Als ersten Schritt haben die Sozialdemokraten ein Dialogpapier für bessere Bürgerbeteiligung bei Infrastrukturvorhaben vorgelegt, das sie am 31. Oktober in einem Werkstattgespräch unter dem Motto „Mehr Bürgerbeteiligung bei Planungsvorhaben. Mitreden – aber wie?“ mit Vertreterinnen und Vertretern von 15 Bürgerinitiativen aus ganz Deutschland diskutierten.
Bei Infrastrukturmaßnahmen mehr Demokratie wagen
Die Beteiligung von Bürgern bei Infrastrukturvorhaben zu verbessern, stehe in der Tradition der SPD und der von Willy Brandt, der einforderte mehr Demokratie zu wagen, stellte SPD-Fraktionsvize Florian Pronold zu Beginn der Veranstaltung fest. Es gehe darum, Bürgerinnen und Bürger bereits an der Entscheidung zu beteiligen, ob ein Infrastrukturprojekt überhaupt realisiert werde oder nicht, sagte er. Ebenso müssten sie auch über Alternativen bei der Umsetzung mitentscheiden können. Allerdings werde es auch darum gehen, bei den Beteiligungsverfahren nicht nur die Situation vor Ort zu betrachten, sondern auch die Auswirkungen darüber hinaus mit einzubeziehen. Die SPD-Bundestagsfraktion wolle eine moderne und nachhaltige Industriepolitik. Dafür und für die in Deutschland lebenden Menschen, müsse gemeinsam mit ihnen definiert werden, welche Infrastruktur in Zukunft benötigt werde.
Hierzu werfe das Dialogpapier rund 60 Fragen auf, die nun zur Diskussion stünden. Ziel sei es die bisherige Planungskultur zu durchbrechen und neue Wege zu gehen, die einen Konsens über künftige Infrastrukturmaßnahmen ermöglichen. Man dürfe, sagte Hans-Joachim Hacker, Mitglied der Fraktions-Projektgruppe „Infrastrukturkonsens“, die Bürgerinnen und Bürger bei Planungsvorhaben nicht mit 30 Meter Akten allein lassen. Für eine bessere und echte Beteiligung seien deshalb neue Formen wie das Mediationsverfahren oder auch eine Planungswerkstatt denkbar.
Nur eine Bürgerbeteiligung von Anfang an ermöglicht eine ergebnisoffene Diskussion
Die Vertreter und Vertreterinnen der 15 Bürgerinitiativen bewerteten das Anliegen der SPD-Bundestagsfraktion, einen Infrastrukturkonsens durch eine bessere Bürgerbeteiligung möglich zu machen, sehr positiv. Auch das Verfahren, mit Verbänden und Bürgerinitiativen gemeinsam auf Grundlage des Dialogpapiers eine Lösung zu erarbeiten, fand großen Anklang. Alle waren sich einig, dass sich Bürgerinnen und Bürger bereits vor dem Raumordnungsverfahren an Entscheidungen beteiligen sollten. Denn nur so sei eine ergebnisoffene Diskussion möglich, die auch dahin führen kann, dass ein angedachtes Infrastrukturprojekt nicht umgesetzt oder eine alternative Linienführung vereinbart werde. Die Partizipationsmöglichkeiten sollten breit angelegt sein und je nach Projekt sollte es Abstufungen bei der Beteiligung geben.
Transparenz, gleiche Augenhöhe und Zugang zu Informationen sind Voraussetzung
Transparenz bei Infrastrukturvorhaben war ein Schlüsselwort bei den Bürgerinitiativen. So müsse nachvollziehbar sein, welche Kriterien ausschlaggebend für die Prioritätensetzung bei Projekten eien. Ebenso müsste zwischen öffentlicher Verwaltung und Bürgerinnen und Bürgern die gleiche Augenhöhe bestehen. Dazu gehöre, dass die Verwaltung alle Unterlagen in verständlicher Form z. B. im Internet zur Verfügung stelt. Des Weiteren wurde angeregt, den Bürgerinnen und Bürgern während eines Beteiligungsverfahrens einen Ombudsmann zur Seite zu stellen. Auch müssten die Gesetze auf die Höhe der Zeit gebracht und Planungsprozesse beschleunigt werden. Wenn ein Projekt jahrelang nicht begonnen worden sei, müsse eine Revision erfolgen, denn oft veränderten sich die Bedingungen und so auch das Projekt.
Bürgerbeteiligung müsse als echte Beteiligung und nicht als Feigenblatt verstanden werden. Eine bessere Beteiligung betonten die Bürgerinitiativen, könne dazu führen, schneller eine gute Entscheidung zu treffen und Projekte wirtschaftlicher umzusetzen. Hierfür sei eine neue Kultur in der Politik gefragt.
Input der Bürgerinitiativen fließt in Arbeit der Projektgruppe ein
Die Projektgruppe „Infrastrukturkonsens“ wird die Diskussionsergebnisse in die Weiterentwicklung des Diskussionspapiers einfließen lassen. Zudem wurde das Papier an rund 80 Verbände geschickt, die dazu Stellung nehmen. Als weitere Maßnahme wird es ein Dialogpapier zum Bundesverkehrswegeplan geben.
Vertreterinnen und Vertreter der 15 Bürgerinitiativen:
Norbert Braun, Bürgerinitiative Pro Erdkabel Bad Gandersheim/ Kreiensen
Frank Groß, Pro Rheintal e.V. Bürgernetzwerk
Adalbert Häge, Interessengemeinschaft Bahnprotest an Ober- und Hochrhein
Bernd Kördel, Bürgerinitiative - Keine 380 kV Freileitung im Schwalm-Eder-Kreis
Susanne May, Bürgerinitiative Röbbel-Groß Hesebeck Keine A 39
Ralf Müller, Friedrichshagener Bürgerinitiative
Heiner Müller-Ermann, Aktionsgemeinschaft gegen die Isenthalautobahn
Dr. Birte Rodenberg, Bürgerinitiative Stadtring Süd Berlin BISS
Klaus Rohmund, Bürgerinitiative "Keine 380-kV-Freileitung im Werra-Meißner-Kreis"
Matthias Rojahn, Bürgerinitiative Pro Erdkabel Bad Gandersheim/ Kreiensen
Peer Schulze, Interessengemeinschaft "Achtung Hochspannung"
Heinz-Jürgen Siegel, Bürgerinitiative Delligsen in der Hilsmulde e.V.
Malte Siegert, Aktionsbündnis gegen eine feste Fehmarnbeltquerung
Dr. Angelina Sörgel, Bremer Bahnlärminitiative
Klaus Stöcklin, Bürgerinitiative Atdorf, Verein für den Erhalt des Abhaus und des Haselbachtals e. V.
Dr. Ursula Theiler, Bürgerinitiative, "pro Kanallandschaft Kleinmachnower Schleuse"
Ingrid Wagner, Bürgerinitiative Luftverkehr Offenbach
Hartmut Wagner, Bürgerinitiative Luftverkehr Offenbach
Ist der Bau einer Straße notwendig und wenn ja, welche Streckenführung soll sie haben? Geht es nach der SPD-Bundestagsfraktion, werden Bürgerinnen und Bürger künftig besser an Entscheidungen beteiligt. Dazu hat die Projektgruppe "Infrastruktur-konsens" im Rahmen des Projekts Zukunft ein Dialogpapier erarbeitet, das sie mit 15 Bürgerinitiativen diskutierte.