Die SPD-Bundestagsfraktion will das Gesundheitswesen qualitativ auf hohem Stand und gleichzeitig finanzierbar erhalten. Das ist die Herausforderung, vor der unsere Gesundheitspolitik heute und auch in Zukunft steht. Dazu bedarf es eines umfassenden Systems gesundheitlicher Sicherung, das allen Bürgern wirksam und ohne Hindernisse zur Verfügung steht. Mit der Gesundheitsreform (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) haben wir das Gesundheitssystem auf allen Ebenen weiterentwickelt und eine Grundlage dafür geschaffen, dass auch in Zukunft allen Menschen in Deutschland eine qualitativ hochwertige Versorgung im Krankheitsfall zur Verfügung steht. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, haben wir

  • eine Krankenversicherungspflicht für alle eingeführt,
     
  • die Versorgungsstrukturen und die Kassenorganisation reformiert,
     
  • die Finanzierung gesichert und
     
  • einen Basistarif für alle in der privaten Krankenversicherung geschaffen.

Aus unserer Sicht wären noch weitere, mutigere Schritte nötig gewesen. Dazu gehört z. B. die Einbindung der privaten Krankenversicherung in das solidarische Gesundheitssystem oder der weitere Ausbau der Steuerfinanzierung unseres Gesundheitssystems. Dies war mit unserem Koalitionspartner jedoch nicht möglich. Wir jedoch wollen den Weg zu mehr Solidarität im Gesundheitswesen konsequent weitergehen. Politisches Ziel bleibt für uns deshalb die solidarische Bürgerversicherung.

Am 1. Januar 2009 ist der mit der Gesundheitsreform eingeführte Gesundheitsfonds in Kraft getreten. Für die gesamte gesetzliche Krankenversicherung gilt seither ein einheitlicher Beitragssatz.

Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) werden alle Krankenkassen zum 1. Januar 2010 insolvenzfähig. Das Gesetz setzt insgesamt in einem weiteren wichtigen Bereich die Gesundheitsreform um. Bisher gilt die Insolvenzordnung nur für die bundesunmittelbaren Krankenkassen. Mit der Herstellung der Insolvenzfähigkeit aller Krankenkassen werden jetzt gleiche Rahmenbedingungen für einen fairen Wettbewerb geschaffen. Um einer Insolvenz oder Schließung vorzubeugen, enthält das Gesetz verschiedene Regelungen über Finanzhilfen innerhalb des Krankenkassensystems. Weitere wichtige Änderungen sind z. B. der Anspruch auf enterale Ernährung (Ernährung durch den Magen-Darm-Trakt), auf sozialmedizinische Nachsorge für chronisch kranke oder schwerstkranke Kinder, die hausarztzentrierte Versorgung oder auch die Förderung der Weiterbildung in der Allgemeinmedizin.

Mit dem Krankenhausfinanzierungsreformgesetz sichern wir die Finanzierung der Krankenhäuser. Das Gesetz enthält strukturelle Reformen der Investitionsfinanzierung und stellt zusätzliche Mittel zur Bezahlung der Pflegekräfte und zu ihrer Neueinstellung bereit. Beispielsweise wird zur Verbesserung der Situation des Pflegepersonals in Krankenhäusern ein Förderprogramm eingeführt. Dadurch werden in drei Jahren ca. 17.000 zusätzliche Stellen im Pflegedienst zu 90 Prozent anteilig durch die Krankenkassen finanziert. Zusätzlich wird der Sparbeitrag der Krankenhäuser in Form des Rechnungsabschlags von 0,5 Prozent bei gesetzlich versicherten Patientinnen und Patienten seit dem 1. Januar 2009 aufgehoben. Die für 2009 zugesagten zusätzlichen 3,5 Milliarden Euro fließen in voller Höhe an die Krankenhäuser. Gleichzeitig wurde sichergestellt, dass diese Summe durch die Verbesserungen für die Krankenhäuser nicht überschritten wird. Denn weitere finanzielle Spielräume sind in der Kalkulation des Beitragssatzes für 2009 nicht enthalten.

Seit ihrer Einführung im Jahr 1995 hat sich die Pflegeversicherung bewährt. Mittlerweile erhalten über zwei Millionen Pflegebedürftige jeden Monat Versicherungsleistungen. Die gesetzliche Pflegeversicherung sichert erfolgreich das Lebensrisiko Pflegebedürftigkeit solidarisch ab. Seit dem 1. Juli 2008 gelten die Neuregelungen bei der Pflegeversicherung.

Richtschnur bei der Weiterentwicklung der Pflegeversicherung war für uns der Wunsch der meisten Menschen, so lange wie es geht in der gewohnten Umgebung und selbstbestimmt zu leben, gepflegt und betreut zu werden. Deshalb heißt unser Grundsatz: ambulant vor stationär. Mit der Pflegereform verbessern wir die Lebenssituation der pflegebedürftigen Menschen, der pflegenden Angehörigen und der Pflegekräfte:

  • Durch eine Erhöhung des Pflegegeldes.
     
  • Durch die Ausweitung der Leistungen für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz.
     
  • Durch Maßnahmen für eine integrierte wohnortnahe Versorgung und Betreuung.
     
  • Durch die Einrichtung von Pflegestützpunkten mit Pflegeberatern (Fallmanagement).
     
  • Durch die Möglichkeit, Leistungen gemeinsam mit anderen Pflegebedürftigen auch in neuen Wohnformen abzurufen. Dies hilft den Menschen, solange wie möglich in ihrer angestammten und gewünschten Umgebung zu bleiben.
     
  • Und durch die Einführung der Pflegezeit für beschäftigte Angehörige.

Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung wird erreicht, dass die Arzneimittelversorgung besser als bisher am tatsächlichen medizinischen Versorgungsbedarf der Patientinnen und Patienten ausgerichtet wird. Die Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung sind allein im Jahr 2005 um rund 16 Prozent gestiegen. Medizinisch nicht notwendige Ausgabensteigerungen sollen durch das Gesetz vermieden werden. Dort wurde u. a. festgelegt, Naturalrabatte an Apotheken zu verbieten. Festgelegt haben wir auch eindeutige Kriterien, nach denen ein Arzneimittel als echte Innovation gilt und damit nicht unter die Festbetragsregelung fällt. Die Krankenkassen haben die Möglichkeit bekommen, Arzneimittel für Patientinnen und Patienten zuzahlungsfrei zu stellen, wenn diese mindestens 30 Prozent unter dem Festbetrag liegen. Viele Hersteller haben daraufhin ihre Preise entsprechend gesenkt.

Durch das Gesetz zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze (Vertragsarztrechtsänderungsgesetz) haben wir die ärztliche, zahnärztliche und psychotherapeutische Berufsausübung vereinfacht und flexibilisiert. So wurde beispielsweise die Gründung von Berufsausübungsgemeinschaften und von Zweigpraxen erleichtert, die Tätigkeit an weiteren Orten erlaubt und die Zulässigkeit der Anstellung von Ärzten, Zahnärzten und Psychotherapeuten gelockert. Gleichzeitig wurden die Instrumente zur Behebung regionaler Versorgungsengpässe erweitert.

Mit der Gesundheitsreform wurde auch beschlossen, die ärztliche Vergütung neu zu gestalten. Ergebnis ist das zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene neue Vergütungssystem. Dieses System soll den Ärztinnen und Ärzten mehr Kalkulationssicherheit ermöglichen, indem sie im Voraus wissen, wie hoch die Vergütung ihrer Leistungen ist. Zudem soll es die Vergütungen im Bundesvergleich aneinander annähern und damit leistungsgerechter machen. Das bisherige System von Punktwerten wurde durch eine Euro-Gebührenordnung abgelöst. Darüber hinaus wurde das Morbiditätsrisiko auf die Krankenkassen übertragen. Die für die vertragsärztliche Versorgung zur Verfügung stehende Gesamtvergütung wurde um über 3,5 Milliarden Euro im Vergleich zum Jahr 2007 aufgestockt. Sie orientiert sich nunmehr an der Morbidität der Versicherten. Die notwendige Kosten- und Mengensteuerung erfolgt durch Anreizmechanismen in der Gebührenordnung sowie mengen- und praxisbezogene Preisabstaffelungen über sog. Regelleistungsvolumina (RLV). Ab 2010 sollen zudem finanzielle Anreize zum Abbau von Über- und Unterversorgung gesetzt werden, die zu einer regional ausgewogenen Arztdichte beitragen sollen. Bis dahin sind in einer Übergangsphase - bereits rückwirkend ab dem 1. Januar 2007 - Zuschläge zum Abbau von Unterversorgung vollständig - und nicht nur wie bisher zu 50 Prozent - durch die Krankenkasse zu finanzieren.

Die gesetzlichen Vorgaben der Honorarreform wurden in enger Zusammenarbeit mit den Kassenärztlichen Vereinigungen entwickelt. Ausgefüllt werden die Vorgaben für die Euro-Gebührenordnung und den sonstigen Vergütungsregelungen weitgehend von der Selbstverwaltung im Bewertungsausschuss. Die Honorarvorgaben müssen auf regionaler Ebene von den 17 Kassenärztlichen Vereinigungen und den regionalen Vertragspartnern flächendeckend umgesetzt werden. Die Zuweisungen an die einzelnen Arztpraxen obliegen der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung. Der Bund kann hierauf keinen Einfluss nehmen.

Mit dem Gesetz über die Qualität und Sicherheit von menschlichen Geweben und Zellen (Gewebegesetz) haben wir die EU-Richtlinie zur Zell- und Gewebespende umgesetzt, die die europaweite Einführung von Sicherheitsstandards auch beim Umgang mit Zellen und Geweben beinhaltet. Das Gesetz ist zum 1. August 2007 in Kraft getreten. Menschliche Gewebe und Zellen werden heute vielfältig zu therapeutischen Zwecken eingesetzt. Mit dem Gewebegesetz hat die Bundesregierung die notwendigen Anforderungen an ihre Qualität und Sicherheit geregelt. Wir haben dazu ein Zulassungsverfahren unter Aufsicht des Paul-Ehrlich-Institutes (PEI) als zuständige Bundesbehörde sowie eine öffentlich zugängliche Registrierung der Gewebebanken am Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) geschaffen. Neu ist u. a. auch die gesetzliche Festsetzung des Vorranges der Organentnahme gegenüber der Entnahme von Gewebe und Zellen. Der bisherige Organspendeausweis wurde in "Organ- und Gewebespendeausweis" umbenannt. Die beschlossenen Änderungen dienen einem hohen Gesundheitsschutz der Patientinnen und Patienten, die auf Gewebespenden angewiesen sind, etwa wenn ihnen Herzklappen, Augenhornhäute oder andere Gewebe transplantiert werden.

Seit dem 1. September 2007 gilt ein grundsätzliches Rauchverbot in Einrichtungen des Bundes und in bestimmten Einrichtungen des öffentlichen Personenverkehrs. Es ist allerdings möglich, innerhalb der geschützten Bereiche abgetrennte Raucherräume einzurichten. Auch in Räumen, die zu Wohn- oder Übernachtungszwecken genutzt werden und zur alleinigen Nutzung überlassen sind, ist das Rauchen nicht verboten. Die Leitung der jeweiligen Einrichtung hat für die Einhaltung des Rauchverbotes Sorge zu tragen. Weiterhin wurden die bereits bestehenden Vorschriften zum Schutz vor Passivrauchen, z. B. im öffentlichen Personenverkehr, verschärft. Zum Schutz der Jugendlichen haben wir die Altersgrenze für die Abgabe von Tabakwaren und das Rauchen in der Öffentlichkeit von 16 auf 18 Jahre angehoben.

Das Gesetz regelt nicht den in der Öffentlichkeit breit diskutierten Bereich der Gastronomie. Dies unterliegt den Hoheitsrechten der Länder und Kommunen.

Mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes haben wir die bisherigen Entschädigungsleistungen für Contergan-Geschädigte verdoppelt. Seit dem 1. Juli 2008 beträgt der Höchstsatz statt bisher 545 nunmehr 1.090 Euro. Das bedeutet für die am schwersten Geschädigten zusätzliche Leistungen in Höhe von 6.540 Euro jährlich. Außerdem werden die Entschädigungsleistungen nicht auf andere Sozialleistungen wie Erwerbsminderungsrenten o. ä. angerechnet.

Im Mittelpunkt des im Mai 2009 verabschiedeten Zweiten Gesetz zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes steht eine neue jährliche Sonderzahlung, die noch 2009 zum ersten Mal und dann für 25 Jahre an die Betroffenen fließen soll. In ihrer Höhe wird sie sich am Grad der Behinderung orientieren. Die von der Firma Grünenthal freiwillig gespendeten 50 Millionen Euro sowie 50 Millionen Euro aus dem Stiftungsvermögen der Conterganstiftung werden den Betroffenen über einen Zeitraum von 25 Jahren ausgezahlt. Die insgesamt zur Verfügung gestellten 100 Millionen Euro werden auf die bisher leistungsberechtigten und die bis Ende 2010 anerkannten contergangeschädigten Menschen aufgeteilt. Diese sogenannte "Conterganrente" wird zusätzlich zu den jetzigen Leistungen ausgezahlt, sie wird also nicht auf andere Sozialleistungen angerechnet.

Außerdem wird den contergangeschädigten Menschen, die bisher von der Ausschlussfrist betroffen waren, ermöglicht, Leistungsansprüche nach dem Conterganstiftungsgesetz noch geltend machen zu können. Denn auf die erneute Einführung einer Frist für die Antragstellung auf Leistungen nach dem Conterganstiftungsgesetz wird verzichtet. Bisher mussten Anträge bis zum 31. Dezember 1983 eingereicht worden sein.

Im April 2009 haben wir das Gesetz über genetische Untersuchungen bei Menschen (Gendiagnostikgesetz   GenDG) beschlossen. Ziel ist es, die mit der Untersuchung menschlich genetischer Eigenschaften verbundenen möglichen Gefahren von genetischer Diskriminierung zu verhindern. Gleichzeitig sollen aber die Chancen des Einsatzes genetischer Untersuchungen für den einzelnen Menschen gewahrt bleiben. Schwerpunkt des Gesetzentwurfes ist das Recht des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung im Bereich der Gendiagnostik. Dazu gehört das Recht auf Wissen als auch das Recht auf Nichtwissen. Grundsätzlich gilt, dass angesichts der Erkenntnismöglichkeiten der Humangenetik ein besonderer Schutzstandard erforderlich ist, um die Persönlichkeitsrechte eines jeden zu schützen. Deshalb dürfen genetische Untersuchungen nur durchgeführt werden, wenn die betroffene Person rechtwirksam in die Untersuchung eingewilligt hat. Außerdem bestimmen allein die betroffenen Personen über die Verwendung, Aufbewahrung oder Vernichtung ihrer genetischen Daten und Proben.

Für die Bereiche der medizinischen Versorgung, der Abstammung, des Arbeitslebens und der Versicherungen wurden spezifische Regelungen getroffen. So dürfen z. B. Arbeitgeber und Versicherungen nach dem Gesetzentwurf grundsätzlich keine Gen-Untersuchungen von Bewerbern oder Kunden verlangen. Versicherungen dürfen bereits bekannte Gen-Informationen verwenden, wenn die Versicherungssumme 300.000 Euro übersteigt. Gentechnische Untersuchungen zur Feststellung der Abstammung eines Kindes wie Vaterschaftstests sind nur dann zulässig, wenn die Personen, von denen eine genetische Probe untersucht werden soll, in die Untersuchung eingewilligt haben. Babys dürfen vor der Geburt ausschließlich aus medizinischen Zwecken getestet werden, aber nicht um beispielsweise Aufschluss über das Geschlecht oder künftige Eigenschaften zu gewinnen. Untersuchungen auf Krankheiten im Erwachsenenalter sind ebenfalls nicht zulässig.

Deutschlands Ärzte haben künftig eine umfassende Beratungspflicht vor möglichen Abtreibungen nach der 12. Schwangerschaftswoche. Diese Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes beschloss der Bundestag in namentlicher Abstimmung am 13. Mai 2009. Mit dem Gesetz werden Ärzte in Zukunft verpflichtet, eine werdende Mutter über alle medizinischen und psychosozialen Auswirkungen der möglichen Fehlbildung des Kindes zu beraten. Zwischen der Diagnose und der Erlaubnis für einen Schwangerschaftsabbruch soll eine mindestens dreitägige Bedenkzeit liegen. Hintergrund der Initiative sind Studien, denen zufolge die meisten Frauen ihre ungeborenen Kinder vorgeburtlichen Untersuchungen unterziehen lassen, sich allerdings allein gelassen fühlen, wenn der Befund darauf hindeutet, dass das Kind behindert oder nicht lebensfähig sein könnte.

Mit dem Beschluss eines Gruppenentwurfs eines Gesetzes zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung wurden die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Diamorphin als Arzneimittel im Rahmen der Substitutionsbehandlung von Schwerst-Opiatabhängigen eingesetzt werden kann und in die Regelversorgung aufgenommen wird. Durch eine entsprechende Ergänzung im Betäubungsmittelgesetz wird Diamorphin insofern verschreibungsfähig gemacht, als es zur substitutionsgestützten Behandlung zugelassen ist.

Mit dem Gesetz werden die Ergebnisse einer klinischen Arzneimittelstudie, die die Behandlung Opiatabhängiger mit Diamorphin im Vergleich zu einer Behandlung mit Methadon untersucht hat, umgesetzt. Die Studie belegt die Überlegenheit der Diamorphinbehandlung für die Gruppe der Schwerstabhängigen gegenüber der herkömmlichen Substitutionsbehandlung.

Die Behandlung mit Diamorphin ist ausschließlich für eine klar begrenzte Zielgruppe bestimmt. Die Betroffenen müssen zuvor ernsthafte Behandlungsversuche mit herkömmlichen Substitutionsmitteln unternommen haben. Eine Diamorphinbehandlung ist ferner an strikte Regularien für Indikationsstellung und Durchführung gebunden. Die Diamorphinbehandlung darf darüber hinaus nur in speziell dafür bestimmten Einrichtungen vorgenommen werden.

Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Änderung medizinproduktrechtlicher Vorschriften im Mai 2009 konnte der gesundheitliche Verbraucherschutz weiter gestärkt werden. Das Gesetz setzt weitgehend EG-Recht in deutsches Recht um. Neben dem Medizinproduktegesetz (MPG) selbst werden auch Medizinprodukte-Verordnung (MPV), Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV), Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) und die Medizinprodukte-Gebührenverordnung (MPGebührenV) geändert.

Bislang galten bei der Zulassung und Überwachung von Medizinprodukten wie z. B. Krankenhausbetten, Gehhilfen, künstlichen Gelenken oder Zahnimplantaten weniger Regelungen und Verfahren als im Arzneimittelbereich. Durch die Gesetzänderungen erhalten die Patientinnen und Patienten sowie Probandinnen und Probanden bei klinischen Prüfungen im Bereich der Medizinprodukte nun ein ebenso hohes Schutzniveau wie im Bereich der Pharmazeutika.

Von zentraler Bedeutung ist die Einführung einer Genehmigungspflicht für klinische Prüfungen von Medizinprodukten beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Dabei kann das BfArM bei Produkten mit einem geringen Sicherheitsrisiko auch entscheiden, dass es keiner Genehmigung bedarf. Neben der abschließenden Genehmigung durch das BfArM muss vor Beginn einer Prüfung auch eine zustimmende Bewertung einer Ethikkommission vorliegen. Diese muss nach Landesrecht gebildet, unabhängig und interdisziplinär besetzt sein. Die von ihr abgegebenen Bewertungen sind, wie im Arzneimittelbereich auch, Verwaltungsakte. Die Ethikkommission prüft die ethischen und rechtlichen Voraussetzungen der Prüfung, das BfArM die sicherheitstechnische Unbedenklichkeit des Produktes. Denn erst durch die umfassende materialtechnische, wissenschaftliche und ethische Begutachtung wird sichergestellt, dass das Verhältnis von Nutzen und Risiko angemessen bewertet werden kann. Zum Schutz der Sicherheit von Probanden und Patienten ist es notwendig, auftretende schwerwiegende unerwünschte Ereignisse während dieser Prüfungen umfassend zu erfassen, wissenschaftlich zu bewerten und gegebenenfalls Korrekturen zu veranlassen. Auch diese Aufgabe wird künftig das BfArM innehaben. Die Überwachung der Hersteller und der Anwender von Medizinprodukten ist eine wichtige Voraussetzung für die Patientensicherheit nach dem Marktzugang.

Durch das Gesetz zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus haben wir seit Juni 2009 die Betreuung durch Pflegekräfte, die pflegebedürftige Behinderte für sich beschäftigen, während einer stationären Krankenhausbehandlung vereinfacht. Pflegebedürftige Menschen mit Behinderung hatten bislang während der Dauer eines Krankenhausaufenthaltes keinen Anspruch gegen die jeweiligen Kostenträger auf Mitaufnahme ihrer Pflegekräfte in das Krankenhaus und auf Weiterzahlung der bisherigen entsprechenden Leistungen auch während der Dauer der Krankenhausbehandlung - dies wird nun geändert. Darüber hinaus regelt das Gesetz, dass schwerbehinderte Menschen künftig bei der unentgeltlichen Beförderung im öffentlichen Personenverkehr sich von einer Begleitperson begleiten lassen und gleichzeitig einen Hund mitführen können. Bislang konnte ein Hund nur anstatt einer Begleitperson mitgeführt werden. Der neue Leistungstatbestand "Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie" stellt sicher, dass Leistungen der Eingliederungshilfe auch für die Betreuung körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher in einer Pflegefamilie gewährt werden. Damit wird erreicht, dass diese Möglichkeit als Alternative zur vollstationären Betreuung in Anspruch genommen wird, wenn dies dem Wohle des Kindes dient.

Außerdem wird mit dem Gesetz die Lehre der Palliativmedizin in den Rahmen des Studiums aufgenommen. Eine adäquate Versorgung Schwerstkranker und Sterbender ist Aufgabe aller Ärztinnen und Ärzte, Ausdruck der Fürsorge und Voraussetzung für eine wirksame Ausübung des Rechts auf Selbstbestimmung in der letzten Lebensphase. Fehlendes Wissen verursacht vielfach unnötiges Leiden durch wohlgemeinte, aber fachlich nicht indizierte Therapien in der letzten Lebensphase. Bisher sammelten Ärztinnen und Ärzte erste palliativmedizinische Erfahrungen überwiegend erst nach Abschluss des Medizinstudiums als Assistenzärztinnen und -ärzte oder erst nach der Niederlassung.

Zukünftig wird die Palliativmedizin als Pflichtlehr- und Prüfungsfach im Rahmen des Studiums der Medizin in die Approbationsordnung für Ärzte aufgenommen. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Studentinnen und Studenten der Medizin im späteren Berufsleben den Anforderungen an die Versorgung Schwerstkranker und Sterbender gewachsen sind und die umfassende und kompetente Versorgung dieser Menschen gewährleistet wird.

Das im Juni 2009 beschlossene Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften (15. AMG Novelle) dient im Wesentlichen der Anpassung des Arzneimittelgesetzes an europäische Verordnungen und Erfahrungen aus dem Vollzug. Im Falle der Verordnung über Kinderarzneimittel sind insbesondere Sanktionsvorschriften (Bußgeldbewehrungen) und Klarstellungen hinsichtlich der Kennzeichnung vorgesehen. So wird beispielsweise zukünftig geahndet, wenn ein pharmazeutischer Unternehmer ein Arzneimittel, das nachträglich auch mit einer kinderheilkundlichen Indikation zugelassen wurde, eine solche Indikation nicht angibt.

Arzneimittel für neuartige Therapien werden sachgerechten Regelungen unterworfen, damit die Versorgung der Patientinnen und Patienten mit diesen wichtigen zukunftsträchtigen Arzneimitteln sicher gestellt werden kann. Solche Arzneimittel müssen, wenn sie für einen Patienten individuell hergestellt werden, alle Qualitätskriterien erfüllen. Sie bedürfen aber nicht der zentralen europäischen Zulassung, sondern es reicht eine nationale Genehmigung.

Zur weiteren Verbesserung der Arzneimittel- und Patientensicherheit ist vorgesehen, das Verbot von Arzneimittelfälschungen auf Wirkstoffe auszudehnen. Mit dem Anwendungsverbot bedenklicher Arzneimittel wird eine Strafbarkeitslücke geschlossen. Zollbehörden wird eine effektivere Überwachungsmöglichkeit von Brief- und anderen Postsendungen eingeräumt, z. B. durch stichprobenartige Kontrollen, da vor allem im grenzüberschreitenden Postverkehr zunehmend auch gefälschte Arzneimittel nach Deutschland gelangen.

Außerdem wird dem pharmazeutischen Großhandel erstmals ein Anspruch gegenüber den pharmazeutischen Herstellern auf kontinuierliche und angemessene Belieferung eingeräumt. Daneben wurden mit dem Gesetz zahlreiche Regelungen außerhalb des Arzneimittelrechts beschlossen. Herauszuheben sind hier vor allem die Stärkung der sozialpsychiatrischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie die Sicherung der Finanzierungsbasis von ambulanten und stationären Hospizen in der Versorgung von Sterbenden und Schwerstkranken (Palliativversorgung). Im Bereich der Kranken- und Altenpflege wird die Zugangsvoraussetzung für die Ausbildung künftig die abgeschlossene zehnjährige Schulbildung sein. Damit konnten die Weichen dafür gestellt werden, auch in Zukunft den Bedarf an gut ausgebildeten Kranken- und Altenpflegekräften zur Sicherstellung der Pflege decken zu können.

Auch für die ärztliche Versorgung konnte die SPD-Bundestagsfraktion zahlreiche Verbesserungen durchsetzen. So erhalten Politik und Öffentlichkeit durch neue Berichtspflichten künftig mehr Transparenz über die Vergütungssituation der Vertragsärzte. Unerlaubten Absprachen zwischen Kassen und Ärzten kann das Bundesversicherungsamt durch ein neues Instrumentarium effektiv entgegenwirken. Damit wird dem sogenannten "Up-Coding", um höhere Zuweisungen aus dem Risikostrukturausgleich erhalten zu können, ein Riegel vorgeschoben.

Durch eine Übergangsregelung zu Abrechnungen von ambulanten Leistungen über private Rechenstellen konnten zudem die sogenannten Hausarztmodelle gesichert werden. Hier hat sich die SPD-Bundestagsfraktion in der Koalition durchsetzen und datenschutzrechtliche Bedenken ausräumen können, die sonst den Fortbestand der sinnvollen Hausarztmodelle gefährdet hätten. Der Datenschutz ist nun auch bei der Nutzung privater Rechenstellen in vollem Umfang gewährleistet.

Mit dem im Juni 2009 verabschiedeten Gesetz zur Einführung einer Modellklausel in die Berufsgesetze der Hebammen, Logopäden, Physiotherapeuten und Ergotherapeuten wird den Ländern die Möglichkeit eröffnet, in diesen vier Gesundheitsberufen eine akademische Ausbildung an Hochschulen zu erproben. Die entsprechenden Berufsgesetze werden dazu um eine Modellklausel erweitert, die eine Erprobung der akademischen Ausbildung bis zum Jahr 2017 ermöglicht. Die beschlossene gesetzliche Regelung sieht außerdem vor, die Modellversuche wissenschaftlich ausführlich zu begleiten und auszuwerten. Auf der Grundlage dieser Auswertung wird der Bundestag dann frühestens ab dem Jahr 2015 darüber entscheiden, ob die akademische Ausbildung dieser Gesundheitsberufe zur Regel wird und die bisherige rein schulische Ausbildung ergänzt.

Die Akademisierung soll in den Berufsgruppen vor allem den Eingang neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Ausbildungs- und Berufspraxis sowie eine generelle Anhebung des Berufsniveaus erreichen. Die modellhafte Erprobung in zwei Ausbildungsjahrgängen soll zeigen, ob sich diese Erwartungen erfüllen und ob sich eine akademische Ausbildung in der Praxis bewährt.