Die Energiewende und der wachsende europäische Strommarkt erfordern in den kommenden Jahren einen umfassenden und beschleunigten Ausbau der deutschen Höchstspannungsnetze. Sind im Verteilernetz (220 bzw. 400 Volt) in den Städten und Gemeinden auf dem kurzen Weg ins Haus Kabel in der Erde gang und gäbe, sieht es bei den Übertragungsnetzen, die den Strom über große Distanzen mit hoher Netzspannung von 380 Kilovolt transportieren, ganz anders aus: Hier werden bislang die Freileitungen mit ihren 40 bis 70 Meter hohen Strommasten als Standard eingesetzt. Dabei ist in Deutschland die Hochspannungs-Drehstrom-Übertragung (HDÜ) Standard. Künftig soll auf den neuen „Stromautobahnen“ auch die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) zum Einsatz kommen.

Erdverkabelung ist technisch gesehen für diesen Anwendungsbereich nur wenig erprobt. Die 380-kV-Transversale Berlin ist die zum größten Teil als Erdkabel ausgeführte 380-kV-Leitung durch das Stadtgebiet von Berlin – um ein Beispiel zu nennen. Die HGÜ-Technologie wird lediglich für den Anschluss von Windparks auf See an das Stromnetz genutzt. Allerdings kann der Einsatz von Erdkabeln die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger für den notwendigen Ausbau des Stromnetzes erhöhen. Bisher ist jedoch die Teilerdverkabelung beim Bau neuer Überlandtrassen nur bei vier Pilotprojekten für die Annäherung an Siedlungen unter bestimmten Voraussetzungen vorgesehen. Sie dienen auch dazu, Erfahrungen im Bereich der Erdverkabelung zu gewinnen. Bislang wurde aber noch kein Pilotprojekt umgesetzt.

„Für eine erfolgreiche Energiewende ist der Ausbau der Stromnetze dringend erforderlich. Wir wollen hier weiter vorankommen. Der vorliegende Gesetzentwurf ist dabei ein wichtiger Baustein. Wir wollen Planern und Behörden mehr Möglichkeiten geben, Erdkabel unter bestimmten Voraussetzungen auf Pilotstrecken zu testen. So können wir Erfahrungen mit dieser Technologie sammeln. Wir wollen mit dem Gesetz auch dafür sorgen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger künftig stärker in den Prozess der Netzplanung einbringen und die damit verbundenen Entscheidungen besser einordnen können. Damit sorgen wir für mehr Transparenz beim Ausbau der Stromnetze“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Uwe Beckmeyer (SPD).

„Erdkabel sind für die Akzeptanz des Netzausbaus bei den Bürgerinnen und Bürgern von entscheidender Bedeutung. Deshalb werden wir im Gleichstrombereich auch einen Primat des Erdkabels in Betracht ziehen,“ unterstrich Johann Saathoff, zuständiger Berichterstatter der SPD-Fraktion.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Erdkabel künftig auch verlegt werden können, wenn eine Freileitung gegen bestimmte Belange des Naturschutzes verstoßen würde oder wenn große Bundeswasserstraßen wie Rhein oder Elbe zu queren sind. Es wird außerdem klargestellt, dass die Kriterien wie Abstand zur Wohnbebauung oder Belange des Naturschutzes nicht auf der gesamten Länge vorliegen müssen und damit auch längere Verkabelungsabschnitte von zehn bis 20 Kilometern anstatt der bisherigen drei bis fünf Kilometer realisiert werden können. Zudem wird durch eine Erweiterung des Erdkabelbegriffs zukünftig die Möglichkeit geschaffen, auch Erfahrungen hinsichtlich anderer technischer Lösungen zur unterirdischen Verlegung von Höchstspannungsleitungen zu sammeln. Aus finanziellen und technischen Gründen müssen Freileitungen jedoch weiter Priorität haben.

Weiterhin sieht der Gesetzentwurf vor, dass aktuelle Netzentwicklungspläne für Strom und Gas nur noch alle zwei Jahre statt wie bisher jedes Jahr vorgelegt werden müssen. Zwar hat sich die 2011 neu eingeführte Bedarfsermittlung an Energietransportsystemen unter umfassender Öffentlichkeitsbeteiligung bewährt, der Zeitraum von nur einem Jahr ist jedoch zu knapp. Nun soll den Bürgern und allen weiteren am Netzausbau Beteiligten mehr Zeit für umfassende öffentliche Konsultationen gegeben werden. Außerdem werden so zeitliche Überschneidun-gen in der Entwicklung der Planungen vermieden.