Ein wichtiges Ziel dieser Vereinbarung ist, den Schleppern, die für viel Geld die Not der Flüchtlinge ausnutzen und diese auf lebensgefährlichen Wegen nach Europa einschleusen, das Handwerk zu legen, indem man ihnen ihre Geschäftsgrundlage entzieht. Gleichzeitig soll gesichert sein, dass Griechenland als erstes Land der Ankunft in Europa vollumfänglich bei der Bewältigung der Maßnahmen unterstützt wird.
Einige der wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit der EU-Türkei-Vereinbarung hat die SPD-Fraktion gesammelt und beantwortet.
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Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
Jeder Flüchtling, der auf illegalem Wege aus der Türkei nach Griechenland kommt, wird in die Türkei zurückgeführt. Jeder Flüchtling hat aber auch das Recht auf eine individuelle Prüfung seines Asylgesuchs, welche die griechischen Behörden in Zusammenarbeit mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) durchführen werden – unter Beachtung der internationalen und europäischen Schutzstandards sowie des Non-Refoulement-Gebots und auf Grundlage der Asylverfahrensrichtlinie. Auch die Türkei ist selbst völkerrechtlich an die Europäische Menschenrechtskonvention, die Anti-Folterkonvention der Vereinten Nationen sowie den Internationalen Pakt für bürgerliche und politische Rechte und damit an die daraus resultierenden (Ketten-)Abschiebeverbote gebunden. Die EU-Mitgliedstaaten stellen Griechenland für das gesamte Verfahren umfassende Unterstützung (logistisch und personell) zur Verfügung.
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Was ist das Non-Refoulement-Gebot?
Das Non-Refoulement-Gebot ist ein international völkerrechtlich geregeltes Ausweisungs- und Zurückweisungsverbot. Nach diesem Gebot darf ein Staat einen Flüchtling unter keinen Umständen in ein Land zurückweisen, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde. Das Non-Refoulement-Gebot ist im internationalen Flüchtlingsrecht in Artikel 33 der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 enthalten.
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Sind die Rückführungen in die Türkei mit dem Non-Refoulement-Gebot vereinbar?
Ja. Die Türkei ist völkerrechtlich an die Europäische Menschenrechtskonvention, die Anti-Folterkonvention der Vereinten Nationen sowie den Internationalen Pakt für bürgerliche und politische Rechte und damit an die daraus resultierenden (Ketten-)Abschiebeverbote gebunden. Die Türkei hat sich zum Schutz der zurückgenommenen Flüchtlinge in Einklang mit internationalen Standards unter Respektierung des Non-Refoulement-Gebots verpflichtet
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Wie wird sichergestellt, dass es nicht zu verbotenen Massenabweisungen kommt?
Die Vereinbarung hält ausdrücklich fest: Massenabweisungen wird es nicht geben. Die Rückführung wird unter voller Achtung der europa- und völkerrechtlichen Vorgaben, einschließlich des Gebots des Non-Refoulement, erfolgen. Alle Migrantinnen und Migranten, die auf den griechischen Inseln ankommen, werden registriert. Jeder Asylantrag wird von den griechischen Behörden nach den Vorgaben der EU-Asylverfahrensrichtlinie individuell geprüft. Die Prüfung der Asylanträge kann allerdings beschleunigt geschehen, wenn z. B. der Flüchtling bereits in der Türkei als solcher anerkannt wurde bzw. ihm dort ausreichender Schutz gewährt wird (Konzept des ersten Asylstaats). Dann können die griechischen Behörden Schutzsuchende, die aus der Türkei kommen, ohne Asylsachprüfung – also ohne inhaltliche Aufklärung ihrer Schutzbedürftigkeit – zurückführen. Es bedarf aber weiter einer Zulässigkeitsprüfung des Antrags mit individueller Anhörung und Rechtsschutzmöglichkeit.
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Wie unterstützt Deutschland die Flüchtlinge in Griechenland?
Es ist zentral für die zahlreichen Menschen in den Flüchtlingslagern, dass sie jetzt konkrete Hilfe erhalten. Die leistet die Bundesregierung, indem sie die Organisationen, die vor Ort helfen, unterstützt. Dazu gehören das UNHCR und das Deutsche Rote Kreuz (DRK). Hilfe wird dort geleistet, wo sie von der griechischen Seite am dringlichsten benötigt wird. So hat das DRK bereits mit Mitteln des Auswärtigen Amts eine Basisgesundheitsstation zur Versorgung von rund 10.000 Menschen in die Region um den Grenzort Idomeni auf den Weg gebracht. Die Gesundheitsstation wird auf zwei unweit voneinander liegende Standorte aufgeteilt, wo bereits Tausende Flüchtlinge bislang ohne ausreichende medizinische Versorgung sind.
Angesichts der aktuellen Krisensituation in Griechenland hat der Rat der EU am 15. März 2016 ein neues Instrument für Soforthilfe beschlossen. Damit soll es der Kommission ermöglicht werden, innerhalb der EU in humanitären Notlagen in Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen schnell und unkompliziert Hilfe zu leisten. Für das neue Instrument sollen 2016 rund 300 Millionen Euro bereitgestellt werden. Die Mittel sollen im großen Umfang Griechenland zugutekommen und dort zur Flüchtlingsversorgung eingesetzt werden. Deutschland hat über das Auswärtige Amt parallel zu den gemeinsamen EU-Hilfen bereits umfangreiche bilaterale Unterstützung für Griechenland in der Flüchtlingsfrage geleistet und wird in den kommenden Monaten weitere Mittel für die Versorgung der Flüchtlinge bereitstellen.
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Wie kann Griechenland die zusätzlichen Aufgaben nach dem Abkommen schultern?
Die EU-Mitgliedstaaten haben vereinbart, Griechenland vollumfänglich zu unterstützen. Zum einen mit humanitärer Soforthilfe, um die unhaltbaren Zustände für bereits gestrandete Flüchtlinge zu verbessern. Dafür stehen 2016 rund 200 Millionen Euro zur Verfügung. Darüber hinaus aber auch logistisch und personell, damit das Land seine Aufgaben, wie (Asyl-)Zulässigkeitsprüfung, die Rückführungen von Flüchtlingen sowie Unterbringung, Versorgung und medizinische Hilfe der Flüchtlinge bewältigen kann. So sollen zeitnah Asylentscheider, Richter, Übersetzer und Sicherheitsbeamte entsendet werden. Kommissionspräsident Juncker hat bereits einen EU-Koordinator für die Umsetzung der EU-Türkei-Vereinbarung benannt.
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Wie nah ist man an einer Lösung für den Syrienkonflikt? Welche Hilfen erreichen die Flüchtlinge in der Region? Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zieht Zwischenbilanz.