Was brauchen Kulturschaffende, um gut leben und arbeiten zu können? Welche Rahmenbedingungen sind aus ihrer Sicht zu schaffen? Was läuft gut und wo drückt der Schuh? Dies waren die zentralen Fragen der Diskussion "SPD-Bundestagsfraktion vor Ort" im ACUD, zu der am 8. März Eva Högl, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion und zuständig für Kultur und Medien, und Siegmund Ehrmann, Vorsitzender des Kulturausschusses im Deutschen Bundestag, eingeladen hatten. Das von Johannes Braun und Julie Gayard betriebene ACUD ist eines der letzten selbstorganisierten Kulturzentren in Berlin-Mitte.

Weitere Gesprächspartner waren der Berliner Kulturstaatssekretär Tim Renner, die kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus Brigitte Lange, der Sprecher der Freien Szene Berlin Christophe Knoch und Bezirksbürgermeister von Berlin-Mitte Christian Hanke.

„Man sollte nicht an dem Ast sägen, auf dem man sitzt“. Mit diesem Vergleich stellte Tim Renner seine Maxime für den Umgang mit der Berliner Kunst- und Kulturszene dar und stieß damit auf breite Zustimmung im Publikum und auf dem Podium. Sowohl für Künstlerinnen und Künstler als auch für Touristinnen und Touristen ist die einzigartige Kultur ein Anziehungspunkt, der Berlin zu der prosperierenden Hauptstadt macht, die sie gerade ist. Die attraktiven Lebensverhältnisse sind Standortvorteile für Unternehmen, die sich hier ansiedeln und für eine gesamtwirtschaftlich positive Entwicklung sorgen. Kulturförderung ist also ein ressortübergreifendes Interesse, das alle politischen Ebenen von Bezirk über Land bis zum Bund betrifft.

Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier stimmten zu: Brigitte Lange skizzierte, welche Fördermöglichkeiten bereits bestehen: Zum Beispiel das Atelierprogramm des Berliner Senats, mit dem derzeit rund 850 Ateliers unterstützt werden. Viele der anwesenden Künstlerinnen und Künstler schilderten ihre Schwierigkeiten bei der Suche oder beim Erhalt ihrer Wirk- und Werkstätten. Angesprochen wurden auch fehlende Freiflächen für Graffiti-Künstler/-innen.

Insgesamt mehr Investitionen in den Kulturbereich forderte Christophe Knoch, wobei er betonte, dass die Förderung nicht zugunsten oder zulasten einer Sparte gehen dürfe. Die Vielfalt der Szene mache sie aus und dürfe nicht gefährdet werden. Gleichmäßige Förderung sei das Ziel, zum Beispiel indem die Einnahmen aus der City-Tax wie ursprünglich geplant auch der Kultur investiert werden.

Tim Renner und Brigitte Lange bekräftigten, dass sie sich im Rahmen der anstehenden Haushaltsverhandlungen für den Berliner Doppelhaushalt 2016/2017 gemeinsam für eine starke Kulturförderung einsetzen werden.

Dankbar für Beispielsfälle aus der Praxis war Siegmund Ehrmann, dem Auswirkungen im Hinblick auf Sozialversicherungspflichten für Künstlerinnen und Künstler berichtet wurden. Thema war die Abgrenzung freier Beschäftigung zu Scheinselbstständigkeit und der oft hohe bürokratische Aufwand, der bei der Beantragung von Projekten, Geldern oder Räumlichkeiten entsteht. Neben all den Ecken, an denen weitere Verbesserungen notwendig sind, unterstrich Siegmund Ehrmann auch von der SPD bereits erreichte Erfolge auf Bundesebene, allen voran die Sicherung der Künstlersozialkasse und die Steigerung des Kulturhaushalts.

Die sehr gut besuchte Veranstaltung ermöglichte einen konstruktiven Austausch zwischen Kultur und Politik. Die SPD-Politikerinnen und -Politiker nahmen viele Punkte mit, für die sie sich weiterhin engagieren werden, wie etwa eine veränderte Liegenschaftspolitik, die Kunst- und Kulturschaffenden genügend Räume bereitstellt, und eine bessere Unterstützung für Künstlerinnen und Künstler mit Kind. Gemeinsames Ziel ist eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für Kulturschaffende in Deutschland und Berlin.