Die Bundeskanzlerin Angela Merkel hätte sich hinter den Verteidigungsminister gestellt, als seien das Kleinigkeiten, die Herrn Guttenberg vorgeworfen wurden. “Tatsächlich war es eine Demütigung der gesamten Wissenschaftslandschaft in Deutschland. Sie hat ihre Glaubwürdigkeit selbst dem Machtpoker geopfert”, sagte Steinmeier.

Steinmeier hat auch Zweifel, dass zu Guttenberg wieder in die Politik zurückkehrt: “Wenn er auf die gehört hätte, die ihm vor vierzehn Tagen empfohlen haben, jetzt einen Weg zu wählen, der ihm nach den Wahlen 2013 einen Wiedereinstieg in die große Politik ermöglicht, dann Ja. Jetzt, nachdem er seine eigenen Reden über Ehre und Anstand jeden Tag Lügen gestraft hat, kann ich mir das nicht vorstellen.”

Auch der erste Parlamentarische Geschäftsführer Thomas Oppermann attestierte: „Der Rücktritt war überfällig und unausweichlich. Minister Guttenberg hat endlich die Konsequenzen gezogen. Für die Kanzlerin kommt dieser Rücktritt zu spät. Sie hat sich kräftig blamiert, ihre Glaubwürdigkeit ist beschädigt, sie hat dem Ruf der Politik Schaden zugefügt."

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Gernot Erler meinte, die Kanzlerin habe ganz offensichtlich die zerstörerische Wirkung der Plagiatsaffäre auf ihre eigene Wählerklientel unterschätzt. “Dass sie dabei sämtliche Grundprinzipien ihres bürgerlichen Wertekanons machttaktischen Kriterien opferte, wird man ihr so schnell nicht verzeihen,” sagte Erler. 

Für neuen Verteidigungsminister bleibt ein Berg ungelöster Aufgaben - Guttenberg wäre an Bundeswehrreform politisch gescheitert

Dramatischer wiege der angerichtete Schaden für die Bundeswehr. “Zurück bleibt eine unfertige Bundeswehrreform, die bereits jetzt schwerwiegende konzeptionelle Mängel aufweist. Es ist völlig unklar, wie die notwendige Anzahl an Freiwilligen, welche die Bundeswehr Jahr für Jahr benötigt, gewonnen werden kann”, so Erler weiter.

Zurück blieben auch verunsicherte Soldatinnen und Soldaten, sowohl im Auslandseinsatz als auch im Inland, die in den zurückliegenden 14 Tagen den Eindruck haben gewinnen müssen, “dass Werte wie Anstand, Ehre und Ehrlichkeit zwar für sie, aber offenbar nicht für ihren obersten Dienstherrn zu gelten haben,” machte der Fraktionsvize deutlich.

Wer auch immer zu Guttenbergs Nachfolge antrete würde einen Berg ungelöster Aufgaben vorfinden. Die Sparvorgaben zu erfüllen und gleichzeitig die Bundeswehr von einer Wehrpflichtigenarmee auf eine Freiwilligenarmee umzustellen, komme der Quadratur des Kreises gleich. “Spätestens daran wäre zu Guttenberg politisch gescheitert. Das hat er offenbar erkannt und daraus jetzt verspätet die Konsequenzen gezogen, “erklärte Erler.

Guttenbergs Rücktritt birgt die Chance, die Reform vom Kopf auf die Füße zu stellen

Nach dem Rücktritt von zu Guttenberg sei angesichts der Bundeswehrreform laut dem sicherheitspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion Rainer Arnold ein starker Minister gefragt. Dieser müsse die Interessen der Truppe gegenüber den Sparplänen des Kanzleramtes und des Finanzministeriums durchsetzen können. “Die These, dass Guttenberg in dieser Hinsicht ein guter Minister war, kann ich nicht teilen”, stellte Arnold fest. 

Doch für die geplante neue Struktur der Bundeswehr sei der Rücktritt des Ministers die große Chance, Fehler zurückzunehmen und “die Reform wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen”, so Arnold. Eine kluge Reform sehe anders aus, dass habe zuletzt selbst das Kanzleramt erkannt. Um jetzt noch eine vernünftige Lösung hinzubekommen, müssten drei Voraussetzungen erfüllt sein:

Die Bundeswehr müsse aus einer sicherheitspolitischen Neubewertung heraus verändert werden, nicht nach einem Spardiktat. Dazu gehöre die Fragestellung, welche Fähigkeiten die Streitkräfte der Zukunft behalten sollen, und auf was verzichtet werden kann.

“Durch die Aussetzung der Wehrpflicht muss im Mittelpunkt die Attraktivität des Soldatenberufes stehen. Die an sich gute Idee der SPD zur Einführung eines freiwilligen Wehrdienstes muss zwingend in ein gesamtgesellschaftliches Konzept zur Stärkung aller freiwilligen Dienste eingebettet werden, sonst kann man es gleich lassen,” erklärte Arnold.

Die Bundeswehr verdient einen starken und durchsetzungsfähigen Minister

Die Bundeswehr verdiene einen starken und durchsetzungsfähigen Minister. Die SPD-Fraktion hoffe, dass der Nachfolger oder die Nachfolgerin von zu Guttenberg die Chance ergreife, Korrekturen an den bisherigen Plänen vorzunehmen. “Dafür ist jetzt und nur jetzt die Zeit. Wir bieten ihm oder ihr dazu unsere konstruktive Zusammenarbeit an,” sagte Arnold.