Das Haushaltsbegleitgesetz kann als ein Teil des sogenannten Sparpakets der Bundesregierung nur im Zusammenhang bewertet werden. Mit dem Sparpaket will die Bundesregierung den Bundeshaushalt mit einem falschen und unausgewogenen Konzept konsolidieren. Das Paket bürdet die Lasten ganz überwiegend den Bürgern auf und lässt die Wirtschaft letztlich nahezu ungeschoren.
Im Haushaltsbegleitgesetz werden keineswegs alle gesetzlichen haushaltsbegleitenden Maßnahmen zusammenfasst. Aus erkennbar taktischen Gründen hat die Bundesregierung einige Regelungen gesondert auf den Weg gebracht bzw. beabsichtigt dies. Unter anderem gilt das für die Kernbrennstoffsteuer, die in ein gesondertes Paket eingebunden ist, um die Klientelpolitik zu Gunsten der großen Energieunternehmen zu kaschieren. Und es gilt für die Finanztransaktionssteuer, für die ein Gesetzentwurf noch überhaupt nicht in Sicht ist. Diese herausgelösten Elemente gehören in den Kontext des Haushaltsbegleitgesetzes.
Die Wirtschaft wird geschont
Die Bundesregierung hat sich um den Eindruck bemüht, die Belastungen zwischen Bürger und Wirtschaft in etwa ausgewogen zu verteilen. So beziffert das Sparpaket den Beteiligungsbeitrag von Unternehmen in 2011 mit 3,3 Milliarden Euro und die Eingriffe in Sozialgesetze mit 3 Milliarden Euro. Aber die Wahrheit sieht anders aus, die Rechnung ist falsch. Der Wirtschaft werden einerseits angebliche Belastungen zugerechnet, die sie gar nicht oder nur zum Teil treffen werden. Vieles davon wird auf die Bürger umgewälzt werden. Die Bahndividende z. B. zahlt letztlich nicht das Unternehmen, sondern die Bahnkunden über höhere Ticketpreise. Auch die Luftverkehrsteuer wird nicht die Wirtschaft belasten, sondern auf die Fluggäste umgelegt werden. Dadurch verteuern sich Ticketpreise für Reisen, der Frachtverkehr allerdings bleibt unbelastet.
Das Sparpaket ist sozial unausgewogen und ungerecht
Die Botschaft des Sparpakets ist deutlich: Gespart wird auf Kosten der Schwachen in der Gesellschaft und auf Kosten derjenigen, die trotz erheblicher Bemühungen keine Arbeit finden können. So erhalten Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II künftig kein Elterngeld mehr, da diese Leistung nun als Einkommen angerechnet wird. Für einen vergleichsweise geringen Einsparbetrag von rund 450 Millionen Euro für den Bund und 50 Millionen Euro für die Gemeinden jährlich werden alleinerziehende und hilfebedürftige Eltern künftig zu „Eltern 2. Klasse“ gemacht, indem ihnen notwendige finanzielle Mittel weiter zusammengestrichen werden.
Die neu hinzugekommene Streichung des Elterngeldes bei „Gutverdienenden“ ist reine Symbolpolitik. Die Streichung des Elterngeldes bei „Gutverdienenden" betrifft alle Eltern, die der Reichensteuer unterliegen und gemeinsam 500.000 Euro und mehr beziehen. Dies wird im Gegensatz zu den Hartz-IV-Familien nur sehr wenige Eltern betreffen aber einen erheblichen Verwaltungsaufwand verursachen, da individuelle Einkommensprüfungen vorgenommen werden müssen. Mehr noch: Während bei Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfängern 450 Millionen Euro eingespart werden, sind es bei den Gutverdienenden lediglich 3,8 Millionen Euro. Das macht deutlich - es geht um ablenkende Symbolpolitik auf Kosten von Eltern und Kindern. Dies hat nichts mit einer sozial ausgewogenen Haushaltspolitik zu tun.
Empfängerinnen und Empfängern von Arbeitslosengeld I, die in Arbeitslosengeld II übergehen, wird der befristete Zuschlag gestrichen. Für ein Kürzungsvolumen von gerade einmal 210 Millionen Euro wird sozialversicherungspflichtige Arbeit entwertet, diejenigen, die lange gearbeitet haben, erhalten nun noch weniger.
Auch die Kürzung des Wohngelds und der Wegfall der Heizkostenkomponente sind sozial unausgewogen und ungerecht. Damit werden rund 800.000 Wohngeldempfängerhaushalte, die über ein durchschnittliches Einkommen von etwa 800 Euro verfügen, mit zusätzlich zwischen 10 und 30 Euro belastet.
Verschiebung von Lasten zu Gemeinden und Sozialversicherungen
Eine Reihe von Maßnahmen entlastet zwar den Bund, verschiebt diese Lasten aber zu Gemeinden und Sozialversicherungen. Sie führen deshalb gesamtstaatlich zu keiner Konsolidierung. So wird der Wegfall der Versicherungspflicht der Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Rentenversicherung die Gemeinden belasten, da er einen Anstieg der Aufwendungen im Bereich der Grundsicherung im Alter zur Folge haben wird. Auch der Wegfall der Heizkostenkomponente im Wohngeldgesetz wird bei den Gemeinden zu zusätzlichen Aufwendungen bei den Kosten für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende führen.
Das Sparpaket schadet Wachstum und Beschäftigung
Die Bundesregierung kürzt ausgerechnet bei Arbeitslosen, Eltern und Niedriglöhnern, die ihr Geld fast vollständig auf dem heimischen Markt ausgeben. Diese Kürzungen schlagen unmittelbar bei der Binnennachfrage zu Buche und dämpfen das Wachstum und die Beschäftigungsentwicklung. Was schon unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten nicht hinnehmbar ist, ist auch volkswirtschaftlich Unfug. Sinnvoll wäre stattdessen, die Finanzierung der Krisenkosten und der Haushaltskonsolidierung nach dem Verursacher- und dem Leistungsfähigkeitsprinzip auszurichten. Denn im Haushaltsbegleitgesetz sind keine Einnahmeverbesserungen enthalten, die die schwarz-gelbe Koalition sowie die Bundesregierung als Beteiligung des Finanzsektors an den Krisenkosten und an der Finanzierung der öffentlichen Hand lauthals eingefordert haben.
Intelligentes Konsolidierungskonzept gefordert
In einem Entschließungsantrag fordern wir die Bundesregierung u.a. auf, auf sozial unausgewogene und ungerechte Einschnitte und Kürzungen zu verzichten und alsbald ein sozial ausgewogenes und intelligentes Konsolidierungskonzept vorzulegen.
Unsere Vorschläge für einen finanziellen Ausgleich:
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die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns, der Bund und Gemeinden entlastet sowie Mehreinnahmen bei den Sozialversicherungen bringt.
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die Rücknahme des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes, wobei die Kindergelderhöhung erhalten bleibt.
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die Einführung einer Bundessteuerverwaltung, die zu einer gleichmäßigeren, gerechteren und ertragreicheren Besteuerung führt.
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die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, die deutlich höhere Einnahmen als jetzt von der Bundesregierung vorgesehen bringt.