Wir als SPD fordern die Bundesregierung mit unserem Antrag daher auf, ihrer Verantwortung für dieses internationale Großprojekt gerecht zu werden.

Sehr geehrte/r Frau/Herr Präsident/in,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

mehr Fracht, größere Schiffe: der Handel im Ostseeraum wächst stürmisch – und damit auch das Verkehrsaufkommen auf Europas größtem Binnenmeer.

Bereits heute entfallen auf den Ostseeraum knapp 15 Prozent des Welthandels. Die Aussichten sind gut, dass diese Wirtschaftsdynamik in Zukunft weiter anhält.

Eine der wichtigsten „Meeres-Autobahnen“ zwischen Ost und West ist der Fehmarnbelt. 35.000 Schiffe passierten allein im Jahr 2010 die knapp 19 Kilometer breite Wasserstraße zwischen der Südküste von Lolland und Fehmarn in der westlichen Ostsee. Hinzu kommen rund 38.000 Fährüberfahrten zwischen Puttgarden und Rodbyhavn.

In den kommenden Jahren wird die Meerenge vollends zum Nadelöhr. Denn während der siebenjährigen Bauzeit des Absenktunnels zwischen Dänemark und Deutschland wird der Schiffsverkehr durch Bagger und Arbeitsschiffe stark ansteigen.

Der Bau der festen Querung ist nicht nur das wichtigste Infrastrukturprojekt des kommenden Jahrzehnts – der Fehmarnbelt wird in den nächsten Jahren auch zur größten Baustelle Europas werden. Baubeginn für den Tunnel ist für 2015, die Fertigstellung für 2021 geplant.

Bei einem Bauvorhaben von solcher Dimension stellt sich unweigerlich die Frage der Verkehrssicherheit in einem Gebiet, das die International Maritime Organization (IMO) im Jahr 2005 als „besonders empfindliches Meeresschutzgebiet“ (PSSA) ausgewiesen hat.

Die jetzt von der dänischen Regierung gewählte Bauvariante eines Absenktunnels berücksichtigt die Sicherheit der Seeschifffahrt und zeigt die geringsten Auswirkungen auf die Umwelt. Doch es handelt sich um ein in vielerlei Hinsicht komplexes und einzigartiges Projekt.

Wir als SPD fordern die Bundesregierung mit unserem Antrag daher auf, ihrer Verantwortung für dieses internationale Großprojekt gerecht zu werden. Sie muss sich für verstärkte Sicherheitsvorkehrungen in der Bauphase einsetzen, um das vom Schiffsverkehr ausgehende Gefährdungspotenzial für die Ostsee zu verringern.

Der Meeres- und Küstenschutz ist für die nachhaltige Entwicklung des maritimen Wirtschaftsraums Ostsee unabdingbar. Käme es zum „worst case“, wäre nicht nur das sensible Ökosystem Ostsee gefährdet, sondern auch der Tourismus als einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in den Küstenregionen.
Wenngleich die Verantwortung für den Bau der Querung gemäß Staatsvertrag bei Dänemark liegt, ist es auch an der Bundesregierung, sich gegenüber dem Partner in Kopenhagen, den Ostseeanrainern und im Rahmen der IMO für ein Höchstmaß an Sicherheit einzusetzen.

Experten gehen von einer Zunahme des Schiffsverkehrs in der Ostsee von 40 Prozent allein in den nächsten drei Jahren aus.

Immer stärker bestimmen die ganz großen Pötte im Fehmarnbelt das Bild. Inzwischen fahren die beiden weltweit größten Containerreedereien immer öfter mit Containerschiffen aus Asien oder Nordamerika kommend bis in die Ostsee. Ein Grund für diese Entwicklung sind die stetig wachsenden Ladungsmengen für Osteuropa, die auch den Einsatz der Mega-Liner bis in die Ostsee wirtschaftlich machen.

Zugleich steigt der Anteil der Fahrten russischer Öltanker – die immer noch keinen Doppelhüllenstandard haben, aber heute fast die dreifache Menge Öl laden wie noch vor 15 Jahren.

Bei einem solchen Verkehrsaufkommen ist eine Großbaustelle, wie sie der Absenktunnel erfordert, eine Herausforderung.

Der Tunnel wird – auf einer Gesamtlänge von 17,6 Kilometern, aus Einzelelementen bestehen, die in einen ausgehobenen Graben im Meeresboden gesenkt werden. Hinzu kommen die kurzen Anschlusstunnel bei Puttgarden und Rodbyhavn, die der Landanbindung dienen und für die auf künstlichen Landaufspülungen erbaut werden.

Die Auswirkungen der geplanten Bauarbeiten auf die Schiffssicherheit und die Kollisionswahrscheinlichkeit müssen vorab eingehend untersucht werden.

Als Maßnahmen müssen Verkehrsleitsysteme, verpflichtende Eskorten von Begleitschleppern und Lotsenpflicht angeordnet werden können, um die Sicherheit des Schiffsverkehrs zu erhöhen.

Leider haben die Erfahrungen gezeigt, dass die Lotsenannahmepflicht nicht so leicht umzusetzen ist. Deutschland und Dänemark können sie nicht im Alleingang einführen, und freiwillig werden die Lotsendienste so gut wie nicht genutzt.

Die Bundesregierung muss sich daher im Rahmen der IMO nachdrücklich für eine Lotsenpflicht für stark befahrene enge Gewässer wie den Fehmarnbelt oder die Kadettrinne einsetzen.

Außerdem fordern wir eine festgelegte Transitroute etwa für große Tanker und Containerschiffe zum Passieren des Baustellenbereichs – insbesondere dann, wenn Schiffe mit gefährlicher Ladung unterwegs sind.

Eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern sollte den Bauablauf überwachen und sich eng mit dem Baustellenmanagement der Planungsgesellschaft Femern A/S sowie den dänischen Behörden abstimmen.

Auch der Ausbau, die Weiterbildung und Ausrüstung der zuständigen Berufsfeuerwehren für seeseitige Einsätze müssen Teil der Vorsorge sein, ebenso wie die Einbindung des Havariekommandos von Bund und Küstenländern.

Wir müssen dringend Kurs auf mehr Sicherheit nehmen, um eine reibungslose Realisierung des Großprojekts Fehmarnbelt-Querung zu gewährleisten.
Klar ist: das ist kein einfaches Fahrwasser. Eine Lösung für den Ostseeraum erfordert ein eindeutiges Ziel und einen klaren Kompass.

Aber fest steht auch: Maritime Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif. Und: Die ökologischen und ökonomischen Kosten für einen Schiffsunfall im Fehmbarnbelt wären ungleich höher.

Hinweis: Diese Rede wurde zu Protokoll gegeben.