Zuerst erläuterte Prof. Carstensen aus seiner Sicht die Ursachen für die Wirtschafts- und Finanzkrise. Er führte die vom Platzen der Immobilienblase in den USA ausgelöste Krise auf tieferliegende Ursachen, wie das Ausblenden von Risiken zurück. Eine Rolle habe auch gespielt, dass wegen der Haftungsbeschränkungen bei Banken wie Privatpersonen die Verschuldung als etwas Positives angesehen worden sei. Überdies sei Geld billig gewesen. Carstensen plädierte dafür, die Haftungsrisiken zu erhöhen und auch die Eigenkapitalquote bei Banken heraufzusetzen. International müssten die Finanzinstitute einer besseren Aufsicht unterstellt werden. Der Sachverständige wandte sich indes gegen die These, die große Krise habe das Ende der Marktwirtschaft eingeläutet: Sowohl in den USA wie in Deutschland würden im historischen Kontext die Wachstumsraten weiterhin nach oben weisen.
Dr. Reuter nahm eher die hausgemachten Ursachen krisenhafter Entwicklungen in den Fokus seiner Ausführungen. So sei die Binnennachfrage zu gering, was seiner Meinung nach an der ungleichen Verteilung von Vermögen und Arbeitnehmereinkünften gelegen habe. Er stellte dar, dass, anders als in den meisten EU-Ländern, die Lohnentwicklung in der Bundesrepublik zeitweise sogar rückläufig gewesen sei. Dies habe auch die deutsche Exportfähigkeit verbessert und die Exportüberschüsse noch weiter wachsen lassen, was jedoch international die Ungleichgewichte verstärke. Für ihn ergeben sich aus der Krise Lehren wie die Stärkung der Binnennachfrage und wirtschaftliche Reformen, wie eine Ausweitung öffentlicher Ausgaben, ein ökologischer Umbau oder eine Aufwertung der Dienstleistungen. Finanzieren könne man dies u. a. durch eine ökologisch-sozial orientierte Steuerreform. Darunter zählen für ihn die Anhebung des Spitzensteuersatzes, die Erhöhung der Körperschaftssteuer, die stärkere Besteuerung großer Erbschaften, die Einführung einer Vermögens- und Finanztransaktionssteuer sowie eine Förderung ökologischen Verhaltens. Auch solle die Demokratisierung der Wirtschaft vorangetrieben werden. Hätten Arbeitnehmer mehr Mitsprachemöglichkeiten, könnten Fehlentwicklung besser eingedämmt werden.
Dr. Ott erläuterte der Kommission die ökologische Dimension des heutigen Themas.
Er stellte die drastischen Konsequenzen eines zu hohen Ressourcenverbrauchs und Schadstoffausstoßes heraus. Er veranschaulichte dies an folgenden Zahlen: Weltweit würden täglich 75 Millionen Tonnen Kohlendioxid emittiert, 50.000 Hektar Wald zerstört oder 350.000 Tonnen Fisch gefangen. Auch schreite das Aussterben biologischer Arten unvermindert voran. Entsprechend dem Ressourcenverbrauch und der Schadstoffbelastung wurden nach den Ausführungen des Abgeordneten 2005 eigentlich bereits 1,3 Erden benötigt. Er verdeutlichte dies anhand des World Overshoot Day. Demnach war im Jahr 1990 am 7. Dezember die jährliche Traglast der Erde bereits erreicht. 2010 lag dieser Termin bereits am 21. August. Der Grünen-Politiker hob den engen Zusammenhang zwischen der Klimaerwärmung und dem Kohlendioxid-Ausstoß hervor. Wolle man das 2-Grad-Ziel erreichen, so könne man bis 2050 nur noch 700 Giga-Tonnen CO2 emittieren. Würden wir so weiter machen wie bisher, sei allerdings diese Menge schon in 20 Jahren erreicht. Je eher man mit der Reduzierung der Treibhausgase beginne, desto flacher könne der Reduktionspfad ausfallen. Würden wir erst sehr spät mit einer nennenswerten Reduktion beginnen, müsste die Einsparung in kurzer Zeit wesentlich drastischer ausfallen. Würden sich alle Menschen auf der Erde so verhalten wie die Einwohner der OECD-Staaten, wäre nach seinen Ausführungen der Naturraum von vier Erden notwendig.
Prof. Miegel nahm in seiner Stellungnahme Bezug auf die demographische Entwicklung. Nach seinen Ausführungen würden in Zukunft neben den Menschen aus Japan und Russland die aus Deutschen die weltweit älteste Bevölkerung stellen. Er sähe aber große Chancen in einer älteren Gesellschaft, die sei u. a. friedfertiger und resourcenschonender. Seiner Meinung nach sei eine wesentliche Konsequenz der „unabänderlichen demographischen Verwerfungen“, nach Wegen zu suchen, um das bestehende Wirtschafts- und Sozialstaatsmodell zu erhalten. Hintergrund ist die Entwicklung des zahlenmäßigen Verhältnisses zwischen den Finanziers und den Leistungsbeziehern der Sozialversicherung. Da der durch Schrumpfung und Alterung der Gesellschaft verursachte Rückgang der Erwerbsbevölkerung nicht allein durch Zuwanderung und eine größere Zahl berufstätiger Älterer ausgeglichen werden könne, würden ”jüngere Frauen zur wichtigsten Arbeitskräftereserve der Zukunft“, betonte Miegel. Allerdings würde Zuwanderung ein immer gewichtigerer Faktor für die Aufrechterhaltung unseres Systems werden. So würden um etwa 2070 rund ein viertel aller in Europa lebenden Manschen aus Afrika oder Asien stammen.
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