Die SPD-Bundestagsfraktion ist an dem Konzept maßgebend beteiligt. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Joachim Poß sagt: "Damit haben wir eine gute Grundlage geschaffen für die mögliche Regierungsübernahme im Bund nach der nächsten Bundestagswahl". Die Vorschläge zur Finanzpolitik seien, so Poß, "konkret und solide".

Mit den angestrebten Steuermehreinnahmen und einem wirtschafts- und sozialverträglichen Abbau von Subventionen verbindet die SPD folgende Ziele:

  1. Schuldenabbau
  2. Bildungsinvestitionen
  3. Stärkung der sozialen und kulturellen Handlungsfähigkeit der Städte und Gemeinden
  4. Investitionen in Forschung und Entwicklung, Infrastruktur und Energiewende

Schon daraus wird deutlich: Es handelt sich um mehr als ein reines Steuer- oder Haushaltskonsolidierungskonzept. Es geht um die Zusammenführung von Konsolidieren, Gestalten/Investieren und mehr steuerlicher Gerechtigkeit. Die einzelnen Elemente und Ziele des Konzepts sind dabei gut ausbalanciert.

Gerade weil die dem Konzept zugrunde liegenden Kalkulationen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite seriös gerechnet wurden, versuchen Kritiker aus den Reihen der politischen Gegner und darüber hinaus bereits in den ersten Reaktionen durch Rückgriff auf alte Diffamierungsmuster („Rolle rückwärts“; „SPD nimmt die Reichen aufs Korn“; „wachstumsfeindlich“) die Qualität und Ausgewogenheit dieses Konzepts insgesamt in Frage zu stellen.

Vor allem die angestrebte Wiedererhebung der Vermögensteuer sorgt für vehemente Kritik von interessierter Seite. Bereits jetzt sind erste Versuche zu beobachten, die Vermögensteuer wieder auszureden. Aus diesem Grund wurden im Folgenden die Vorwürfe gegen die (Wieder-)Einführung einer Vermögensteuer und die sachgerechte Entgegnung und Entkräftung dieser Vorwürfe aufbereitet.

Kritik: Das Bundesverfassungsgericht habe 1995 die Erhebung einer Vermögensteuer in Deutschland verboten.

Zunächst einmal muss festgestellt werden, dass es in der Bundesrepublik Deutschland mehr als 40 Jahre (1952-1996) eine Vermögensteuer gegeben hat.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 22. Juni 1995 die Erhebung der Vermögensteuer in ihrer damaligen Form für verfassungswidrig erklärt, was dann zur Nichterhebung ab dem 1. Januar 1997 geführt hat.

Das Bundesverfassungsgericht hat mitnichten bestritten, dass das Grundgesetz die Erhebung einer Vermögensteuer generell zulässt. Bei ihrer Ausgestaltung muss der Gesetzgeber allerdings bestimmte Dinge beachten (z. B. bestimmte Bewertungsregeln), hat aber einen erheblichen Freiraum.

 Kritik: Durch die vorgesehene Vermögensteuer werde die Substanz des Vermögens besteuert. 

Eine Vermögensteuer gilt auf jeden Fall als zulässig, wenn sie aus den (typischerweise möglichen) Vermögenseinkünften („Sollerträgen des Vermögens“) bestreitbar ist. Darüber, ob auch möglich ist, sie regelmäßig aus der Substanz zu bestreiten („Substanzbesteuerung“), wird seit langem kontrovers diskutiert.

Besonders in den 90er-Jahren haben Konservative und Neoliberale die Diskussion um die „Substanzbesteuerung“ benutzt, um die Vermögensteuer zu diskreditieren und deren Legitimation zu unterminieren.

Grundsätzlich gilt: Die SPD strebt mit ihren Plänen keine Substanzbesteuerung an und wird die wiedereingeführte Vermögensteuer entsprechend ausgestalten. Im Hinblick auf private Vermögen sprechen wir uns für einen Freibetrag von 1 Mio. Euro pro Kopf aus. Damit können überhaupt nur Vermögenswerte oberhalb dieser Schwelle herangezogen werden; Vermögen bis zu 1 Mio. Euro bleibt steuerfrei. Bei einem Steuersatz von 0,5 oder auch 1 Prozent (Satz der früheren alten Vermögensteuer) kann es zu einer Substanzbesteuerung überhaupt nur bei sehr niedrigen Erträgen auf das zu versteuernde Vermögen kommen. Solche Fälle mag es geben; sie dürfen allerdings nicht die Richtschnur sein, um eine Vermögensteuer generell abzulehnen. In den weitaus meisten Fällen wird die Vermögensteuer dagegen lediglich das weitere Anwachsen großer und größter Vermögen bremsen.

 Kritik: Bei Betrieben könne durch die Vermögensteuer das Betriebsvermögen aufgezehrt werden; Investitionen und Beschäftigung würden eingeschränkt. 

In dem Konzept hat die SPD sich mit Blick auf Wachstum und Beschäftigung eindeutig festgelegt: „Die betriebliche Vermögensteuer wird so ausgestaltet, dass sie nicht als Substanzsteuer wirkt.“ Neben einem hohen Freibetrag (5 Mio. Euro) wird geprüft, die Belastung auf zum Beispiel 30 Prozent des Gewinns zu beschränken.

Gelten soll: Wer keinen Gewinn macht, der zahlt auch keine Steuern!

Damit können Betriebe gut leben; negative Effekte auf Investitionen und Beschäftigung sollten weitestgehend ausgeschlossen sein.

 Kritik: Die Vermögensteuer sei mit einem sehr großen Erhebungsaufwand verbunden. Ein beträchtlicher Teil ihres Aufkommens werde gleich wieder durch den Aufwand bei der Steuererhebung aufgezehrt. 

Dieser Kritikpunkt übersieht – vermutlich sehr bewusst und interessengeleitet – den kostenreduzierenden Beitrag, den zum Beispiel die moderne Informationstechnologie mittlerweile bei der Erhebung der Vermögensteuer leisten kann.

Insgesamt sind im Zuge der Reform des Bewertungs- und Erbschaftssteuerrechtes zur Zeit der Großen Koalition neue Bewertungs- und Erhebungsgrundlagen für vermögensbezogene Steuern geschaffen worden, durch die eine starke Reduzierung des Erhebungsaufwandes erreicht werden könnte.

 Kritik: Eine Vermögensteuer könne gerade in Verbindung mit der Anhebung des Spitzensatzes bei der Einkommen steuer gegen einen vermeintlich vorhandenen „Halbteilungsgrundsatz“ (= keine Besteuerung des Solle rtrags über insgesamt 50 v. H.) verstoßen.

Da sich die Mär vom Halbteilungsgrundsatz besonders hartnäckig hält, nachfolgend eine wörtliche Stellungnahme des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Januar 2006 zu dieser Frage: „Der Zugriff auf das durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Eigentum ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt (...) Aus … [Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 GG] lässt sich keine allgemein verbindliche, absolute Belastungsobergrenze in der Nähe einer hälftigen Teilung („Halbteilungsgrundsatz“) ableiten.“

Es gibt sicherlich eine Grenze, über die hinaus Einkommen bzw. Vermögen nicht besteuert werden dürfen – nach der Klarstellung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Januar 2006 darf sie allerdings insgesamt höher sein als 50 v. H.

Kritik: Mit der Vermögensteuer wird bereits versteuertes Einkommen, das zu Vermögen wurde, noch einmal besteuert.

Der Vorwurf der „Mehrfachbesteuerung“ wird gerne vorgebracht, um zu begründen, dass eine spezielle Besteuerung unangebracht ist. Dabei gibt es bereits heute Mehrfachbesteuerung in vielen Fällen, was diese Kritik ad absurdum führt: Wenn jemand etwas kauft und dabei Mehrwertsteuer abführt, dann hat er oft aus bereits  versteuertem Einkommen bezahlt. Auch die Erbschaftsteuer, die dieser Kritik so nicht unterliegt, geht oft auf eine Mehrfachbesteuerung zurück.

Generell gilt für die SPD-Vorschläge bei der Vermögensteuer dasselbe wie für das Vorhaben, den Tarif bei der Einkommensteuer im oberen Bereich leicht anzuheben: Mit ihrer Realisierung würden lediglich diejenigen einen stärkeren Beitrag zur Finanzierung der Gesellschaft leisten, die das auch verschmerzen können. Die vorgeschlagene Mehrbelastung bei der Einkommensteuer setzt moderat erst ab einem Einkommen von 64.000 Euro/Einzelveranlagung bzw. 128.000 Euro/gemeinsame Veranlagung ein.

In der Diskussion über die Wiedererhebung der Vermögensteuer beziehungsweise die Anhebung des Einkommensteuerspitzensatzes kann es auch hilfreich sein, daran zu erinnern, dass mit Relevanz für hohe Einkommen, Vermögen und Unternehmen folgende Steuern und damit Belastungen nicht mehr bestehen: Lohnsummensteuer, Gesell-schaftsteuer, Wechselsteuer, Gewerbekapitalsteuer, Börsenumsatzsteuer (die allerdings in Form einer Finanztransaktionssteuer wiederauferstehen sollte). Hinzu kommen erhebliche Satzsenkungen bei der Körperschaftsteuer und erhebliche Absenkungen des Einkommensteuertarifs seit 1998.

Fazit: Mit dem Steuer- und Finanzkonzept der SPD liegt ein durchgerechneter und gerecht gegenfinanzierter Vorschlag für ein solidarisches und wirtschaftlich erfolgreiches Gemeinwesen vor.