Rund 60 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben heute Anwartschaften auf eine Betriebsrente. Bislang profitieren aber vor allem Beschäftigte der oberen Gehaltsgruppen in großen Betrieben davon. Beschäftigte in kleineren und mittleren Unternehmen und Arbeitnehmer mit niedrigen Einkommen haben bisher das Nachsehen.
Das will die große Koalition ändern. Dazu hat der Bundestag den Entwurf eines Betriebsrentenstärkungsgesetzes (Drs. 18/11286, 18/12612) am 1. Juni 2017 in 2./3. Lesung beschlossen.
Betriebsrente für mehr Beschäftigte in kleineren und mittleren Unternehmen
Künftig werden mehr Beschäftigte in kleinen und mittleren Unternehmen von einer betrieblichen Altersvorsorge profitieren. Dazu können die Sozialpartner (Arbeitgeber und Gewerkschaften) in Tarifverträgen ein neues Betriebsrentenmodell – das Sozialpartnermodell – vereinbaren. Darin sagen die Arbeitgeber einen verbindlichen Beitrag für eine Zielrente zu. Der SPD-Bundestagsfraktion ist es gelungen, den Grundsatz eines Modells der betrieblichen Altersvorsorge ohne Garantien, mit umfangreichen Sicherungsmaßnahmen und im Ergebnis mit hohen Renditemöglichkeiten durchzusetzen. Die anderen Modelle der betrieblichen Altersvorsorge bleiben wie bisher bestehen.
Zusatzrenten für Beschäftigte mit niedrigen Einkommen fördern
Für das neue Betriebsrentenmodell sowie bestehende private und betriebliche Zusatzrenten gilt: Es soll sich für Beschäftigte mit niedrigen Einkommen mehr lohnen, neben der gesetzlichen Rente eine Zusatzrente aufzubauen. Deshalb erhalten Arbeitgeber, wenn sie sich an den Einzahlungen in die Betriebsrenten ihrer Beschäftigten mit niedrigen Einkommen (maximaler Monatsbruttolohn 2.200 Euro) beteiligen, eine steuerliche Förderung. Außerdem gelten in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung künftig Freibeträge von bis zu 200 Euro. Zusätzlich wird die staatliche Zulage zur Riester-Rente von 154 Euro auf 175 Euro pro Jahr erhöht, auch das unterstützt Beschäftigte mit niedrigen bis mittleren Einkommen.
Neben den Betriebsrenten, die von Arbeitgebern finanziert werden, können Beschäftigte einen Teil ihres Bruttolohns sozialabgabenfrei für eine Betriebsrente umwandeln – sogenannte Entgeltumwandlung. Dadurch sparen die Arbeitgeber bei den Sozialversicherungsbeiträgen. Diese Ersparnisse müssen sie in Zukunft weitergeben und in die Altersvorsorge ihrer Beschäftigten einzahlen.
Insgesamt ist es der SPD-Bundestagsfraktion in den parlamentarischen Beratungen gelungen, die rechtlichen Rahmenbedingungen für stabile und sichere Betriebsrenten zu stärken.
Fragen und Antworten zum Bestriebsrentenstärkungsgesetz:
Was ist das neue Sozialpartnermodell?
Künftig sollen mehr kleine und mittlere Unternehmen eine Betriebsrente für ihre Beschäftigten aufbauen. Dazu wird es ein neues Modell der betrieblichen Altersvorsorge geben, was zu den bereits bestehenden Modellen hinzukommt: das Sozialpartnermodell. Es wird von den Sozialpartnern – Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften – in Tarifverträgen vereinbart. Dafür können bereits bestehende Versorgungswerke genutzt oder eine eigene Einrichtung aufgebaut werden. Im Gegensatz zu bisherigen Modellen entfällt die Haftung für eine Garantierente durch den Arbeitgeber. Künftig wird eine Zielrente ohne Garantien vereinbart. Garantiert wird die Zahlung der von den Arbeitgebern zugesagten Beiträge an ein Versorgungswerk. In Zeiten der Niedrigzinsphase werden so die Möglichkeiten für deutlich ertragreichere Anlagen wie Aktien und damit höhere Renten eröffnet, da stärker an der Entwicklung der Kapitalmärkte teilgenommen werden kann. Die Sozialpartner verantworten, wie das Betriebsrentenkapital angelegt wird, und wägen Anlagerisiken und Renditemöglichkeiten ab.
Wie wird das neue Sozialpartnermodell abgesichert?
Die Sicherheit für das Sozialpartnermodell gewährleisten die Sozialpartner. Sie verfügen bereits über viel Erfahrung mit betrieblicher Altersvorsorge. Zudem sollen sie zusätzliche Sicherungsbeiträge vereinbaren. Diese müssen die Arbeitgeber an die Versorgungswerke leisten, um Kapitalpuffer zu bilden. Die SPD-Bundestagsfraktion hat durchgesetzt, dass die Anforderungen an die Kapitalpuffer erhöht wurden. Damit soll das Risiko von Schwankungen bei der Rentenauszahlung minimiert werden. Die Überwachung des Sozialpartnermodells übernimmt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).
Kann das Modell für die gesamte Belegschaft genutzt werden?
Neben der Finanzierung von Betriebsrenten durch Arbeitgeber besteht weiterhin der Finanzierungsweg für Beschäftigte, dafür einen Teil ihres Bruttolohns sozialabgabenfrei einzusetzen. Dies bezeichnet man als Entgeltumwandlung. Soll die Betriebsrente teilweise oder vollständig darüber finanziert werden, können Betriebe ganze Belegschaften unabhängig von deren Gewerkschaftszugehörigkeit automatisch in ihre betriebliche Altersvorsorge aufnehmen – sofern der Tarifvertrag dies vorsieht. Beschäftigte, die daran nicht teilhaben wollen, können ihren Austritt erklären. Bezeichnet wird dies als Options- oder Opt-out-Modell.
Wie verhält es sich bei nichttarifgebundenen Unternehmen?
Auch nichttarifgebundenen Unternehmen soll der Zugang zur neuen Betriebsrente durch entsprechende Regelungen in den Tarifverträgen ermöglicht werden. Daran dürften die neuen Versorgungseinrichtungen der Sozialpartner ohnehin ein hohes Interesse haben, da Modelle des kollektiven Sparens umso besser und günstiger funktionieren, je mehr mitmachen. Die Sozialpartner dürfen für die Beschäftigten dieser nichttarifgebundenen Unternehmen keine ungünstigeren Sonderkonditionen festlegen, soweit diese nicht sachlich begründet sind.
Was ändert sich bei der Entgeltumwandlung?
Wenn Beschäftigte einen Teil ihres Bruttolohns sozialabgabenfrei als Beitrag für eine Betriebsrente einsetzen – sogenannte Entgeltumwandlung –, dann zahlen die Arbeitgeber entsprechend weniger Sozialversicherungsbeiträge. Künftig sind die Arbeitgeber verpflichtet, diese Ersparnisse an die Beschäftigten weiterzugeben. Sie müssen pauschal 15 Prozent des Sparbeitrages des Beschäftigten zusätzlich in dessen Altersvorsorge einzahlen. Diese Regelung gilt für neue Vereinbarungen zur Entgeltumwandlung ab 1. Januar 2019 und ab 2022 für bestehende (d. h. vor 2019 abgeschlossene) Vereinbarungen. Diese wichtigen Erweiterungen hat die SPD-Bundestagsfraktion in der parlamentarischen Beratung erreicht. Damit wird langfristig der als ungerechtfertigt empfundenen Situation begegnet, dass der Arbeitgeber von der Entgeltumwandlung seiner Belegschaft profitiert.
Außerdem ist dies auch ein Ausgleich für die oftmals kritisierten vollen Kranken- und Pflegekassenbeiträge, die in der Auszahlungsphase von Betriebsrenten anfallen. Die Anbieter müssen künftig vor Vertragsschluss darüber informieren, dass in der Auszahlungsphase für die Renten Steuern, Kranken- und Pflegekassenbeiträge zu leisten sind.
Wie wird die betriebliche und private Altersvorsorge attraktiver für Beschäftigte mit niedrigen Einkommen?
Für Beschäftigte mit niedrigen Einkommen ist es wichtig, dass sich der Arbeitgeber finanziell am Aufbau einer betrieblichen Altersvorsorge beteiligt. Mit einem neuen Förderbetrag werden Arbeitgeber motiviert, ihren Beschäftigten mit niedrigen Einkommen eine Betriebsrente mit zusätzlichen arbeitgeberfinanzierten Beträgen zu gewähren. In den Verhandlungen ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, die ursprünglich im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene Einkommensgrenze von 2000 Euro Monatsbruttolohn auf 2200 Euro zu erhöhen. Bis zu dieser Einkommensgrenze erhalten Arbeitgeber einen Steuerzuschuss von 30 Prozent, wenn sie mindestens 240 Euro pro Jahr für eine betriebliche Altersvorsorge einzahlen. Der staatliche Zuschuss beträgt maximal 144 Euro, damit werden höchstens 480 Euro voll gefördert. Davon werden bis zu 14,4 Millionen Arbeitnehmer profitieren können.
Damit sich zusätzliche Altersvorsorge für alle lohnt, wird die Anrechnung von Zusatzrenten wie Betriebs- und Riester-Renten auf die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung neu geregelt: Künftig sollen bis zu rund 200 Euro anrechnungsfrei bleiben. Damit wird die zusätzliche Vorsorge ein echtes Plus auch für Beschäftigte, die unter einem höheren Risiko stehen im Alter mit Grundsicherung ihr Alterseinkommen ergänzen zu müssen.
Gibt es weitere Steuervorteile?
Die bisherige allgemeine steuerliche Förderung der Betriebsrenten wird ausgeweitet. Künftig können maximal 6000 Euro steuerfrei an Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge wie Pensionskassen, Pensionsfonds oder Direktversicherungen gezahlt werden.
Was verbessert sich noch bei der Riester-Rente?
Die Möglichkeit einer Riester-Förderung im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung wird attraktiver. Bislang ist eine Riester-Rente aus einer betrieblichen Altersversorgung beitragspflichtig in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, obwohl hierzu bereits Beiträge in der Ansparphase geleistet wurden. Damit sind sowohl die Beiträge als auch die späteren Leistungen sozialversicherungspflichtig (so genannte „echte Doppelverbeitragung“). Zukünftig sind die betrieblichen Riester-Verträge genauso wie die privaten Riester-Verträge in der Ver-rentungsphase von der Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung befreit. Die Doppelverbeitragung bei den über den Arbeitgeber organisierten Riester-Renten ist damit abgeschafft.
Zum Hintergrund
Insgesamt haben heute 57 Prozent der Beschäftigten Anwartschaften auf eine betriebliche Altersversorgung. In Betrieben mit mehr als 1000 Beschäftigten sind es sogar 80 Prozent, in Betrieben mit weniger als 500 Beschäftigten sind es nur noch 44,8 Prozent. Das heißt: Beschäftigte in kleineren und mittgroßen Betrieben sowie Beschäftigte mit niedrigen Einkommen haben das Nachsehen bei der betrieblichen Altersvorsorge. Zwei Gutachten, die die Bundesregierung in Auftrag gegeben hatte, lieferten die Erkenntnis, dass die Garantie, die der Arbeitgeber bislang für eine bestimmte Höhe einer späteren Betriebsrente gibt, ein Hemmnis für kleine und mittlere Unternehmen ist. Denn die Absicherung einer garantierten Rente setzt hohe Rückstellungen und finanzielle Absicherungen voraus und Garantien kosten Geld. Geringverdiener gaben an, dass sie sich einen Freibetrag wünschen, der nicht auf die Grundsicherung im Alter angerechnet wird.