Betroffen von ungleicher Bezahlung sind vor allem Frauen. Sie verdienen für die gleiche Arbeit durchschnittlich 21 Prozent weniger Lohn als ihre männlichen Kollegen. Die Ursachen für diese Lohnlücke sind vielfältig: Frauen arbeiten häufiger im Niedriglohnsektor und seltener in Führungspositionen. Sie nehmen öfter als ihre männlichen Kollegen Auszeiten für die Familie und arbeiten oft in Teilzeit. Aber: Selbst wenn sie die gleiche Arbeit machen und die gleiche Qualifikation mitbringen, werden Frauen nicht gleich bezahlt. Sie verdienen auch dann durchschnittlich immer noch sieben Prozent weniger als Männer. Die SPD-Bundestagsfraktion will das ändern und ein Lohngerechtigkeitsgesetz (für Entgeltgleichheit) noch in dieser Legislaturperiode umsetzen. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat bereits einen Gesetzentwurf vorgelegt, der jedoch von der Union seit Monaten blockiert wird.

Der Entwurf für ein Lohngerechtigkeitsgesetz fügt sich ein in eine Reihe schon beschlossener sozialdemokratischer Maßnahmen, die zur Schließung der Lohnlücke beitragen: Von der Einführung des Mindestlohns (von dem vor allem Frauen im Niedriglohnbereich profitieren), über das ElterngeldPlus und den Ausbau der Kinderbetreuung (für eine partnerschaftliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf), bis hin zur Frauenquote. Ebenfalls in der Pipeline: ein Gesetz gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen.

Mit mehr Lohntransparenz zu mehr Lohngerechtigkeit

Der Hebel des geplanten Lohngerechtigkeits-Gesetzes ist die Lohntransparenz. Denn viele Frauen und Männer wissen nicht, dass sie schlechter bezahlt werden als ihre Kollegen, oder sie können dies nicht nachweisen. Daher enthält der Gesetzentwurf einen individuellen Auskunftsanspruch. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen das Recht erhalten, zu erfahren, was ihre Kollegen im Betrieb bei gleicher und gleichwertiger Tätigkeit im Durchschnitt verdienen. Wenn eine ungleiche Bezahlung vorliegt, kann eine gleiche Bezahlung dann eingefordert oder eingeklagt werden.

Geht es nach Manuela Schwesigs Gesetzentwurf soll das Auskunftsrecht in jedem Betrieb eingeführt werden. Die Unionsfraktion hingegen will, dass dieses Auskunftsrecht für Beschäftigte nur für Betriebe ab 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gilt. „Die Kanzlerin muss jetzt zeigen, ob sie es ernst meint mit der gerechten Entlohnung von Frauen und Männern“, sagt SPD-Fraktionsvizin Carola Reimann. Es könne nicht sein, dass ein großer Teil der Frauen (und auch der Männer) von der Neuregelung ausgeschlossen werden soll.

Eine weitere Forderung im neuen Lohngerechtigkeits-Gesetz: Unternehmen ab 500 Beschäftigten sollen verpflichtet werden, ihre betriebliche Lohnstruktur zu überprüfen, darüber zu berichten und Benachteiligung bei der Bezahlung zu beseitigen. Wer so die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen schließt, sagt Familien- und Frauenministerin Manuela Schwesig (SPD), entlaste auch "Männer von der ihnen allzu oft zugeschriebenen Funktion als ,Haupternährer' und erleichtert ihnen die Übernahme fürsorglicher Verantwortung für sich und ihre Familien".

Breites Bündnis für das SPD-initiierte Lohngerechtigkeits-Gesetz

"Es ist ein Skandal, dass der Gesetzentwurf von Bundesfamilienministerin Schwesig immer noch von der Union blockiert wird", betont die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Christine Lambrecht. Für die SPD-Fraktion sei klar: Sie wird nicht nachlassen und alles dafür tun, damit das Lohngerechtigkeitsgesetz noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt wird. Die Gewerkschaften und ein breites Bündnis gesellschaftlicher Kräfte hat sie hinter sich.

Denn: Dass Transparenz und nachvollziehbare Kriterien bei den Gehältern grundsätzlich für mehr Gerechtigkeit sorgen, zeigt sich in der Tarifbindung. Dort, wo nach Tarif bezahlt wird und Betriebsräte mitbestimmen, fällt die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern schon heute deutlich geringer aus. Der IG Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann fordert daher „gesetzliche Anstrengungen ebenso wie Bemühungen der Tarifparteien“, um die Ungleichheit zwischen Frauen und Männern am Arbeitsmarkt zu überwinden. „Der Markt wird das nicht richten.“

Gemeinsam mit Sozialverbänden machen die Gewerkschaften daher Druck. In einem Brief haben sich DGB und verschiedene Verbände, darunter der Deutsche Frauenrat und das Bundesforum Männer, direkt an die Bundeskanzlerin gewandt. Das Gebot der gleichen Bezahlung für gleiche und gleichwertige Arbeit sei seit Jahrzehnten geltendes Recht in Europa und in Deutschland, heißt es darin. Die Bundeskanzlerin wird aufgefordert, dieses Recht endlich durchzusetzen. 

Auch 76 Prozent der Bevölkerung sind laut einer Studie des Delta-Instituts davon überzeugt, dass mehr Transparenz bei betrieblichen Entgeltstrukturen den Druck erhöhen würde, die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern zu schließen. „Der Kulturwandel weg von der Anonymisierung und Tabuisierung des Gehalts und hin zur Transparenz und Vergleichbarkeit ist in der Grundhaltung der Bevölkerung längst vollzogen“, heißt es in der Studie. Für die SPD-Fraktion ist klar: Es gibt für die Union und Kanzlerin Merkel keine Ausrede mehr.