Das DDR-Rentensystem sah keinen Versorgungsausgleich vor, sodass viele in der DDR geschiedene Frauen von Altersarmut bedroht sind. Daher müssen diese Menschen unterstützt werden, da sie ein Leben lang gearbeitet haben.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin bei dieser Rede heute ein bisschen aufgeregt. Das liegt nicht so sehr an der Debatte selber, sondern ich habe gerade das erste Mal überhaupt meine kleine Tochter in der Kinderbetreuung des Deutschen Bundestages untergebracht und hofe, dass das alles gut klappt. Deswegen bin ich an einem zügigen Verlauf der Diskussion interessiert.

 

 Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der CDU/CSU

 

Ich will mich aber bei der Verwaltung des Bundestages bedanken, dass das möglich ist. Das ist totaler Luxus, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht. Wir sind damit schon ein bisschen beim Thema der in der DDR Geschiedenen. Denn es ist klar, dass die staatlichen Rahmenbedingungen sehr wohl die Umstände beeinfussen können, wie Frauen – und insbesondere Mütter – ihr Leben gestalten bzw. was für ein Leben sie während der Zeit des Rentenbezugs führen können. Ich will mich deswegen heute auf die in der DDR Geschiedenen fokussieren. Im Antrag wird zutrefend geschildert, dass Frauen, die sich zu DDR-Zeiten haben scheiden lassen – gerade wenn sie viele Kinder erzogen haben und, was durchaus vorgekommen ist, auch ausgestiegen sind –, bei der Wiedervereinigung zum Teil massive, frappierende Nachteile erlitten haben. Sie haben quasi das Schlechte aus beiden Systemen abbekommen. Das DDR-Rentenrecht kannte Bevorzugungen von Frauen und Müttern. Diese sind mit der Wiedervereinigung weggefallen. Die DDR kannte aber keinen Versorgungsausgleich. Das heißt, die betrofenen Frauen haben keine Anwartschaften von ihren Exmännern übertragen bekommen. Das führt dazu, dass wir heutzutage sehr viele schlimme Geschichten hören. Ich selber beheimate sozusagen die Trefen meiner lokalen Gruppe des Vereins. Es wird einem mulmig, es wird einem ganz anders, wenn man die Geschichten von einem Leben voller Arbeit, voller Kindererziehung hört. Man vertraute voll auf die Ehe und arbeitete im Betrieb mit. Und heute stehen diese Frauen mit Niedrigstrenten da und gehen aus Scham nicht zum Sozialamt. Tatsächlich hat uns der UN-Ausschuss zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau ins Stammbuch geschrieben, der Bundestag solle tätig werden. Wir als SPD wollen das auch tun, und zwar nicht nur bezogen auf die in der DDR Geschiedenen, sondern auch auf andere betrofene Gruppen. Uns ist das wichtig. Denn wir wissen: Ganz viele Menschen in der ehemaligen DDR haben noch heute das Gefühl, dass ein Teil ihrer Lebensleistung überhaupt nicht anerkannt wird. Sie fühlen sich sozusagen so, als würde vieles von dem, was sie geleistet haben, überhaupt nicht wichtig genommen. Wir wollen dieses Thema angehen und haben deswegen in unser aktuelles Regierungsprogramm eine Fondslösung hineingeschrieben. Wir sind damit – ich habe es noch einmal nachgelesen – im Vergleich zum Programm der Linken konkreter. In deren Programm steht lediglich, man wolle Lebensleistung anerkennen. Auch in Ihrem Antrag ist es nebulös. Wir wollen Fehler korrigieren.

 

 Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Im Antrag steht es drin!

 

Also ich fnde, wir als SPD können durchaus stolz sein. Wir sind hier sehr konkret und wollen das Thema angehen.

 

 Beifall bei der SPD – Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Dann können Sie ja zustimmen!

 

Uns ist klar: Es ist kompliziert. Es kann nicht wirklich nicht Ihr Ernst sein, dass Sie uns in Bezug auf den Antrag hinsichtlich der in der DDR Geschiedenen heute beschließen lassen wollen, dass die Bundesregierung morgen, am 30. Juni 2017, einen Masterplan vorlegen soll. Das ist wirklich ein bisschen albern.

 

 Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Das liegt in der Praxis des Bundestages, das wissen Sie selber! Der Antrag liegt länger vor!

 

Ich fände es vielmehr gut, wenn Sie einmal ganz konkret formulieren würden, was Sie für diese Gruppe tun wollen. Herr Weiler, ich habe Ihren Vorschlag noch nicht richtig verstanden.

 

 HonD Albert Weiler [CDU/CSU]: Ich erklä- re es Ihnen!

 

 Den können Sie mir erklären. Erklären Sie ihn aber vor allen Dingen der Bundeskanzlerin, erklären Sie ihn denjenigen, die beim nächsten Mal bei den Koalitionsverhandlungen mit dabei sind. Wir haben nämlich bei den letzten Koalitionsverhandlungen das Thema Härtefallfonds behandelt. Der ist – jetzt verrate ich einmal ein Geheimnis – nicht an meiner Fraktion gescheitert.

 

Beifall bei der SPD

 

Es ist also kompliziert, hier wirklich etwas zu tun. Das ist – ich komme noch einmal auf die in der DDR Geschiedenen zurück – aus verschiedenen Gründen so, aber auch deshalb, weil die Gruppe sehr heterogen ist.

 

Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt einen sehr guten Vorschlag von den Grünen!

 

Hier im Raum sitzt zum Beispiel eine in der DDR Geschiedene, nämlich Iris Gleicke. Um die müssen wir uns sicherlich keine Sorgen machen. Aber für viele der Frauen, die sich organisieren und für ihre Rechte kämpfen, müssen wir wirklich etwas tun. Ich nutze die Gelegenheit, über diese in der DDR geschiedene Frau noch etwas zu sagen. Sie hat ihre letzte Rede irgendwann spätnachmittags am letzten Freitag gehalten. Ich muss sagen, das ist mir ein bisschen zu wenig. Sie haben hier sehr viel schwarzgemalt, was das Thema Ostdeutschland und Ost-West-Beziehungen angeht. In den letzten vier Jahren war Iris Gleicke eine emotionale, authentische und hartnäckige Kämpferin für die ostdeutschen Belange. Und Iris – das sage ich ganz persönlich –: Du wirst in diesem Hohen Haus sehr fehlen. Ganz herzlichen Dank für dein tolles Engagement.

 

 Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

 

Sie sehen, Sie können sich darauf verlassen, dass die SPD in Bezug auf die in der DDR Geschiedenen und die anderen Gruppen tätig werden wird. Wir werden das Thema in seiner ganzen Komplexität und nicht mit so einem Federstrich, wie die Linke das heute mit dem Antrag tun möchte, angehen. Insofern freue ich mich auf eine neue Runde und hoffentlich auf ein Wiedersehen – der Wähler hat natürlich das letzte Wort – im Herbst –, und dann mit einem Koalitionsvertrag, wer auch immer ihn macht, in dem das Thema Niederschlag fndet. Wichtig wäre es.

 

Beifall bei der SPD