Das gegenwärtige deutsche System der Kriminal- und Strafrechtspflegestatistiken ist gekennzeichnet durch eine Vielzahl von unverbundenen Statistiken. So sind zum Beispiel die Zählweisen nicht aufeinander abgestimmt. Die Polizei zählt die Tatverdächtigen, die Staatsanwaltschaft erfasst die Ermittlungsverfahren, die gegen eine Person durchgeführt werden. Im Schnitt werden so aus einem Tatverdächtigen bei der Polizei 2,1 Beschuldigte bei der Staatsanwaltschaft. Die Statistiken sind untereinander also nicht kompatibel. Zahlreiche, kriminalpolitisch höchst relevante Fragen sind auf der Grundlage der jetzigen Kriminalstatistiken nicht zu beantworten. Deutschland ist mit seinem kriminalstatistischen System außerdem inzwischen weit hinter den in einigen anderen europäischen Ländern entwickelten Systemen zurückgeblieben.
Der Antrag (Drs. 17/13715) „System der Kriminal- und Rechtspflegestatistiken in Deutschland optimieren und auf eine solide rechtliche Grundlage stellen“ wurde in dieser Woche von der SPD-Fraktion ins Parlament eingebracht. Die Fraktion fordert unter anderem von der Regierung, langfristig die Voraussetzungen für die Umstellung auf ein Datenbanksystem zu schaffen, das verlaufsstatistische Analysen ermöglicht. Eine Umstellung des vorherrschenden Systems erscheint sinnvoll, um dessen Defizite nachhaltig zu beheben. Hierfür sollten auf lange Sicht gesehen alle amtlichen Daten über Kriminalität, Strafverfolgung und Strafvollstreckung mit pseudonymisierten Personendaten in einer statistischen Datenbank verknüpft werden. Zudem sollen die Periodischen Sicherheitsberichte über die Kommentierung von Einzelstatistiken hinausgehen und auch übergreifende wissenschaftliche Befunde einbeziehen. Schießlich sollte die Bundesregierung eine bundesgesetzliche Grundlage für die Strafrechtspflegestatistiken schaffen.
Lina Beling