Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Wehrbeauftragter, lieber Hans-Peter! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Soldatinnen und Soldaten auf der Besuchertribüne!

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Da ist Ihre Redezeit gleich abgelaufen!)

 – Ich habe elf Minuten Redezeit. Sie ist nicht gleich abgelaufen. –

 (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Auch mein Dank geht an den Wehrbeauftragten für seinen Bericht, aber nicht nur an ihn, sondern auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seines Hauses. Sie alle leisten nicht nur eine besonders wertvolle Arbeit bei der Erstellung des Jahresberichtes, sondern Sie helfen mit Ihrer täglichen Arbeit den Soldatinnen und Soldaten und tragen damit zur Verbesserung der Bundeswehr als Arbeitgeber bei. Sie sind eine tolle Truppe, und jeder Einzelne von Ihnen ist unverzichtbar.

4 108 Eingaben sind im letzten Jahr von Ihnen bearbeitet worden. Hinter jeder Eingabe steht ein Mensch, der sich erst einmal die Mühe machen muss, sich hinzusetzen und darzulegen, warum er oder sie sich an den Wehrbeauftragten wendet. Das kostet nicht alle, aber den einen oder anderen vielleicht auch Mühe und Mut. Ich kann nur dazu ermuntern, Sand im Getriebe zu sein. Denn auch ein persönliches Problem kann, wenn es erst einmal auf dem Tisch ist, zur Verbesserung für alle beitragen.

(Beifall bei der SPD)

Insofern sollte auch ein Dank an alle gehen, die sich an den Wehrbeauftragten wenden. „Die Bundeswehr am Wendepunkt“, das ist der Titel, mit dem unser ehemaliger Kollege Dr. Hans-Peter Bartels seinen ersten Bericht vorgestellt hat. Mit Wendepunkten ist das so eine Sache, bei der Bundeswehr wie bei uns allen im Privat- oder Berufsleben. Wer an einem Wendepunkt ankommt, kann nicht mehr einfach so weitergehen wie bisher.

Im Vorwort seines sachlichen Berichts greift der Wehrbeauftragte fast schon ein wenig anrührend auf, was ich bei meinen Besuchen und Gesprächen erlebe: Trotz Mangel an Personal und Material erfüllt die Bundeswehr ihre Aufgabe. Ich habe große Achtung vor Ihnen, liebe Soldatinnen und Soldaten, wie schnell und gut Sie organisieren können und Ihre Aufgaben umsetzen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich möchte insbesondere die Hilfe der Bundeswehr für Flüchtlinge betonen. Hier hat manche Hand mehr geholfen, als der Tag Arbeitsstunden hat; ich habe mir in Lebach ein Bild davon machen können. Es ist lobenswert, dass die Menschen bei der Bundeswehr persönliches Engagement und Zusammenhalt zeigen. Aber bei allem Lob für diese Eigeninitiative und Kreativität: Wir als Abgeordnete können diesen Mangel, diese Baustellen bei der Bundeswehr nicht hinnehmen. Wir tragen Verantwortung für die Menschen, die für uns Verantwortung tragen, und für deren Familien auch.

Ich will gleich bei einer Baustelle im wahrsten Sinne des Wortes beginnen, und zwar direkt in meiner alten Heimat, im schönen Kreis Birkenfeld in Rheinland-Pfalz.

(Thomas Hitschler [SPD]: Bravo!)

Fehlende Ausrüstung und schlechte Infrastruktur, beides ist leider immer noch an der Tagesordnung. Ich will beim Thema Infrastruktur anfangen. Das Artillerielehrbataillon 345 ist 2014 von Kusel nach Idar-Oberstein in die Klotzbergkaserne gezogen. Seitdem warten die Soldaten auf eine Betreuungseinrichtung, und zwar in Form von Containern; denn das wunderschöne Betreuungshaus konnte man nicht sanieren. Nach Aussage des Dienstleistungszentrums gibt es zurzeit auf dem Markt keine Container. Für die EU-Ausschreibung 2015 hat kein Unternehmer ein Angebot abgegeben. Man merke: Umzug 2014, Ausschreibung 2015. Aber wie schön, dass die Soldaten vor Ort jetzt ein Freischwimmbad haben; denn Anfang Dezember 2015 hat man schon einmal eine Baugrube ausgehoben, auf der die Betreuungscontainer stehen sollten. Diese ist bei Regen mit Wasser gefüllt. Die Soldaten freuen sich über ihr Freischwimmbad.

(Anita Schäfer [Saalstadt] [CDU/CSU]: Aber es ist kalt!)

Kennen Sie die Geschichte von den Schildbürgern?

Auch das Thema Ausrüstung nimmt immer wieder einen umfangreichen Teil im Bericht des Wehrbeauftragten ein. Ich bin der Meinung: Ausrüstung fängt nicht bei Hubschraubern, Panzern oder Schiffen an, Ausrüstung fängt direkt am Leibe an. Ich bin in den letzten sechs Monaten zweimal in Erbil gewesen. Die Soldaten dort sind und waren sehr glücklich mit ihrer neuen Flecktarnbekleidung. Super, alles gut – denkt man. Zu Hause angekommen, habe ich dann gehört, dass die Produktion genau dieser von allen gelobten Bekleidung eingestellt worden sei. Begründung des BAAINBw: Die Stoffe seien fehlerhaft. Da staunt der Laie, und auch die Fachmänner haben sich gewundert; denn die Stoffe waren im November ja noch in Ordnung. Wie fühlt sich der Soldat, der seiner Ausrüstung im Einsatz vertraut hat, wenn er nun erfährt, dass der Stoff fehlerhaft gewesen ist?

Ich möchte noch einmal die Kampfstiefel ansprechen, die immer noch nicht da sind. Füße tragen einen ein ganzes Leben, und darum ist es wichtig, gutes Schuhwerk zu haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zur Jahreswende habe ich die Soldatinnen und Soldaten im Kosovo besucht. Auch hier gibt es Probleme mit der Bekleidung. Hier war bei der Ausgabe keine passende Schutzweste zu bekommen. Der Soldat hatte zu Hause Größe M angegeben, bei der Ausgabe war nur noch die Größe XL vorrätig. Kein Problem bei einem Schlafanzug,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

eine Schutzweste muss jedoch passen. Das wissen Sie, das weiß ich, und man fragt sich, wo eigentlich das Problem liegt.

Was stellen Sie sich unter einer NATO-Übung mit dem Titel „Fire Phobia“ vor? Feuer und die Angst davor. Wenn man weiß, was auf einen zukommt, hat man weniger Angst. Darum wird ja auch geübt. Feuer ist heiß, Verbranntes riecht und Verbrennendes raucht. Feuer wirkt intensiv auf die Psyche, weil es so zerstörerisch sein kann. An dieser Übung haben sich unsere Soldaten mit dem Werfen von Wasserplastikflaschen beteiligt. Ich frage Sie: Wie soll der Soldat im Ernstfall reagieren, wenn er tatsächlich mit Feuer in Berührung kommt? „Übe, wie du kämpfst“, heißt es; denn Übungen sind dafür da, im Ernstfall mit Situationen umgehen zu können.

Auch die Verpflegung gehört zu einem gut ausgerüsteten Soldaten.

(Anita Schäfer [Saalstadt] [CDU/CSU]: Ohne Mampf kein Kampf!)

Die Verpflegung muss stimmen, auch in Erbil, wo ich ein paar Tage verbracht habe. Drei Tage hält man die Verpflegung aus, vier Monate sind schon eine Herausforderung für den Magen. Zu Hause wird auf ausgewogene Ernährung und den BMI geachtet. Im Einsatz ist das Essen aber fetthaltig und das Brot ungetoastet ungenieß- bar. Die Soldaten, die morgens zur Ausbildung rausfahren, bekommen ein Lunchpaket mit. Ich habe ihnen drei Sandwichtoaster spendiert, damit sie wenigstens das Brot toasten können.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Henning Otte [CDU/CSU]: Sehr schön!)

Sehr geehrte Damen und Herren, Frauen in der Bundeswehr werden gebraucht und gesucht. Hier ist noch Luft nach oben. Im Berichtsjahr haben wir insgesamt einen Frauenanteil von knapp 11 Prozent. Beim Sanitätsdienst liegen wir bei fast 40 Prozent. Die Zahl der Bewerberinnen hat sich zwar leicht erhöht, aber wir wollen auch, dass Sie, wenn Sie zur Bundeswehr gehen, dabei bleiben, liebe Frauen. Ich weiß, dass Frau Ministerin von der Leyen die Förderung von Frauen und die Chancengerechtigkeit zur Chefinnensache gemacht hat. Ich glaube, dass wir auf einem guten Weg sind, auch wenn wir langsam vorankommen. Zornig macht mich allerdings, dass die militärischen Gleichstellungsbeauftragten Grund zur Klage haben. Fehlende Akzeptanz, mangelnde Unterstützung und Information durch einige Dienststellenleiter sind nicht zu akzeptieren, meine Herren.

(Beifall bei der SPD)

Beim Thema Vielfalt leistet übrigens auch die Zentrale Ansprechstelle für Soldatinnen und Soldaten anderer Glaubensrichtungen eine wichtige Arbeit. „Interkulturelle Kompetenz“ ist das Stichwort. In diesem Zusammenhang will ich natürlich auch die Militärseelsorge erwähnen. Hier verzeichnet der Wehrbeauftragte keine Klagen; aber es darf nicht vergessen werden, dass die Militärseelsorge auffängt, was an anderen Stellen schiefläuft.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, es sind noch viele Punkte offen, die ich gerne angesprochen hätte: Büchel, Marine, Zuschlag, Trennungsgeld, Unterkunftspflicht, Meldepflicht und auch die Probleme der Soldatinnen und Soldaten an der Basis. Nicht alles, was ich angesprochen habe, bewegt die Basis; es geht nicht vorrangig um Flachbildschirme oder Kühlschränke. Viele Soldatinnen und Soldaten kaufen sich Stiefel oder Bekleidung von ihrem Geld. Das ist nicht der richtige Weg. Die Bundeswehr hat als Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass unsere Soldatinnen und Soldaten richtig und gut ausgestattet sind. Diese Ausrüstung muss zügig erfolgen. Daraus dürfen keine jahrzehntelangen Projekte werden. Miteinander kommunizieren hilft oft. Man sollte dem Soldaten an der Basis einfach eine Kurzmitteilung geben, zum Beispiel, wie lange die Beschaffung von Bekleidung dauert. Man sollte das Ohr an der Basis haben. Der Bundeswehrverband kann hier übrigens eine große Stütze sein.

Ich möchte schließen mit einem Zitat von Humboldt:

Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben.

Ich freue mich weiterhin auf den Austausch mit dem Wehrbeauftragten, mit dir, lieber Hans-Peter. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen Gottes Segen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)