Der Stromleitungsbau ist ein Eckpfeiler der Energiewende in Deutschland. Am 1. Juli haben die Parteivorsitzenden von SPD und Union dazu wegweisende Beschlüsse gefasst, die wir mit dem Gesetz umsetzen. Damit kann der notwendige Energieleitungsbau in Deutschland endlich wieder Fahrt aufnehmen. Die großen Gleichstromtrassen SuedLink und Südostpassage werden überwiegend (80-90%) erdverkabelt. Damit kann der Netzausbau nun bürgerakzeptiert fortgesetzt werden.

 

Sehr geehrter Herr Präsident!
eine sehr verehrten Damen und Herren! 
Liebe Kolleginnen und Kollegen! 

Der Stromleitungsbau ist ein Eckpfeiler der Energiewende. Leider ist der Ausbau in den letzten Jahren nicht so erfolgt, wie wir uns das vorgestellt hatten,

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er ist gescheitert!)

und auch nicht so, wie wir es nötig gehabt hätten angesichts der erfreulichen Fortschritte im Bereich Ausbau der erneuerbaren Energien.

Spätestens seit den Beschlüssen der Parteivorsitzenden vom 1. Juli mit dem Vorrang für Erdverkabelung im Gleichstromsektor kann der notwendige Leitungsausbau wieder Fahrt aufnehmen.

(Lachen des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Idee des Primats der Erdverkabelung wurde allerdings nicht erst am 1. Juli 2015 geboren. Bereits bei der ersten Lesung des Gesetzes am 24. April haben wir darüber gesprochen. Während die Linken den SuedLink damals gar nicht erdverkabeln wollten, habe ich für meine Fraktion für den Erdkabelvorrang im Gleichstromsektor plädiert.

Der zentrale Begriff im Zusammenhang mit dem Ausbau der Energieleitungen lautet: Bürgerakzeptanz. Nur wenn die Bürgerinnen und Bürger den Leitungsausbau genauso unterstützen wie die Energiewende an sich, kann die Energiewende auch gelingen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich habe, wie viele Kollegen auch, überall in Deutschland viele Gespräche mit Bürgerinitiativen vor Ort geführt, auch hier in Berlin. Ich traf auf Menschen, die durchweg für die Gestaltung der Energiewende waren. Man hatte auch Verständnis für die Notwendigkeiten des Leitungsbaus. Diese Menschen baten aber auch um Verständnis für ihre Situation und um die Beachtung ihrer Interessen. Die Gründe, die sie genannt haben, haben wir in der erfolgten Anhörung noch einmal aufnehmen können.

Die Menschen haben in Bezug auf den oberirdischen Leitungsausbau Sorge: Sorge um das Landschaftsbild, Sorge um den Werterhalt ihrer Immobilien, Sorge um den Erhalt der Wertschöpfung in den ländlichen Regionen, in denen sich der Tourismus gerade erst etablieren konnte – er ist manchmal die einzige Möglichkeit, sich wirtschaftlich zu entwickeln –, und es gab auch die Sorge um gesundheitliche Auswirkungen hinsichtlich des Baus von Stromleitungen. Diese Sorgen muss man ernst nehmen, und wir haben sie ernst genommen.

Die Lösung des Zielkonfliktes zwischen notwendigem Leitungsbau und Sorge der betroffenen Bürgerinnen und Bürger lautet: Erdkabel. Jetzt haben wir den Vorrang und werden den SuedLink und die Süd-Ost-Passage zu 80 bis 90 Prozent unterirdisch verlegen.

Als Argument gegen die Erdverkabelung habe ich oft gehört, die Erdkabel seien acht- bis zehnmal teurer. Dazu kann ich nur auf Ostfriesisch sagen: Wenn Geld anfangt tau prooten, kann man de Minsken neet mehr raken. Geld ist wichtig, aber nicht alleine entscheidend; die Belange der Menschen sind mindestens genauso wichtig. Man darf nicht zulassen, dass alleine das Geld entscheidet.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Auch im Drehstrombereich wollen wir mehr Erdkabel, allerdings nur bei insgesamt elf Pilotstrecken, und dort auch nur, wenn die Abstände zu Wohnbebauungen unterschritten oder Naturschutz- oder Artenschutzbelange betroffen sind. Wir haben darüber diskutiert, ob wir die Liste der Pilotvorhaben nicht nur um die Empfehlungen des Bundesrates erweitern wollen, sondern noch weitere Strecken hinzufügen sollten. Dabei ging es nicht um den Regionalproporz – ich gebe zu: Niedersachsen kommt in der Liste der Pilotprojekte eigentlich ganz gut weg –, sondern darum, dass wir bestimmte dringend notwendige Leitungen eventuell gar nicht bekommen, wenn wir sie nicht an den jeweils neuralgischen Punkten unterirdisch verlegen.

Ich wurde in diesem Zusammenhang in den vergangenen Wochen und Monaten von vielen Kolleginnen und Kollegen angesprochen und darum gebeten, dass wir den Fokus im Gesetzgebungsverfahren auf bestimmte Leitungen richten. Ich bedauere, dass uns das aus Sicht dieser Kolleginnen und Kollegen nur unzureichend gelungen ist. Ich kann mir deshalb vorstellen, dass wir uns in Zukunft mit der einen oder anderen Leitung zusätzlich werden beschäftigen müssen; denn was wir nicht wollen, ist das, was gerade in der Uckermark-Leitung passieren könnte. Diese Leitung ist nicht als Erdkabelleitung vorgesehen. Das Bundesverwaltungsgericht hat gerade gestern in mündlicher Verhandlung die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss verhandelt. Solche Verfahren können wir uns ersparen, wenn die Leitungen an neuralgischen Punkten per Erdverkabelung realisiert werden können.

Wir sind uns, denke ich, darin einig, dass die Redispatchkosten bei Netzengpässen deutlich steigen werden und wir diese nur durch konsequenten Netzausbau begrenzen und beseitigen können. Kurzum: Wenn keine Leitungen gebaut werden, kommt uns das insgesamt wesentlich teurer, als wenn man eine Leitung an den schwierigen Punkten unterirdisch verlegt.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir wissen, dass bestimmte Leitungen komplett als Freileitungen wahrscheinlich gar nicht realisiert werden können, wäre es also nur folgerichtig, diese Leitungen mit einem „F“ für Erdkabelpilotprojekt zu kennzeichnen.

Im Gegensatz zur technisch einfacheren Erdverkabelung wie bei SuedLink im Gleichstrombereich haben wir im Drehstrombereich einen Pilotcharakter für einige Leitungen normiert. Der Pilotcharakter kann meiner Meinung nach im Drehstrombereich heute noch nicht aufgegeben werden, da hier noch besondere technische Herausforderungen bestehen. Auch das wurde uns in der Anhörung ausführlich berichtet. Wir werden mit den Pilotstrecken Erfahrungen mit dieser Technik sammeln können. Wenn alles gut funktioniert, kann anschließend der Pilotcharakter aus meiner Sicht locker gestrichen werden. Dann kann auch im Drehstrombereich die Erdverkabelung generell an den schwierigen Stellen zum Wohle der Menschen in unserem Lande umgesetzt werden.

Ich bedanke mich abschließend herzlich beim Koalitionspartner. Ich kann sagen, dass wir hart, aber immer fair miteinander um den besten Weg gerungen haben. Mit dem Ergebnis können wir alle sehr zufrieden sein, stellt es doch einen weiteren wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Realisierung der Energiewende dar und damit natürlich auch zum Erhalt der Bürgerakzeptanz. Weitere Meilensteine folgen kurzfristig, als da wären: Strommarktdesign, Digitalisierung, EEG 3.0. Es wird uns also nicht langweilig werden in den nächsten Monaten, wenn es um die Energiepolitik geht. Auch bei der Bewältigung dieser Herausforderungen freue ich mich auf eine gute weitere Zusammenarbeit.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)