Gesetzentwürfe handwerklich schlecht gemacht
Die acht Gesetzentwürfe wurden den Fraktionen im Bundestag erst am Montag zugeleitet. Insgesamt umfassen die Papiere mehr als 700 Seiten. Bis zur 1. Lesung war die Zeit zu kurz, um sich mit den Inhalten umassend auseinander zu setzen. Die SPD-Bundestagsfraktion wird die Gesetzentwürfe intensiv prüfen und auch Änderungsanträge in den befassten Ausschüssen bis zur 2./.3 Lesung stellen. Schon jetzt steht fest, dass die vorliegenden Gesetzesnovellen handwerklich als mangelhaft bewertet werden müssen.
25 Jahre später als die SPD wollen Union und FDP den Atomausstieg
Grundsäztlich begrüßt die SPD-Bundestagsfraktion, dass Union und FDP, wenn auch erst 25 Jahre später als die Sozialdemokraten, einsehen, dass der Ausstieg aus der Risikotechnologie Atomenergie notwendig ist. Erst im Herbst letzten Jahres hatten die Kanzlerin und ihre schwarz-gelbe Truppe die von Rot-Grün eingeleitete Energiewende durch die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke (AKW) ausgebremst. Zudem hat Schwarz-Gelb die Fördermittel für den Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie auch die für die energetische Sanierung von Gebäuden zusammengestrichen.
Schwarz-Gelb muss den Fehler der verlängerten AKW-Laufzeiten korrigieren
Frank-Walter Steinmeier wertete in seiner Rede die Änderung des Atomgesetztes als „Irrtumsbereinigungsgesetz“, dass nun den Fehler der Laufzeitverlängerung korrigieren solle. Der SPD-Fraktionsvorsitzende warf der Kanzlerin vor, sich nun als „Erfinderin der Energiewende“ hinzustellen. „Eins werde ich nicht vergessen: Mit welchen Hetzreden Sie uns vor zehn Jahren durch die Lande gejagt haben“, damit erinnerte Steinmeier an die Debatte über den rot-grünen Atomausstieg und den damaligen forcierten Einstieg in die Erneuerbaren Energien.
Rede des SPD-Fraktionsvorsitzenden Dr. Frank-Walter Steinmeier MdB
SPD hat 1986 Konsequenzen aus Tschernobyl gezogen
Steinmeier verwies darauf, dass die Sozialdemokraten bereits vor 25 Jahren, nach dem Reaktorunglück in Tschernobyl mit der Forderung des Atomausstiegs sowie des Einstiegs in alternative Energien die richtige Konsequenz gezogen haben. Als der damalige SPD-Fraktionsvorsitzende Hans-Jochen Vogel diese Position im Bundestag vertreten hat, sei ihm die gleiche Häme entgegen gebracht worden, mit der Schwarz-Gelb auch die Rot-Grüne Energiepolitik begleitet habe. Die Kanzlerin solle aufhören den Atomausstieg als große nationale Gesellschaftsaufgabe zu erklären, „die Gesellschaft ist längst weiter als Sie.“
SPD stellt Bedingungen für eine Zustimmung zu den Gesetzen der Koalition
Der SPD-Fraktionsvorsitzende sagte der Bundesregierung die prinzipielle Unterstützung seiner Partei für den Ausstieg aus der Atomkraft zu und nannte die Bedingungen für eine Zustimmung der Sozialdemkoraten: Wenn die Regierung glaubwürdig und tatsächlich unumkehrbar sowie phasenweise aus der Atomenergie aussteigen wolle, „dann werde ich nicht taktisch und nicht krampfhaft nach Gründen suchen, um meiner Partei die Ablehnung zu empfehlen." Allerdings sehe die SPD noch Änderungssbedarf, beispielsweise bei der Neufassung des Erneuerbare Energiengesetzes, das die Potenziale z.B. auch bei der Moderinisierung der Windparks an Land (Repowering der Onshore-Anlagen) noch nicht richtig ausschöpfe. Steinmeier forderte die Regierung auf, sich in den parlamentarischen Beratungen in den Ausschüssen „entscheidend“ zu bewegen. Dazu gehöre auch, dass Schwarz-Gelb sich der Frage der Endlagerung stellen müsse.
Energiewende muss wirtschaftlich vertretbar gestaltet werden
Der SPD-Fraktionsvorsitzende machte auch deutlich, dass Deutschland als größte Volkswirtschaft Europs, keinen ständigen Wechsel in der Energiepolitik vertrage, sondern eine stringente und verlässliche Energiepolitik brauche. Deshalb werde die SPD-Bundestagsfraktion Vorschläge einbringen, um die Energiewende für die Wirtschaft vertetbar zu vollziehen.
Rede des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Ulrich Kelber MdB
Kanzlerin soll es eingestehen: die Laufzeitverlängerung war ein Fehler
Die Absenkung der Sicherheitsstandards für Atomkraftwerke, wie sie im Rahmen der Laufzeitverlängerung durch Schwarz-Gelb festgeschrieben wurde, hat die Bundesregierung in den vorliegengenden Gesetzentwürfen nicht zurück genommen. Diesen Umstand kritisierte der stellvertetende SPD-Fraktionsvorsitzende Ulrich Kelber.Ebenso kreidete er der Regierung an, dass sie für die Endlagersuch für Atommüll keine gesetzlichen Grundlage schaffen wolle. Auch müsse das kerntechnische Regelwerk von 2009 für die noch am Netz befindlichen neun Atommeiler in Kraft gesetzt werden. Kelber dankte allen Atomkraftgegnern, die mit ihrem Protest in den letzten Monaten und Wochen Flagge gezeigt haben. Der Kanzlerin warf er vor, kein Anzeichen des Fehlereingeständnisses zu zeigen.
Zur Absicherung der Energiewende muss aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKGes) novelliert werden, damit diese effizienteste Form der Primärenergieverwertung einen größeren Anteil einnimmt.
Rede des Sprechers der Arbeitsgruppe Energie, Rolf Hempelmann MdB
Rolf Hempelmann wies in seiner Rede darauf hin, dass es von der Chuzpe der Regierung zeugen würde, weil diese nun den Atomausstieg mit den gleichen Worten preisen würde, wie noch vor einem halben Jahr die Laufzeitverlängerung. Er machte auch deutlich, das der rot-grüne Atomausstieg gemeinsam mit dem Erneuerbare-Energiengesetz (EEG) die Entwicklung der Erneuerbaren Energien überhaupt erst möglich gemacht habe.
Die Energiewende gelingt nur mit Kraft-Wärme-Kopplung
Die Bundesregierung hatte Eckpunkte zum neuen KWKGes im Rahmen des Energiepakets angekündigt, die nun aber ohne Begründung nicht mit vorgelegt wurden. Daher legt die SPD-Bundestagsfraktion nun in einem Antrag die notwendigen Eckpunkte vor und fordert, dass die Bundesregierung sofort eigene Eckpunkte liefert und nach der Sommerpause ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren auf den Weg bringt.
Mit dem Integrierten Energie- und Klimaprogramm (IEKP) hatte die Bundesregierung von CDU/CSU und SPD am 5. Dezember 2007 ein umfassendes Konzept für den Umbau des Energieversorgungssystems Deutschland hin zu einer 40prozentigen Treibhausgasreduktion und zum Ausbau der Erneuerbaren Energien vorgelegt. Der erste Punkt in diesem Programm betraf dabei die Novellierung KWKGes.
Am 1. Januar 2009 trat das neugefasste KWKGes in Kraft. Das Ziel, bis zum Jahr 2020 den Anteil des KWK-Strom an der gesamten Stromerzeugung in Deutschland auf 25 Prozent zu erhöhen und damit im Rahmen des IEKP rund 20 Millionen Tonnen Kohlendioxidemissionen einzusparen, wird nicht erreicht werden. Neben Hemmnissen in dem Gesetz selbst, wirken sich auch der EU-Emissionshandel und insbesondere die von der schwarz-gelben Bundesregierung im vergangenen Oktober beschlossene Laufzeitverlängerung für die deutschen Atomkraftwerke (AKW) negativ aus.
Gerade in einem forcierten Ausbau der KWK liegen etliche Vorteile:
- Die KWK ist die effizienteste Nutzung von sowohl fossilen als auch biogenen Energieträgern. Sie ist damit unerlässlich für jede Effizienzstrategie.
- Als ausgereifte Effizienztechnologie kann die KWK im Vergleich mit anderen Arten der Energieerzeugung niedrige CO2-Vermeidungskosten vorweisen.
- Gasbasierte KWK ist hoch flexibel. Sie ist daher prädestiniert für die Kombination mit fluktuierenden Erneuerbaren Energien.
- Moderne KWK-Anlagen können mit geringem Aufwand auf die Nutzung von biogenen Energieträger (Biogas, Biomethan etc.) umgerüstet werden.
- Das Anwendungsspektrum von KWK-Anlagen breitet sich aus zwischen kleinen Anlagen in Einfamilienhäusern (Mikro-KWK) über BHKW in größeren Gebäudekomplexen bis hin zu großen Kraftwerkseinheiten.
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Durch ihre dezentrale und verbrauchsnahe Ausrichtung bietet die KWK ein Betätigungsfeld für neue und kommunale Energieanbieter. Sie stärkt damit den Wettbewerb im Strom- und Wärmemarkt.
Neue und dezentrale KWK-Anlagen können im Gegensatz zu großen Kraftwerken rasch geplant und errichtet werden. Sie können daher eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung von gesicherten Erzeugungskapazitäten im Rahmen der geplanten Energiewende spielen.