In Deutschland gibt es im Vergleich zu den Fachärzten relativ wenig Hausärzte. Die Anzahl Fachärzte steigt sogar noch. Zudem gibt es Unterschiede in der flächenmäßigen Verteilung: Es gibt viele Ärzte und vor allem Fachärzte in Gebieten mit einer besseren allgemeinen Lebensqualität. Das betrifft vor allem Großstädte und Randgebiete mit hohem Durchschnittsverdienst. Ländliche Regionen und Vorstädte mit schlechterer sozialer Lage sind weniger attraktiv für Ärzte. Arztpraxen mit einer hohen Anzahl von lukrativen Privatpatienten sind besser weiterverkäuflich, da sie mehr Einnahmen versprechen. Anders sieht es bei Praxen in sozial benachteiligten Gebieten aus.

Deshalb sei es sinnvoll, so Karl Lauterbach, dass attraktive Arztsitze in „überversorgten“ Gebieten von den Kassenärztlichen Vereinigungen aufgekauft werden und in schlecht versorgte Gebiete verlagert werden: „Dies ist der einzige Weg, unbürokratisch Ärzte im Land besser zu verteilen“. Darüber sollen Ärzte und Krankenkassen gemeinsam vor Ort in den Zulassungsausschüssen entscheiden. Das ist eine Maßnahme, die der Gesetzentwurf zur Stärkung der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) vorsieht. Denn eine gute medizinische Versorgung darf keine Frage des Wohnortes sein. So hatten es Union und SPD in ihrem Koalitionsvertag Ende 2013 vereinbart.

Facharzttermine für Kassenpatienten innerhalb von vier Wochen

Als weitere Maßnahme sieht der Gesetzentwurf die Einrichtung von Servicestellen vor, die es Jeder und Jedem ermöglichen sollen, innerhalb von vier Wochen einen Termin bei einem Facharzt zu bekommen. Damit soll der Zustand beendet werden, dass gesetzlich Versicherte oft sehr lange auf diese Termine warten müssen. Zunächst sollen die Servicestellen versuchen, einen Termin bei niedergelassenen Fachärzten zu vereinbaren. Gelingt dies nicht, dann sollen die Patientinnen und Patienten an eine klinische Ambulanz vermittelt werden. Dies sei ein unbürokratischer Zugang zur ärztlichen Versorgung, sagte Lauterbach. Des Weiteren ist vorgesehen, die Ambulanzen an Hochschulkliniken für die Behandlung von komplexen medizinischen Fällen zu öffnen. Dafür sollen diese auch kostendeckend vergütet werden. Das Gesetz, so Lauterbach, werde sowohl die Situation der Patientinnen und Patienten als auch die der Ärztinnen und Ärzte verbessern.

Krankenhausentlassungen für Patienten besser koordinieren

Zudem werde mit dem Gesetzentwurf eine Reform des Medizinstudiums angegangen, und es werde bei der Krankenhausfinanzierung einiges neu geregelt, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Hilde Mattheis. Dies sei wichtig, um die Versorgungsstrukturen zu sichern und auszubauen. Sie verwies auch auf die geplanten Verbesserungen beim so genannten Entlassmanagement der Krankenhäuser. Es könne doch nicht sein, dass jemand, der freitags entlassen werde, über das Wochenende nicht ordentlich versorgt sei, sondern Probleme habe, ein Rezept einzulösen. Hier werde jetzt einiges im Sinne der Patientinnen und Patienten verändert. 

Behandlung von psychisch Erkrankten verbessern

Der Gemeinsame Bundesausschuss bekommt als oberstes Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland den Auftrag zur Überarbeitung der Psychotherapie-Richtlinie. Damit soll der Zugang zur psychotherapeutischen Behandlung für Patientinnen und Patienten vor allem bei der Erstversorgung verbessert werden, betonte Mattheis. Der Gesetzentwurf sieht außerdem vor, Rückenleiden und psychische Erkrankungen in Chronikerprogramme der gesetzlichen Krankenversicherung aufzunehmen, die es bisher für Herz- und Zuckerkranke gibt. Darunter sind Behandlungsprogramme zu verstehen, die chronisch kranken Menschen eine aufeinander abgestimmte Gesundheitsversorgung ermöglichen. Ziel ist es, die Lebensqualität der Betroffenen zu fördern und die Behandlung zu optimieren.

Teamarbeit in Ärztenetzen und Versorgungszentren fördern

Die zuständige Berichterstatterin der SPD-Fraktion, Sabine Dittmar, machte deutlich, wie wichtig es sei, jungen Medizinerinnen und Medizinern für die ambulante Tätigkeit zu begeistern. Die klassische Einzelkämpferpraxis habe an Attraktivität verloren. „Die jungen Kolleginnen und Kollegen möchten im Team arbeiten. Sie möchten geregelte Arbeitszeiten, und sie achten auf ihre Work-Life-Balance“. Genau deshalb werde die Koalition nicht nur neue, innovative, übergreifende Versorgungsformen fördern, sondern auch kooperative Versorgungsformen wie Medizinische Versorgungszentren (MVZ) sowie Ärztenetze.

Ein weiterer Schwerpunkt des Gesetzentwurfes ist die Förderung der Allgemeinmedizin. Dazu wird die die Zahl der zu fördernden Weiterbildungsstellen auf 7500 erhöht.