Deswegen hat Rot-Grün 2000 mit dem vereinbarten Atomkonsens den Einstieg in den Ausstieg aus der Atomenergie begonnen und parrallel dazu neue Formen der Energieherstellung massiv gefördert. Erste Atommeiler wurden bereits vom Netz genommen, andere wären 2010, 2011 und den darauffolgenden Jahren gefolgt und 2022 hätte Deutschland den Ausstieg aus der Atomenergie geschafft.

Dies hat die schwarz-gelbe Laufzeitverlängerung - als Geschenk an die Atomlobby - durchkreuzt: Nun gilt selbst für die Schrottmeiler, dass sie noch mindestens acht Jahre am Netz bleiben können. Für neuere Reaktoren gelten sogar mindestens 14 Jahre.

Unbeirrt hat Schwarz-Gelb vor gut einem halben Jahr im „Herbst der Entscheidungen“ Sicherheitsfragen die Atomkraftwerke betreffend ignoriert, auf die lange Bank geschoben und die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke durchgedrückt. Vor dieser Kulisse wirkt es hochgradig unglaubwürdig, dass die Kanzlerin gegenwärtig aus echter Einsicht zurückrudert. Es drängt sich auf, dass das dreimonatige Atom-Moratorium und die vorläufige Abschaltung der acht ältesten und gefährlichsten Reaktoren, vielmehr den anstehenden Landtagswahlen geschuldet ist.

Denn im „Herbst der Entscheidungen“ haben es CDU/CSU und FDP entgegen aller Warnungen auch aus der Wissenschaft vermieden, die Sicherheitsfrage eingehend zu prüfen. Nach monatelangem Streit über Steuersenkungen wollte Merkel nach der Sommerpause Entscheidungsfähigkeit der Koalition demonstrieren. Da waren alle berechtigten Einwände egal. Im Ergebnis wurden die Sicherheitsprobleme nicht nur ignoriert, sondern die Sicherheitsstandards sogar noch gesenkt. Dabei waren die Probleme der deutschen Atomkraftwerke allen bekannt.

Wir haben hier ein paar Zitate einiger schwarz-gelber Politiker zusammengetragen, die die Glaubwürdigkeitsfrage mal ganz plastisch vor Augen führen.

Vor der Katastrophe in Japan:

"Wir haben heute schon die sichersten Kernkraftwerke der Welt."

(Angela Merkel, PK zum Energiekonzept, 06.09. 2010)

"Die Kernkraftwerke werden abgeschaltet, wenn wir das Zeitalter der erneuerbaren Energien erreicht haben, aber sie werden nicht abgeschaltet nach Ideologie."

(Angela Merkel, auf einer CDU-Regionalkonferenz in Wiesbaden, 06.10.2010)

Nachher:

"Ich sage ganz deutlich: Es gibt bei dieser Sicherheitsüberprüfung keine Tabus."

(Merkel, 14.03.2011)

 

Vor der Katastrophe in Japan:

"Wir brauchen 15 plus x Jahre Laufzeitverlängerung. 15,16,17 Jahre halte ich für sinnvoll."

(Stefan Mappus, FTD, 12.07.2010)

Nachher:

"Neckarwestheim I wird abgeschaltet - dauerhaft - und stillgelegt."

(Mappus, 15.03.2011)

"Ich mach keine Kehrtwende"

(Mappus, 15.3.2011)

 

Vor der Katastrophe in Japan:

Neckarwestheim 1 erfüllt "alle aus sicherheitstechnischer Sicht zu stellenden Anforderungen".

(Tanja Gönner (CDU) auf eine Anfrage der Grünen im Landtag, Süddt. Ztg., 22.02.2011)

Nachher:

"Wenn die Sicherheit nicht gewährleistet ist, wird es auch eine Abschaltung geben."

(Gönner am 14. März 2011 zur möglichen Abschaltung von Atomkraftwerken in ihrem Bundesland vor der Landtagswahl am 27. März)

 

Vor der Katastrophe in Japan:

"Es wäre ein völlig falsches Signal, wenn Neckarwestheim jetzt vom Netz ginge. Dieses Kraftwerk muss weiterbetrieben werden."

(Volker Kauder, Stuttgarter Ztg., 14.01.2010)

Nachher:

"Alle Sicherheitsstandards müssen jetzt im Zusammenspiel von Bund und Ländern auf den Prüfstand - und zwar rasch und gründlich. Besonders gilt das natürlich für die Frage der Notstromversorgung. Alles andere wäre unverantwortlich."

(Kauder, Bild, 15.03.2011)

 

Vor der Katastrophe in Japan:

"Solange die Kernkraftwerke unsere hohen Sicherheitsstandards erfüllen und solange sie für unseren Energiemix unverzichtbar sind, sollten wir sie am Netz lassen."

(Seehofer, Rheinische Post, 27.02.2010)

Nachher:

"Maximale Sicherheit hat Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen."

(Seehofer, 14.03.2011)

 

Vor der Katastrophe in Japan:

"Der überstürzte Ausstieg aus der deutschen Kernenergie bedeutet den Einstieg in die tschechische Atomkraft. Denn dann müssen wir Strom aus Temelin importieren. Das wäre unglaubwürdig."

(Söder, BamS, 27.02.2010)

Nachher:

"Wenn die Laufzeitverlängerung ausgesetzt wird, muss Isar 1 in diesem Jahr vom Netz. Ich glaube, es sollte dann abgeschaltet bleiben."

(Söder, 14.03.2011)

 

Vor der Katastrophe in Japan:

"Ich kann keinen ökologischen Fortschritt darin erkennen, wenn wir in Deutschland die sichersten, modernsten, besten Energietechniken der Welt abschalten, um am Tag danach Strom aus viel unsichereren Kraftwerken aus dem Ausland einzukaufen."

(Guido Westerwelle, Hamburger Abendblatt, 22.09.2009)

Nachher:

"Wir brauchen auch eine neue Risikoanalyse. Wenn es Defizite gibt, müssen diese Kraftwerke nicht irgendwann, sondern jetzt nachgerüstet werden und können nicht länger betrieben werden."

(Westerwelle, 14.03.2011)

 

Vor der Katastrophe in Japan:

"Wir wollen einen mittleren Zeitraum Verlängerung haben, und zwar nicht wegen der Energieversorgungsunternehmen - für die verlängern wir die Restlaufzeit nicht -, sondern weil wir eine sichere Energieversorgung in Deutschland brauchen."

(Lindner, August 2010 in: spiegel.online, 15.03.2011)

Nachher:

"Wenn sich auf alte Fragen neue Fakten ergeben, dann muss entschieden werden, und deshalb gibt es jetzt eine Zäsur."

(Lindner, DLF, 15.03.2011)

 

Vor der Katastrophe in Japan:

"Die Szenarien haben ergeben, dass der volkswirtschaftliche Nutzen bei einer Laufzeitverlängerung zwischen 12 und 20 Jahren höher ist als bei den Extrem-Varianten mit 4 und 28 Jahren."

(Rainer Brüderle, WirtschaftsWoche, 30.08.2010)

Nachher:

"Es hat sich eine neue Lage ergeben."

(Brüderle begründet am 14. März 2011 den von ihm geforderten raschen Übergang zu regenerativen Energien.)