Durch die Überausstattung der Unternehmen mit Emissionszertifikaten, eine zu niedrige Emissionsobergrenze in der Europäischen Union sowie zu viele Zertifikate aus dem Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung aus Entwicklungsländern (Clean Development Mechanism - CDM-Projekte) besteht ein erhebliches Überangebot an Emissionszertifikaten. Dies führte zu einem enormen Preisverfall bei den Emissionszertifikaten. Mitte 2011 kostete eine Tonne CO2 noch 18 Euro. Im April 2013 liegt der Preis dafür bei nur noch rund 3 Euro. Damit die Unternehmen einen Anreiz haben, in dauerhaft wirksame Klimaschutzmaßnahmen zu investieren, müsste der Verkaufspreis für die Verschmutzungszertifikate bei 20 Euro bis 30 Euro liegen. Angesichts des aktuell sehr niedrigen Preises lohnt es sich für die Unternehmen nicht, in Klimaschutz zu investieren.

Preisverfall beim Emissionshandel - Ebbe im Energie- und Klimafonds

In Deutschland bedeuten die einbrechenden Einnahmen aus dem Emissionshandel auch, dass der Energie- und Klimafonds nicht wie geplant gespeist werden kann. Daraus wollte die schwarz-gelbe Bundesregierung z. B. die CO2-Gebäudesanierung und die Elektromobilität fördern. Mittlerweile musste sie einlenken und Mittel aus dem Bundeshaushalt und über die KfW zur Verfügung stellen. Ansonsten wären alle Projekte nicht zu finanzieren gewesen.

Überschüssige Emissionszertifikate vom Markt nehmen hilft kurzfristig

Damit der europäische Emissionshandel, der auch als Vorbild für andere gilt, wieder seine volle Wirkung entfalten kann, müssen in einem ersten Schritt überschüssige Zertifikate aus dem Markt genommen werden. Dieses so genannte Backloading in Höhe von 900 Millionen Emissionszertifikaten hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, was das Europaparlament am 16. April 2013 in einer ersten Abstimmung mit konservativer und liberaler Mehrheit ablehnte. Das Vorhaben ist nun an den Umweltausschuss des Europaparlaments zurücküberwiesen worden und wird in etwa zwei Monaten wieder im Parlament zur Abstimmung stehen.

Die SPD-Fraktion fordert die Bundesregierung in ihrem Antrag auf, die EU-Kommission bei ihrem Vorschlag zu unterstützen, CO2-Zertifikate vorübergehend aus dem Markt zu nehmen. Es liegt in Merkels Verantwortung, das zu entscheiden und in ihrer Koalition durchzusetzen. Wenn es kein klares Signal für einen wirkungsvollen Emissionshandel gibt, dann wird das System in Frage gestellt werden. Ein funktionierender, weltweiter Emissionshandel steht für faire Wettbewerbsbedingungen und neue Schlagkraft für den Klimaschutz.

Emissionshandel braucht strukturelle Änderungen

Allerdings kann das Backloading nur ein erster Schritt sein, mittel- bis langfristig muss der Emissionshandel durch strukturelle Maßnahmen zukunftsfähig gemacht werden. Dazu gehört z. B. die ehrgeizige Absenkung der zulässigen Gesamtmenge an CO2-Emissionen (Cap) sowie die Erhöhung des Treibhausgas-Reduktionszieles auf 30 Prozent bis 2020 in der EU sowie die Berücksichtigung von Effienzzielen und der Wirkung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien. Nur so wird es zu Effizienzsteigerungen in den Unternehmen kommen.

Was sind die Gründe für die negativen Entwicklungen im Emissionshandel?

Zunächst wurden an die Unternehmen viel zu viele Verschmutzungszertifikate ausgegeben. Zudem wurde den Unternehmen gestattet, die verbliebenen Zertifikate aus der ersten Handelsperiode von 2008 bis 2012 in die neue Handelsperiode zu übertragen. Außerdem konnten Unternehmen durch teilweise fadenscheinige Projekte in Entwicklungsländern über den Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung „Gutschriften“ von Verschmutzungszertifikaten erwerben. Diese Konstruktionsfehler sollten in einem weltweiten Zertifikatemarkt vermieden werden.

Anja Linnekugel