Bürgerwille und Protest sind bereits jetzt ein wichtiges Korrektiv zu politischen Entscheidungen. So ist es dem stetigen Beharren vieler engagierter Menschen zu verdanken, dass die Bundesregierung in ihrer Energiepolitik nach Fukushima eine Kehrtwende vollzogen und die erst 2010 beschlossenen Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken zurückgenommen hat. Wer den Bürger in Europa aber lediglich auf die Straße als Artikulationsmöglichkeit verweist, wird ihn auf Dauer gegen die europäische Idee mobilisieren und nicht für sie gewinnen. Will die EU, dass sich ihre Bürger mit Europa identifzzieren, so muss sie ihnen jenseits der sehr indirekten Strukturen von Rats, Kommissions- und Parlamentsentscheidungen direktere demokratische Mitwirkungsmöglichkeiten eröffnen.

SPD hat sich intensiv an der Ausgestaltung der EU-Verordnung zur Bürgerinitiative beteiligt

Deshalb hat sich SPD-Bundestagsfraktion von Anfang an für die Europäische Bürgerinitiative ausgesprochen und den Prozess begleitet. Dabei konnten deutliche Erfolge erzielt werden. So wurde die notwendige Unterstützeranzahl einer solchen Initiative von 160.000 Bürgerinnen und Bürger auf 72.000 reduziert. Die Mindestanzahl der Mitgliedstaaten, aus denen die Unterstützer kommen müssen, wurde von neun auf sieben gesenkt. Das ist erfreulich, denn Bürgerinnen und Bürger aus einem Viertel der Mitgliedstaaten können bereits sicherstellen, dass es um Fragen von europaweitem und nicht nur nationalem Interesse geht.

Bedauerlich ist, dass der Zeitraum für die Sammlung von Unterstützungsbekundungen nicht von zwölf Monaten auf achtzehn Monate erhöht wurde. Die SPD-Fraktion verwies von Beginn an darauf, dass es einen enorm hohen Aufwand bedeutet, Menschen aus so vielen EU-Mitgliedstaaten miteinander zu vernetzen und dass dies angemessen bei der Zeitraumbestimmung berücksichtigt werden sollte. Trotz allem ist es jetzt dringend geboten, die Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung in Europa zügig Realität werden zu lassen.

Die EU-Verordnung zur Europäischen Bürgerinitiative soll im April 2012 in Kraft treten. Bis dahin müssen die nationalen Regelungen angepasst werden. Die SPD- Bundestagsfraktion begrüßt es, dass die Bundesregierung die notwendigen Maßnahmen, einen Gesetzentwurf zur Durchführung der EU-Verordnung vorzulegen, ausnahmsweise frühzeitig ergriffen hat. Dieser wurde in 1. Lesung am 10. November im Bundestag beraten.