Nach dem Projektauftakt Ende des vergangenen Jahres fand am Donnerstag, dem 26. Februar 2015, die zweite Dialogreihenveranstaltung mit rund 50 Medienexpertinnen und -experten aus ganz Deutschland statt. Zu der Veranstaltung zum Thema „Intermediäre – Gatekeeper des Internet?“ hatten Martin Dörmann, Sprecher der Arbeitsgruppe Kultur und Medien, und Lars Klingbeil als Sprecher der Arbeitsgruppe Digitale Agenda eingeladen.

Ein von den Bundesländern zur Reform der Medienordnung in Auftrag gegebenes Gutachten hatte Intermediäre u.a. definiert als Akteure, die durch auswertende und aggregierende Aktivitäten mittelbar-inhaltliche Einflussnahmen begründen, so etwa Suchmaschinen. Daher stand auch Google als Suchmaschine und als global operierendes Internet-Unternehmen im besonderen Fokus der Diskussion. Aufgeworfen wurde die Frage, inwiefern Gefahren der Markt- und Meinungsmacht eine strengere Regulierung notwendig machen. Dazu waren neben einem Vertreter von Google zwei namhafte Medienrechtler als Experten eingeladen.

Prof. Dr. Dieter Dörr, Medienrechtler aus Mainz, unterstrich in seinem einleitenden Statement, dass Suchmaschinen wie Google im übertragenen Sinne Bibliothekar, Verleger und Autor zugleich seien. Bei weit über 90% Marktanteil bei den Internetsuchen könne bei Google ein informationelles Monopol unterstellt werden. Prof. Dörr sah den Gesetzgeber in der Pflicht, für einen Ausgleich der Interessen zu sorgen, d.h. eine medienrechtliche Vielfaltssicherung zu verankern, die eine Verzerrung von Inhaltedarstellungen erschwere. Hierzu müssten möglicherweise Regelungen gegen Diskriminierung, wie sie für Inhaltevermittler im Rundfunkrecht bestehen, entsprechend erweitert werden.

Prof. Dr. Gerald Spindler, Rechtswissenschaftler aus Göttingen, vertrat einen anderen Ansatz. Er verwies darauf, dass es einer kontinuierlichen Beobachtung der Suchmaschinen und der damit verbundenen Märkte bedürfe. Die hohe Dynamik in den digitalen Märkten, die von ständig neuen Diensten und Unternehmen geprägt seien, begründe vielmehr die Annahme, dass Google keineswegs über eine gefestigte Marktmacht verfüge. Die schnelle Veränderung der Kommunikationsstrukturen von sozialen Netzwerken über Twitter oder Google-Diensten lasse eine rechtlich handhabbare Kategorisierung im Vorhinein kaum noch zu.

Auch wenn der Begriff der Intermediäre weit mehr Anbieter als Google umfasst, so führt die Debatte doch immer wieder zum US-amerikanischen Internetriesen. Daher hatte auch Dr. Arnd Haller als europäischer Rechtsexperte des Konzerns die Gelegenheit, zum Thema Stellung zu nehmen. Haller verwies darauf, dass Suchmaschinen bereits heute einer starken Regulierung, etwa im Datenschutz- oder Urheberrecht unterlägen. Eine noch stärkere Kontrolle müsse mit ganz akut zu schützenden Interessen gerechtfertigt werden, was aktuell jedoch nicht erkennbar sei. Google sei eine sehr erfolgreiche, weil besonders nutzerorientierte Suchmaschine, die keine „Gatekeeper-“, sondern vielmehr eine Türöffner-Funktion habe.

In der anschließenden, lebhaft geführten Debatte mit den anwesenden Fachleuten wurde deutlich, wie schwer es angesichts einer unklaren Gefährdungsbewertung ist, den tatsächlichen Handlungsbedarf zu umreißen. Vielfach wurde auf das bereits laufende kartellrechtliche Verfahren gegen Google auf europäischer Ebene verwiesen, das möglicherweise auch Antworten auf die Marktmacht des Suchmaschinenanbieters liefern könnte. Deutlich wurde bei einigen Experten die Skepsis, ob bereits auf Basis abstrakter oder potenzieller Gefährdungen grundsätzliche Neuregelungen anzustreben seien. Andere hingegen hielten es für ausreichend, Google in bestehende Regulierungsansätze einzubeziehen. Auch wurde in den Raum gestellt, ob sich medienrelevante Gefahren mit kartellrechtlichen Änderungen auflösen ließen. Es wurde darauf hingewiesen, dass das bisherige Wettbewerbsrecht, welches vor allem auf Umsätze fokussiert sei, im digitalen Raum möglicherweise zu kurz greife, wenn es um Marktmacht durch Reichweite gehe.

Martin Dörmann warnte angesichts der schieren Kaufkraft und Verknüpfungsmöglichkeiten von Google vor globaler Daten- und Informationsmacht, die auch in einem sehr dynamischen Markt alles bisher Dagewesene übertreffen könnten. In seinem Abschlussstatement verwies er auf die nachvollziehbaren Ausgangsthesen der Experten in ihren Thesen. In der weiteren Auswertung auch der Branchenbefragung stelle deren Gewichtung eine besondere Herausforderung dar.

Gemeinsam mit Lars Klingbeil machte er deutlich, dass das Format eines Expertendialogs helfen könne, die parallel stattfindenden Bund-Länder-Verhandlungen zur Neugestaltung der Medien- und Kommunikationsordnung positiv zu beeinflussen. Weil „Problem und Regelungstiefe“ im Zusammenhang stünden und eine abschließende Bewertung offensichtlich schwerfalle, habe die Veranstaltung aufgezeigt, wie wichtig es sei, die Debatte mit einem übergreifenden Ansatz zu führen, der Wettbewerbs-, Internet- und Medienrecht zusammen denke und diese besser miteinander verknüpfe.

 

Ein Bericht der SPD-Fraktionsarbeitsgruppen Kultur und Medien sowie Digitale Agenda