Keine Klarheit bei Lebensmittelkennzeichnungen

Die Verbraucher/innen wollen die Nährwertkennzeichnung mit Ampelfarben auf Lebensmittelpackungen. Schwarz-Gelb ist dagegen und verweigert so die Möglichkeit, z. B. bei Fertiggerichten den Fett-, Kalorien- oder Salzgehalt leicht und auf einen Blick zu erkennen und zu  vergleichen. Ebenso unterbleibt eine klare Kennzeichnung von länger haltbarer Milch (sog. ESLMilch), obwohl sie national ohne die EU möglich wäre. Somit dürfen die Verbraucher/innen weiter mit der Bezeichnung „frische Milch“ getäuscht werden. Bei der Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln machen Union und FDP einen Vorschlag, der in Brüssel längst auf dem Tisch liegt und quasi als beschlossen gilt.

Mehr Gentechnik in Lebensmittel droht

Schwarz-Gelb will im Interesse der Wirtschaft gentechnisch veränderte Organismen (GVO) schneller zulassen. Union und FDP sprechen sich auch ausdrücklich für die Genkartoffel aus und wollen Genmais nicht verbieten. Damit handelt die neue Regierung eindeutig gegen den Willen von Verbrauchern/innenn. Denn die Mehrheit will Lebensmittel ohne Gentechnik. Die bisherige Nulltoleranzpolitik bei Verunreinigungen mit in der EU nicht zugelassenen GVO wird aufgegeben. Das heißt nicht zugelassene GVO werden demnächst in deutschen Futtertrögen landen. Anstatt sich für gentechnikfreie Regionen einzusetzen, können die Bundesländer zukünftig die Abstände zwischen Feldern mit gentechnisch veränderten Pflanzen und konventionellem oder ökologischem Anbau sogar noch verkürzen. Die gentechnikfreie Landwirtschaft wird so in einigen Regionen in Frage gestellt. Die CSU operiert dabei frei nach dem Motto: Gentechnik ja, aber nicht in Bayern!

Kein TÜV für Finanzprodukte

Die Verbraucher/innen wollen mehr Sicherheit am Finanzmarkt. Union und FDP konnten sich jedoch nicht auf einen Finanz-TÜV einigen. Weder soll die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Verbraucherschutz als Aufgabe erhalten, noch werden die Verbraucherverbände mit einer Marktwächterfunktion ausgestattet. Zwar will Schwarz-Gelb, dass Verbraucher/innen „alle wesentlichen Bestandteile einer Kapitalanlage und sämtliche Kosten (einschließlich Rückvergütungen)“ schnell erkennen können. Auf eine gesetzliche Verpflichtung zur Herausgabe eines Kurzinformationsblattes für Finanzprodukte konnten sich die Koalitionäre aber nicht verständigen. Verlässliche und vergleichbare Verbraucherinformationen sind damit nicht gewährleistet. Für einen Ausbau der Finanzberatung, die nicht nach Abschlüssen sondern für ihre Beratungsdienstleistung bezahlt wird, tut Schwarz-Gelb nichts. Fehlanreize aufgrund der Konzentration auf Provisionszahlungen beim Vertrieb von Finanzprodukten werden nicht beseitigt. Zu der Forderung nach einer Vertriebsbeschränkung bei Zertifikaten und Derivaten wird keine Position bezogen. Zwar soll der Teil der Finanzmärkte, der nicht der staatlichen Finanzaufsicht oder ähnlichen Regulierungen unterliegt – der sog. graue Kapitalmarkt – durch Anforderungen an alle Finanzberater in Bezug auf Qualifikation, Registrierung und Berufshaftpflicht eingedämmt werden. Ein wirksamer Schutz für die Verbraucher wird jedoch durch die Orientierung auf das Versicherungsvermittlerrecht nicht erreicht.

Verbraucherpolitik vorbei am Interesse der Verbraucher

Verbraucher/innen wollen mehr Transparenz und eine Ausweitung des Verbraucherinformationsgesetzes auf alle Produkte und Dienstleistungen. Schwarz-Gelb will dagegen Ross und Reiter erst bei „wiederholten Verstößen“ nennen und kann sich auf eine Ausweitung des Verbraucherinformationsgesetzes nicht verständigen, obwohl die Forderung auf dem Verhandlungstisch lag. Verbraucher/innen wollen einfach erkennbare und aufs Wesentliche reduzierte Informationen. Mit Union und FDP wird es unübersichtlicher sie, lassen die Verbraucher/innen allein im Informationssumpf!

Unklare Zukunft für Verbraucherorganisationen

Die Arbeit des Verbraucherzentrale Bundesverbandes und der Stiftung Warentest sind heute wichtiger denn je. Schwarz-Gelb möchte zwar die „Beratungs- und Informationsaktivitäten“langfristig finanzieren. Die Verbraucherzentralen und ihr Bundesverband sind aber auch ichtig, weil sie die Interessen der Verbraucher/innen im politischen Prozess vertreten und unseriöse Anbieter durch Abmahnungen und Klagen vom Markt drängen. Zum Beispiel, wenn Unternehmen mit falschen Testurteilen der Stiftung Warentest werben. Soll die Finanzierung hier etwa zurückgefahren werden? Stattdessen müssten kollektive Verbraucherrechte sogar ausgeweitet werden z. B. durch ein Unterlassungsklagenrecht auch im Bereich des Datenschutzes. Das lehnt Schwarz-Gelb aber ab. Wie sich die Koalition die Zukunft der Verbraucherorganisationen vorstellt, ist unklar. So kündigt sie eine Stiftung Datenschutz und eine Stiftung für Finanzprodukte „nach dem Muster der Stiftung Warentest“ an, obwohl die Stiftung Warentest mit der Publikation „Finanztest“ bereits auf diesem Gebiet tätig ist.

Keine Verbesserung für den Verbraucherdatenschutz

Die jüngsten Datenschutzskandale zeigen erneut: Die in der Großen Koalition an der CDU/CSU gescheiterte grundlegende Reform des Datenschutzrechts ist bitter nötig. Dazu wird es nicht genügen, das Datenschutzrecht „lesbarer“ und „verständlicher“ zu machen. Wenn 45 Prozent der bei Scoringverfahren (Werteerechnung anhand gesammelter Daten zur Überprüfung der Kreditwürdigkeit) verwendeten Verbraucherdaten fehlerhaft sind, reichen freiwillige Auditverfahren und eine wie auch immer gestaltete Datenschutzstiftung nicht aus. Besonders sensible Bereiche wie Auskunfteien müssen durch Datenschutzbehörden oder zertifizierte Auditoren kontrolliert werden.

  

Landwirtschaft – die Klientel im Fokus  

Aus der Zusammenarbeit in der Großen Koalition im Bereich der Landwirtschaft wissen wir, dass die Union nichts Zukunftsweisendes zu bieten hat. Gesellschaftliche Entwicklungen und notwendige Anpassungen der Landwirtschaft an die aktuellen Herausforderungen durch den Klimawandel, die Schonung der Natur und ihre verantwortungsbewusste Nutzung, Verbrauchererwartungen und artgerechter Tierhaltung haben in der vom Deutschen Bauernverband gesteuerten Politik keinen Platz.

So ist es wenig erstaunlich, dass der Koalitionsvertrag nur in den Punkten konkret wird, der bestimmten Landwirten scheinbare Erleichterungen verspricht: Eins-zu-Eins-Umsetzung von EU-Recht, Agrardieselsteuerregelung, Grünlandprogramm, mehr Liquiditätshilfen, mehr Geld für die Unfallversicherung. Nachdem der gesamte Koalitionsvertrag unter Finanzierungsvorbehalt steht, bleibt abzuwarten, ob das  800-Millionen-Euro-Versprechen an die Landwirte umzusetzen sein wird.

Rückwärtsgewandt ist die angekündigte Novelle des Bundeswaldgesetzes. Schwarz-Gelb konzentriert sich auf die Nutzung durch die Waldwirtschaft. Die notwendige Anpassung des Bundeswaldgesetzes an die Anforderungen der nationalen Biodiversitätsstrategie zur Erhaltung der Pflanzen- und Tierartenvielfalt sowie der nationalen Nachhaltigsstrategie bleibt aus. Intensivlandwirtschaft und industrielle Landwirtschaft sind das Leitmotiv von Schwarz-Gelb. Tierschutz wird lediglich im Einklang mit der Wirtschaftlichkeit angestrebt. Das formelhafte Bekenntnis zum Ökolandbau kann darüber nicht hinwegtäuschen.

Die Politik für ländliche Räume hat bei diesem Politikansatz keinen Platz. Die Finanzmittel werden zugunsten der Landwirte ausgeschöpft. Für die Entwicklung von ländlichen Gebieten wird der Zugriff auf Fördertöpfe, die ein Vielfaches an Mitteln enthalten, in anderen Ministerien gefordert.