wir als Große Koalition. Wir wollen, dass die Patienten über die elektronische Gesundheitskarte als Schlüssel die Hoheit über ihre Daten haben. Ich denke, das System ist durchaus als sicher zu bezeichnen. Viele Datenschützer teilen diese Ansicht durchaus.
Eine funktionierende Telematikinfrastruktur ist in Zukunft der Schlüssel für die Kommunikation im Gesundheitswesen. Sie wird unsere Versorgung stärken - auch das ist schon angesprochen worden - und damit von großem Nutzen sein.
Wenn auch Sie, liebe Antragsteller, all dies für die Patienten wollen, dann ist es das Einfachste, Sie ziehen Ihren Antrag zurück und unterstützen uns und vor allen Dingen das Ministerium dabei, das E-Health-Gesetz vernünftig und schnell auf den Weg zu bringen. Wir möchten ernsthaft eine vernünftige, gute IT-Struktur im Gesundheitswesen. Machen Sie mit! Das wird uns freuen.
Ihrem Antrag zustimmen werden wir nicht.