Mit dem CWA, den das Bundesfinanzministerium für die G20-Tagung vorgelegt hat, soll ein Instrumentarium beschlossen werden, das privatwirtschaftliche Investitionen vor allem in die Infrastruktur afrikanischer Staaten fördert. An diesem Programm haben unter anderem der Internationale Währungsfonds (IWF), Weltbank und die Afrikanische Entwicklungsbank mitgearbeitet. Die Industriestaaten sollen etwa Investments absichern, was die afrikanischen Länder für ausländische Investoren attraktiver machen wird. Die teilnehmenden Länder Afrikas sollen zudem Barrieren für ausländische Investoren abbauen.
Die SPD-Fraktion betrachtet den CWA kritisch: Mit ihm gelingt es zwar, die Afrikapolitik auf der politischen Agenda zu verankern, und auch die Schaffung effektiver Steuersysteme sowie die Vermeidung von Kapitalflucht aus afrikanischen Ländern sind enorm wichtig. Doch in Form und Inhalt ist der CWA gleichzeitig ein Ausweis eines anachronistischen Geber-Nehmer-Schemas und eines neoliberalen Wirtschaftsverständnisses. Ungeachtet ihrer möglichen positiven Effekte können private Investitionen staatliche Leistungen nicht ersetzen. Und eine funktionierende Infrastruktur allein bringt noch keine qualitative Beschäftigung. Solange soziale und rechtsstaatliche Elemente, wie die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organisation – ILO), nicht im CWA verankert sind, schafft er zwar Investitionsziele für deutsche Unternehmen – unterstützt aber auch autoritäre Regime. Ebenso wird es nur einen nachhaltigen Entwicklungsweg für die afrikanischen Partnerländer geben, wenn der Klimaschutz im Pakt eine Rolle spielt.
Der Fokus des CWA auf die Verringerung der Fluchtbewegung aus Afrika verstellt den Blick dafür, dass eine qualifizierte und geregelte Zuwanderung für alternde Industriegesellschaften unverzichtbar ist. Zudem richtet er sich vor allem an diejenigen Staaten, die auf dem afrikanischen Kontinent bereits relativ gut dastehen. Doch gerade die schwächsten Länder Afrikas bedürfen der Unterstützung. Dabei muss vermieden werden, dass Förderinstrumente in neue Verschuldungsfallen führen.
In den G20 ist mit Südafrika nur ein afrikanischer Staat vertreten. Das zeigt, dass zwischen der Beteiligung von Weltbank und IFW und dem weitgehenden Ausschluss afrikanischer Partner ein Missverhältnis herrscht. Auch wird der CWA nicht mit bereits existierenden internationalen Plänen, wie den Nachhaltigen Entwicklungszielen der UN und der Agenda 2063 der Afrikanischen Union, abgestimmt. Damit trägt er vielmehr zur nationalstaatlichen Zerfaserung der internationalen Entwicklungszusammenarbeit bei.
Die SPD-Fraktion strebt eine partnerschaftliche und multilateral eingerahmte Afrikapolitik an. Aus ihrer Sicht sind die Vereinten Nationen hierfür die beste Plattform und nicht exklusive Foren wie G20. Außerdem profitiert die deutsche Wirtschaft mehr von einheitlichen Strategien als vom Ressortdenken und dem Geltungsbedürfnis einzelner Bundesminister. So legte Entwicklungsminister Gerd Müller (CDU) ohne Ressortabstimmung seinen „Marshall-Plan mit Afrika“ vor, der bei den afrikanischen Partnern nur für Achselzucken sorgte. Denn dieser Plan war nicht mit Afrika entwickelt worden, sondern für Afrika. „Mit Afrika“ ist hier ein Etikettenschwindel.
Die sozialdemokratischen Abgeordneten sprechen sich in ihrem Papier für einen Paradigmenwechsel in der Zusammenarbeit mit den Ländern Afrikas aus und machen deutlich: Sozialdemokratische Politik mit dem Nachbarkontinent ist mehr als nur die Schaffung von Investitionsmöglichkeiten für die Privatwirtschaft und die Vermeidung von Flucht/Migration nach Europa. Als Ziel benennt die SPD-Fraktion vielmehr die nachhaltige Transformation afrikanischer und europäischer Gesellschaften nach sozialen und ökologischen Kriterien. Gerechtigkeit, Frieden, Nachhaltigkeit und Solidarität müssen im Mittelpunkt deutscher Afrikapolitik stehen. Ziele wie Demokratisierung und Klimaschutz dürfen keiner Investitions- und Wachstumsagenda für Europa untergeordnet werden.