Weil die Energiewende zu schleppend vorangeht, sind Investitionen in die Offshore-Windparks und die Infrastruktur gefährdet.
Sehr geehrte/r Frau/Herr Präsident/in,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Wechsel im Amt des Bundesumweltministers ist eine Chance –
eine Chance für die Bundesregierung zu zeigen, dass die Energiewende unter Schwarz-Gelb nicht komplett abgeschaltet wird.
Seit Monaten streiten sechs Ministerien und drei Parteien mit viel Energie um den richtigen Kurs. Was fehlt, ist ein Konzept, das den Weg in die Stromversorgung der Zukunft weist.
Dabei drängt die Zeit, und langfristige Projekte hätten längst angeschoben werden müssen. Das gilt für den Netzausbau, das betrifft aber auch den Aufbau des Zukunftsmarktes Offshore-Windenergie.
Der hektisch einberufene Energiegipfel im Kanzleramt nach dem unrühmlichen Minister-Abgang ändert nichts daran, dass die Bundesregierung – allen voran Bundeskanzlerin Angela Merkel – beim Ausbau der Offshore-Stromerzeugung „offline“ ist.
Und so war denn auch das Spitzentreffen in Berlin nur eine Show-Veranstaltung: Große Worte, wenig Konkretes. Einziges Ergebnis: für die Energiewende braucht es mehr Tempo und mehr Abstimmung. Allein: Diese Erkenntnis ist nicht neu, und das Treffen kommt viel zu spät.
Nicht mehr als ein laues Lüftchen könnte die Überschrift über die Energiepolitik der Bundesregierung lauten. Der Ausbau der „Offshore“-Windenergie wird aber nur gelingen, wenn die Netzanbindung der Windparks auf See endlich vorankommt – und wenn ausreichende Hafenkapazitäten zur Verfügung stehen.
Denn die Hafenstandorte in Deutschland sind bislang nicht genügend für Offshore-Projekte gerüstet. Dies droht die Entwicklung der gesamten Branche zu behindern. Dies gilt umso mehr, als der Neubau von Hafeninfrastruktur – abhängig vom Grad der Planungs- und Baureife – durchaus mehrere Jahre beanspruchen kann.
Nach aktuellen Studien sind bis zum Jahr 2021 in Deutschland rund 33.000 Arbeitsplätze in der Offshore-Windbranche zu erwarten. Schon heute arbeiten rund 15.000 Menschen in diesem Segment.
Das Wachstumspotenzial der Offshore-Windenergie wird sich aber nur dann in Umsätzen und Jobs auszahlen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.
Doch die Bundesregierung hat beim Thema Offshore-Anlagen den Anschluss verpasst.
Weil die Energiewende zu schleppend vorangeht, sind Investitionen in die Offshore-Windparks und die Infrastruktur gefährdet.
Aufgrund der geringen Erfahrungen mit der neuen Technologie zögern viele Banken und Finanzinstitute derzeit, den Bau von Offshore-Windparks zu finanzieren. Das Sonderprogramm „Offshore-Windenergie“ der KfW-Bankengruppe stehe ausschließlich zur Verfügung, um die ersten zehn Windparks vor der deutschen Nord- und Ostseeküste zu finanzieren.
Um die Jahrhundertchance zu nutzen, die die Offshore-Technik für Norddeutschland bedeutet, ist aber eine breit angelegte Investitionsoffensive erforderlich.
Die Bundesregierung muss sich endlich auf eine einheitliche Strategie zur Entwicklung der Offshore-Infrastruktur einigen – und diese dann auch entschlossen umsetzen.
Sie muss endlich den bereits für 2011 angekündigten „Fortschrittsbericht Offshore-Windenergie“ vorlegen und insbesondere im Hinblick auf die Hafenkapazitäten eine umfassende Bedarfsanalyse vornehmen.
Vor allem aber muss sie dafür sorgen, dass das bestehende KfW-Programm für den Bereich der Hafen- und Schiffskapazitäten geöffnet wird. Die verfügbaren Mittel müssen bis zu einer Höhe von zehn Prozent des Gesamtvolumens vorrangig für Kreditvergaben in diesem Bereich verwendet werden – um den dringend erforderlichen Ausbau der Häfen zu finanzieren.
Gemeinsam mit den Küstenländern und der maritimen Branche sollte die Bundesregierung zudem sobald wie möglich einen Expertenkreis einberufen, um weitere flankierende Maßnahmen zu erarbeiten.
Dazu gehört es auch, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Anlagenteile der Offshore-Windparks über schwerlastfähige Verbindungswege an die Küste verschafft werden können.
Die seewärtigen Zufahrten sind entsprechend dem sich entwickelnden Bedarf der Offshore-Windbranche auszubauen. Notwendig sind aber auch einheitliche Standards beim Bau der Verkehrsinfrastruktur, um den Transport von großen Offshore-Komponenten wie Turmsegmenten oder Rotorblättern über Land und auf Wasser schnell und ohne Komplikationen zu ermöglichen.
Der Erfolg von Offshore-Projekten wird künftig wesentlich davon abhängen, ob es gelingt, einen möglichst hohen Anteil der Arbeiten bereits an Land durchzuführen. Das kann helfen, die Bauzeit „offshore“ zu verringern und Kosten zu senken – was Investitionsentscheidungen positiv beeinflussen dürfte.
Nur weil die schwarz-gelbe Bundesregierung das Thema „Energiewende“ erst jetzt für sich entdeckt hat, heißt das nicht, dass wir die Zeit haben, wieder bei Null anzufangen.
Die Vorschläge für den Ausbau der Offshore-Windenergie liegen längst auf dem Tisch. Die Bundeskanzlerin muss endlich aufhören, sie vom linken auf den rechten Stapel zu schieben.
Deutschland kann sich das nicht leisten, beim Offshore-Ausbau abgehängt zu werden.