Auch heute ist die Situation in und um Fukushima besorgniserregend: Niemand weiß, wie es im Inneren der Reaktoren aussieht. Es gibt immer noch Lecks und radioaktives Wasser fließt ins Meer. Das Abklingbecken von Reaktor vier wird nur notdürftig abgestützt und würde einem weiteren Beben nicht standhalten. 160.000 Menschen können nach wie vor nicht in ihre Heimat zurückkehren. Tausende leben noch in Behelfsunterkünften. Viele haben ihre Erwerbsgrundlage verloren. Die Organisation Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges geht von 22.000 Krebserkrankungen in Folge der Reaktorkatastrophe aus. 55.000 Kinder haben bereits eine Veränderung an der Schilddrüse.

Neubau von Atomkraftwerken verhindern

Die SPD-Bundestagsfraktion wirft der Bundesregierung vor, nach der Zurücknahme der schwarz-gelben Laufzeitverlängerung und den Wiedereinstieg in den Atomausstieg widersprüchlich in der internationalen Energiepolitik zu handeln. Anstatt sich für einen weltweiten Atomausstieg einzusetzen, fördert Schwarz-Gelb Exporte zum Bau von Atomkraftwerken im Ausland und sichert diese Neubauten durch Hermes-Bürgschaften – also mit Steuergeldern – ab. Bereits kurz nach der Regierungsübernahme durch Schwarz-Gelb hat die Koalition die seit 2001 geltenden Hermes-Umweltleitlinien außer Kraft gesetzt. Vielfach ist im Ausland auch eine ausreichende Atomaufsicht nicht gewährleistet, oder aber Neubauten werden in Gebieten errichtet oder geplant, in denen die Gefahr von Erdbeben oder Flutwellen besteht. Zudem ist weltweit die Entsorgung von Atommüll weiterhin ein ungelöstes Problem. Auch wenn in Deutschland die Risiken für Naturkatastrophen gering sind, laufen Deutschlands Atomkraftwerke nicht störungsfrei. Weltweit und auch an Deutschlands Grenzen sind eine Reihe von Anlagen in Betrieb, die nicht dem Stand der Technik entsprechen. Die Auswirkungen von Unfällen in diesen Meilern machen nicht an Landesgrenzen halt. Des Weiteren hat das Bundesamt für Strahlenschutz festgestellt, dass der vorgesehene Katastrophenschutz im Falle eines schweren Atomunfalls nicht ausreichend ist. Zudem sollen die AKW-Betreiber in der EU Haftpflichtversicherungen abschließen.

Die SPD-Bundestagsfraktion fordert die Bundesregierung in ihrem Antrag „Lehren aus der Atomkatastrophe von Fukushima ziehen“ (Drs. 17/12688) auf, sich international für die Abschaltung von Atomkraftwerken einzusetzen, vor allem in Bezug auf die grenznahen gefährlichen Meiler in Frankreich, Belgien und Tschechien. Der Euratom-Vertrag muss überarbeitet werden, um die Sonderstellung der Atomenergie abzuschaffen. Ziel ist ein europaweiter Atomausstieg. Zudem soll Deutschland keine Hermes-Bürgschaften für AKW-Neubauten im Ausland mehr abgeben. vielmehr soll die Bundesregierung in bilateralen Gesprächen den Bau von Atomanlagen verhindern. Schließlich gilt es, den Katastrophenschutz in Deutschland im Falle eines schweren Atomunfalls zu verbessern.

Anja Linnekugel