Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste!
Oben auf der Tribüne möchte ich besonders meine Schülerpraktikantin Rojda aus Frankfurt begrüßen. Liebe Rojda, danke, dass du mich drei Wochen so toll begleitet hast.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, am Wochenende saß ich beim Neujahrsempfang eines Vereins mit Mitarbeitern von VW zusammen. Diese berichteten mir, dass sie froh sind, dass sich die Aufregung um die Abgasmanipulationen so langsam wieder legt. Viele der Beschäftigten hätten sich geschämt, dass ihr Unternehmen an so etwas Miesem beteiligt ist.
(Kirsten Lühmann [SPD]: Richtig!)
Einen Tag später kommt raus, dass VW neben Daimler und BMW an den sehr schäbigen Abgastests an Affen und wohl auch an Menschen beteiligt war. Die Belegschaft an der Basis der Automobilunternehmen muss jetzt wieder das ausbaden, wofür die Konzernspitze verantwortlich ist. Ihnen an der Basis, liebe Kolleginnen und Kollegen bei VW, gilt meine volle Solidarität.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Grigorios Aggelidis [FDP])
Warum wurde eine Studie in Auftrag gegeben, die gut 600 000 Euro gekostet hat? Nach der Meinung von Experten steht sie angeblich im Zusammenhang mit einer Veröffentlichung der Weltgesundheitsorganisation, die Dieselabgase als krebserregend eingestuft hatte. Da wollten die Automobilunternehmen wohl eine Studie, die etwas anderes beweist. Da sie eine solche nicht im eigenen Namen beauftragen konnten, nutzten sie dazu ein Lobbybündnis. Aber dummerweise entsprachen die Ergebnisse nicht den Vorstellungen von VW; denn auch beim modernen Dieselfahrzeug stellten die Forscher kritische Effekte fest, als sie den Affen später Blut abnahmen und Lungenabstriche machten. Es kam zu erhöhten Entzündungswerten und Reizungen. Zufälligerweise wurden die Untersuchungsergebnisse nicht veröffentlicht. Die Aussage des niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil – ich zitiere –: „Zehn Affen stundenlang mutwillig Autoabgase einatmen zu lassen, um zu beweisen, dass die Schadstoffbelastung angeblich abgenommen habe, ist widerlich und absurd“, hat meine volle Unterstützung.
(Beifall bei der SPD)
Wir alle wissen, wie gefährlich Stickoxide sind, die in großer Menge durch Dieselfahrzeuge emittiert werden. Laut einer Studie des Fachmagazins „Nature“ gab es im Jahr 2015 107 000 frühzeitige Todesfälle aufgrund von Dieselstickoxidemissionen. 107 000 Menschen, 107 000 Schicksale und die Schicksale der Angehörigen! Diese Zahlen zeigen: Wir müssen dringend handeln, um die durch den Autoverkehr verursachte schlechte Luftqualität zu verbessern. Ich versuche, mit gutem Beispiel voranzugehen. Mehr als 90 Prozent meiner Fahrten in Frankfurt erledige ich elektromobil: seit neun Jahren mit einem Elektroroller und seit fünf Jahren mit meinem kleinen Twizy. Auf dem sogenannten Dieselgipfel im August 2017 sagten die deutschen Hersteller „großzügigerweise“ zu, 5 Millionen Fahrzeuge mit einem Softwareupdate auszustatten. Eine technische Nachrüstung – insbesondere auch die Kostenübernahme dafür – wurde von den Unternehmen abgelehnt. Vom damaligen Verkehrsminister und jetzigem CSU-Fraktionsvorsitzenden, Herrn Dobrindt, wurde dies leider so akzeptiert. Mit Ärger erinnere ich mich noch an die Aussage von VW-Chef Müller: „Ich möchte meine Ingenieure ... zukunftsorientiert arbeiten lassen.“ Er kümmerte sich nicht um die manipulierten Autos aus der Vergangenheit. Auch das ist schäbig, Herr Müller.
(Beifall bei der SPD)
Herr Dobrindt ist leider nicht da, aber ich sage es trotzdem: Herr Dobrindt, auf Ihre heftigen Attacken auf die SPD bezüglich unserer Forderungen für einen besseren Familiennachzug hätten wir gut verzichten können.
(Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Haben wir das Thema gewechselt?)
Herr Dobrindt, solche Aussagen hätte ich mir gegenüber der Automobilindustrie mit der Forderung gewünscht, nicht nur die Kosten des Softwareupdates zu übernehmen, sondern auch die Kosten der technischen Nachrüstung. Ich bin sehr dankbar, dass unsere Bundesumweltministerin Barbara Hendricks diese Kostenübernahme gefordert hat.
(Beifall bei der SPD)
Bisher argumentierten viele, Nachrüstungen seien nicht machbar. Nun spricht sich aber ein Gutachten der TU München, das im Auftrag der Bundesregierung erstellt wurde, für die Nachrüstung sogenannter SCR-Katalysatoren aus. Eine Softwareoptimierung bringt etwa eine Reduzierung um 25 Prozent. Eine technische Nachrüstung bringt dagegen eine Reduzierung der giftigen Stickoxide um 90 Prozent. Autos mit dieser Technik könnten von drohenden Fahrverboten in deutschen Städten ausgenommen werden. Die Nachrüstung der Fahrzeuge kostet etwa 1 300 Euro. Alleine mit den Kosten für die empörende Studie, über die wir heute diskutieren, hätten fast 500 Autos umgerüstet werden können. In den USA muss VW viele Milliarden Euro Strafe für die Manipulationen bezahlen. Was müssen VW und die anderen Unternehmen hier bezahlen? Warum lassen wir bisher unsere Bürgerinnen und Bürger im Stich, denen manipulierte Autos verkauft wurden? Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns die Automobilindustrie dazu verpfichten, die Kosten für die technische Nachrüstung solcher Fahrzeuge zu bezahlen. Das wäre doch ein schönes Signal an die Bürgerinnen und Bürger. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Grigorios Aggelidis [FDP])