Deutschland sei besser durch die Krise gekommen als andere Volkswirtschaften in Europa, sagte Heil am Donnerstag in der Bundestagsdebatte zum Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung.  Eine wesentliche Ursache dafür sei, dass Deutschland ein starkes industrielles Rückgrat habe: „Von der Grundstoffindustrie bis zu den High-Tech-Schmieden haben wir eine Wertschöpfungskette, die andere Länder so nicht haben.“ Dies habe dazu geführt, „dass wir in den letzten Jahren als exportstarkes, wettbewerbsfähiges Land mit den besten Produkten, Verfahren und Gütern auf den Märkten der Welt erfolgreich waren.“

Allerdings: Diese Stärke der deutschen Wirtschaft könne sich dauerhaft auch zur verwundbaren Stelle entwickeln, warnte Heil. „Wir können als Exportnation nicht dauerhaft erfolgreich sein, wenn es dem Rest Europas schlecht geht, weil die Nachfrage wegbricht.“ Unsere Volkswirtschaft brauche andere Länder und Märkte, die in der Lage seien, deutsche Produkte, Verfahren und Dienstleistungen auch abnehmen zu können.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen sei eine Doppelstrategie nötig, so Heil - bestehend aus einer Stärkung der Binnennachfrage und der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit anderer europäischer Staaten.

 

Rede des Stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, Hubertus Heil, zur Regierungserklärung Jahreswirtschaftsbericht 2012

 

Europäisches Wachstumsprogramm

Um die wirtschaftliche Dynamik schwacher Euro-Länder anzukurbeln, forderte Heil ein europäisches Wachstumsprogramm. Er nannte es eine „ökonomische Fehlentwicklung“, dass sich manche europäische Länder von realwirtschaftlichem Handeln und industrieller Produktion verabschiedet hätten. Die wirtschaftliche Entwicklung in diesen Ländern brauche Strukturen – Infrastruktur, aber auch eine industrielle Struktur.

Ein Fiskalpakt reiche dafür nicht aus. Wer glaube, alleine mit kurzfristigen Hilfskrediten und Sparauflagen schwache EU-Staaten ökonomisch wieder auf die Beine zu bringen, habe nichts begriffen. „Was Sie betreiben ist Voodoo-Ökonomie: zu glauben mit Sparauflagen und Hilfskrediten diese Länder wieder flott zu machen. Das hat mit ökonomischem Sachverstand nichts zu tun.“

Scharfe Kritik übte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende auch an der FDP-Blockade beim Thema Finanztransaktionssteuer. Eine solche Steuer sei dringend nötig, bekräftigte Heil –als Bremse gegen volkswirtschaftliche schädliche Spekulationen, aber auch, um aus ihrem Aufkommen ein wirtschaftliches Aufbauprogramm in Europa zu finanzieren. „Sie sind zu einem Standortrisiko geworden durch Ihr Handeln in der Bundesregierung“, kritisierte Heil die Haltung der FDP in dieser Frage.

 

Rede des wirtschaftspolitischen Sprecher, Garrelt Duin, zur Regierungserklärung Jahreswirtschaftsbericht 2012

 

Stärkung der Binnennachfrage

Um die Binnennachfrage in Deutschland strukturell zu stärken, forderte Heil öffentliche und private Investitionen in Bildung, Forschung und Infrastruktur sowie eine angemessene Lohnentwicklung.

Auch der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Garrelt Duin, sagte, nötig sei ein Investitionsklima, um überfällige Investitionen in die Infrastruktur auszulösen. Zudem müssten der Fachkräftemangel bekämpft, der Mindestlohn eingeführt, Missbrauch der Leiharbeit verhindert und gleicher Lohn für gleiche Arbeit in der Leiharbeit, aber auch für Männer und Frauen, durchgesetzt werden. Zudem forderte Duin einen Masterplan zur Bewältigung der Energiewende und Maßnahmen zur Stärkung der technologischen Leistungsfähigkeit Deutschlands.

„Angesichts der  realwirtschaftlichen Ursachen und Auswirkungen der Krise brauchen wir eine aktive und vorsorgende Wirtschaftspolitik, damit Deutschland und Europa auf einen höheren Wachstumspfad kommen“, schreiben die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in einem Antrag zur wirtschaftlichen Lage.

Wirtschaftlichen Stillstand kann sich Deutschland nicht leisten. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat sich in den vergangenen zwei Jahren vorwiegend mit sich selbst beschäftigt, sich auf einer guten Konjunktur ausgeruht und die Früchte der Vorgängerregierungen geerntet. Garrelt Duin warf der Regierung Kurzsichtigkeit vor: „Sie verstehen nichts von Vorsorge.“