Leiharbeit kann ein sinnvolles Instrument sein zur Abdeckung kurzfristiger Auftragsspitzen und als mögliches Sprungbrett in ein Normalarbeitsverhältnis. Daher wollen wir Leiharbeit nicht abschaffen. Aber Politik und Tarifvertragsparteien müssen dort einschreiten, wo Leiharbeit zu Tarifflucht und Lohndrückerei missbraucht wird.
In einem Antrag hat die SPD-Bundestagsfraktion konkret zusammengefasst, welche gesetzlichen Regelungen notwendig sind, um Missbrauch bei der Leiharbeit durchgreifend zu verhindern und die Situation von Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern wirksam zu verbessern.
Der Mindestlohn ist längst überfällig
Der Mindestlohn ist gerade in der Leiharbeitsbranche schon lange überfällig, um den schlimmsten Missbräuchen zu begegnen. Die Zeit drängt: Denn ab Mai 2011 gilt in Europa die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit. Ohne Mindestlohn wird das Lohnniveau in Deutschland von Billiganbietern unterlaufen.
Schon in der letzten Regierung wäre eine Lösung möglich gewesen. Es ist bis heute nicht nachvollziehbar, dass die Union den Mindestlohn in der Leiharbeit aus ideologischen Gründen hartnäckig ablehnte.
Wir fordern, einen branchenspezifischen Mindestlohn einzuführen, der vor allem in Zeiten zwischen zwei Einsätzen eine Untergrenze setzt. Außerdem muss schnellstmöglich ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn eingeführt werden.
Rede von Anette Kramme MdB, Sprecherin der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales in der Debatte am 17.12.2010
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit
Einen wirklichen Durchbruch für bessere Arbeitsbedingungen in der Leiharbeit kann es nur geben, wenn alle Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer genauso viel Lohn bekommen werden wie ihre Kolleginnen und Kollegen aus der Stammbelegschaft. Dafür muss das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz so geändert werden, dass nach einer kurzen Einarbeitungszeit der Gleichbehandlungsgrundsatz – vor allem das Prinzip „Gleiche Arbeit, gleiches Geld“ – ohne Ausnahme gilt. Nur so kann erreicht werden, dass Beschäftigungsverhältnisse zweiter Klasse in der Leiharbeit endgültig der Vergangenheit angehören.
Die Praxis der Konzernleihe muss durch gesetzliche Regelungen deutlich eingeschränkt werden.
Keine Verträge von Fall zu Fall
Wir wollen wieder den Grundsatz durchsetzen, dass Leiharbeitnehmer bei wechselnden Unternehmen eingesetzt, aber unbefristet bei den Leiharbeitsunternehmen beschäftigt werden. Deshalb wollen wir die Befristung eines Leiharbeitsverhältnisses und die Koppelung der Befristung an einen Arbeitseinsatz (Synchronisation) außerhalb der Probezeit untersagen.
Rede von Andrea Nahles MdB in der Debatte am 17.12.2010
Ein Platz, ein Jahr
Einsätze von Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern in einem Betrieb dürfen nur vorübergehend sein. Will ein Unternehmen einen Leiharbeitnehmer länger als ein Jahr einsetzen, so ist davon auszugehen, dass Bedarf an einer dauerhaften Arbeitstätigkeit im Unternehmen besteht. Deshalb wollen wir die Höchstüberlassungsdauer von einem Jahr gesetzlich festlegen.
Mehr Mitbestimmung
Betriebsräte in Unternehmen, in denen Leiharbeitnehmer tätig sind, brauchen mehr Mitbestimmungsrechte, um den ordnungsgemäßen Einsatz der Leiharbeitnehmer sowie Umfang und Dauer der Leiharbeit zu kontrollieren. Bei der Ermittlung der Arbeitnehmerzahl für die betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerte müssen Leiharbeitnehmer mitgezählt werden.
Leiharbeitnehmer müssen gleichen Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen (Kinderbetreuung, Gemeinschaftsverpflegung, Beförderungsmittel usw.) haben wie die Stammbelegschaft.
Der Einsatz von Leiharbeitnehmern als Streikbrecher muss gesetzlich verboten werden. Außerdem müssen härtere Sanktionen geschaffen werden, um die Regeln für die Leiharbeit wirkungsvoller durchzusetzen.
Schwarz-Gelb: Kniefall vor der Leiharbeits-Lobby
Die Fehlentwicklungen in der Leiharbeitsbranche sind schon seit längerem bekannt. Die SPD hat darauf frühzeitig reagiert. Gemeinsam mit den Gewerkschaften haben wir die Probleme in der Branche aufgearbeitet und bereits 2007 Vorschläge für die Beseitigung des Missbrauchs bei der Leiharbeit vorgelegt. Doch die Union hat die Umsetzung unserer Vorschläge in der Großen Koalition blockiert.
Auch die 2008 verabschiedete Europäische Leiharbeitsrichtlinie fordert Nachbesserungen. Schwarz-Gelb ist gezwungen, die europäischen Vorgaben bis Ende 2011 umzusetzen. Die Pläne von Union und FDP sehen – nach monatelangem Ringen der Koalitionspartner – außer einer Behebung der krassesten Auswüchse von Lohndumping in der Leiharbeit keine durchgreifenden Lösungen gegen den Missbrauch in der Branche vor. Der Mindestlohn fehlt ebenso wie eine Regelung zur Durchsetzung flächendeckender Bezahlung. Zu Recht sprechen die Gewerkschaften vor einem Kniefall vor der Leiharbeits-Lobby.
Zukunft braucht gute Arbeit
Wer dem Fachkräftemangel vorbeugen will, muss attraktive Arbeitsplätze schaffen. Vollbeschäftigung, gute Arbeit und eine starke Fachkräftebasis gehen Hand in Hand. Gute Arbeit ist beides: Sie ist eine zentrale Voraussetzung für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. Und sie ist die entscheidende Grundlage für ein sicheres und gutes Leben. Deshalb setzt sich die SPD-Bundestagsfraktion dafür ein, das klassische, unbefristete Normalarbeitsverhältnis zu stärken. Die Bekämpfung von Missbrauch in der Leiharbeit ist dafür ein entscheidender Schritt.