Seit knapp zwei Wochen geistert durch die Medien die Behauptung, der Bundesnachrichtendienst habe womöglich dem US-Abhördienst NSA bei der Ausforschung europäischer Unternehmen und Institutionen geholfen. Dabei geht es grob gesagt um die so genannten Selektoren, also Suchwörter und Begriffe, die in ein gemeinsames Datennetz von NSA und BND durch die NSA eingespeist worden sind. Darunter sollen Firmen wie der Luftfahrtkonzern EADS und französische Behörden gewesen sein.
In Wahrheit gibt es gegenwärtig nicht mehr als einen Verdacht, denn es ist viel zu früh, jetzt schon Schlussfolgerungen zu ziehen. Der NSA-Untersuchungsausschuss (eingesetzt, um den Snowden-Komplex aufzuklären) hat viele der mit der Sache befassten Personen noch gar nicht gehört und viele Dokumente noch gar nicht auswerten können. Die Zeugenvernehmungen starten an diesem Donnerstag.
Das Entscheidende ist aber: Die Kontrolle des BND durch das Parlament funktioniert. Denn es war ein Beweisantrag des Untersuchungsausschusses, der die neue Problematik zutage förderte.
In der Aktuellen Stunde sagte der SPD-Obmann im Untersuchungsausschuss Christian Flisek: „Der Ausschuss hat seine Arbeit gemacht, die Missstände sind erst durch den Ausschuss auf den Tisch gekommen.“ Nun gehe es darum, die Dinge sachlich-politisch zu bewerten und dann Konsequenzen zu erörtern.
Wichtig ist für Flisek, die Selektorenliste einsehen zu können, um die Qualität und den Umfang der Suchwörter beurteilen zu können. Flisek sieht Aufsichtsdefizite durch das Kanzleramt, aber auch beim BND, der offenbar nicht alles frühzeitig ans Kanzleramt gemeldet habe.
Er machte jedoch unmissverständlich klar: „Der NSA-Untersuchungsausschuss ist ein Aufklärungs-, kein Rücktrittsforderungsgremium“. Nun sei es wichtig, die Auslandsaufklärung durch den BND auf eine solide rechtliche Basis zu stellen und die parlamentarische Kontrolle zu stärken.
Aufgabe zum Beispiel Schutz der Bundeswehr im Ausland
Susanne Mittag, ebenfalls Mitglied des U-Ausschusses, betonte, dass das Gremium insgesamt schon mehr als 300 Beweisbeschlüsse gestellt habe und somit intensiv an Aufklärung arbeite. Sie machte deutlich, dass es Aufgabe des BND sei, Auslandsaufklärung zu betreiben. Er sei zum Beispiel dazu da, die Bundeswehr zu schützen, wenn Soldaten im Ausland agieren. Auch sie besteht darauf, die umstrittene Selektorenliste einsehen zu können, sie sei ein „Sachbeweis“.
Uli Grötsch, für die SPD-Fraktion im PKGr, also dem Parlamentsgremium, das die Nachrichtendienste kontrollieren soll, machte klar, dass es ohne internationale Zusammenarbeit der Geheimdienste nicht gehe. Er begrüßte die Bereitschaft von Kanzlerin Merkel, vor dem NSA-Untersuchungsausschuss bzw. dem PKGr auszusagen. In Richtung der Opposition sagte er, man solle gemeinsam die Nachrichtendienste aus „ihrer Grauzone“ herausholen. Es seien „klare Regeln“ erforderlich, das müsse nun Prämisse sein. Wichtig sei generell, zu gewährleisten, dass im BND der Informationsfluss von „ganz unten bis nach ganz oben“ auch funktioniere.
Wirtschaftsspionage ist nicht Aufgabe des BND, betonte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann gegenüber der Presse. Entscheidend sei daher nun eine schnelle, "unaufgeregte" Aufklärung.