Die Kommission wollte am 4. Juli 2011 die Beratung des Zwischenberichtes abschließen und die Berichtsteile der Projektgruppen Urheberrecht, Netzneutralität, Medienkompetenz und Datenschutz verabschieden. Dabei kam es im Verlauf der Sitzung zu einem Eklat: Zunächst stand die abschließende Beratung der Handlungsempfehlungen zum Urheberrecht auf der Tagesordnung, bei der die Koalition mehrere Abstimmungen verloren hatte, weil ein Teil der von CDU/CSU und FDP benannten Sachverständigen für unsere Vorschläge votierten. Daraufhin hat die Koalition mit leicht durchschaubaren Geschäftsordnungstricks die Beratung der Berichtsteile Datenschutz und Netzneutralität von der Tagesordnung nehmen lassen und die Abstimmung auf den Herbst verschoben. Daher gibt es zunächst nur einen Teil-Zwischenbericht mit den Berichtsteilen Medienkompetenz und Urheberrecht. Offensichtlich war die Sorge zu groß, die Abstimmungen vor allem hinsichtlich einer von uns geforderten gesetzlichen Verankerung der Netzneutralität oder aber für einen wirklichen Arbeitnehmerdatenschutz in der Enquete-Kommission zu verlieren.
Medienkompetenz
Unsere Beschlüsse zur Medienkompetenz können sich sehen lassen. Die Empfehlungen an den Deutschen Bundestag sind getragen von dem Gedanken, Medienkompetenz nicht bloß als verlängerten Arm des Jugendschutzes zu sehen, sondern alle Generationen so zu stärken, dass sie sich sicher und kompetent im Netz bewegen können. Schon heute entscheidet der kompente Zugang zu Neuen Medien über Bildungs- und Berufschancen, deshalb ist die Verankerung der digitalen Bildung in der Schule eine der wichtigsten Herausforderungen.
Bei dem Berichtsteil Medienkompetenz ist hervorzuheben, dass hier eine große Einigkeit über die Bedeutung von Medienkompetenz und deren Rahmenbedingungen besteht. Dies betrifft auch die Annahme, dass es sich bei der Gewinnung von Medienkompetenz nicht nur um ein Thema für Kinder und Jugendliche handelt, sondern alle Generationen angesprochen werden. Die SPD-Fraktion und die von ihr benannten Sachverständigen haben hier den Begriff der „digitalen Selbständigkeit“ in die Arbeit der Kommission eingebracht. Damit ist das Ziel gemeint, dass jeder Bürger und jede Bürgerin in der Lage sein soll, alle Möglichkeiten der „Digitalen Gesellschaft“ selbständig zu nutzen.
Eine der Kernforderungen der Kommission lautet zudem, dass alle Schülerinnen und Schüler mit einem Laptop ausgestattet werden sollen. Die Arbeitsgruppe der SPD hat durchgesetzt, neben der technischen Ausstattung vor allem eine dazugehörende Ausbildung der Lehrkräfte, eine Überarbeitung der Bildungskonzepte sowie die Digitalisierung von Schulbüchern und Lehr- und Lerninhalten und deren Zugänglichmachung im Netz zu fördern.
Urheberrecht
Das Internet hat enorme Auswirkungen auf die Ordnung immaterieller Güter. Während auf der einen Seite kritisiert wird, dass Rechtsverletzungen erleichtert und ihre Verfolgung erschwert wird, wird auf der anderen Seite beklagt, dass das kreative Potenzial des Netzes nicht voll ausgeschöpft werden kann, wenn die Urheberrechtsordnung Hindernisse in den Weg legt, die aus dem vordigitalen Zeitalter stammen.
Vor diesem Hintergrund ist es zu begrüßen, dass die Enquete-Kommission eine systematische Reform des Urheberrechts vorschlägt, um einen angemessenen Ordnungsrahmen für die „digitale Gesellschaft“ zu schaffen. Bei unseren Vorschlägen haben wir nicht den leichten Weg gewählt: Weder sollen schlicht neue Praktiken auf Kosten der Rechteinhaber legalisiert, noch soll dem Wunsch nachgegeben werden, schärfere rechtliche Sanktionsinstrumente durchzusetzen. Vielmehr versuchen die Vorschläge den Interessenausgleich im Detail etwa dadurch, dass ein modularer Ansatz bei der Reaktion auf Rechtsverletzungen im Netz gewählt wird.
Mit einigen Vorschlägen konnten wir auch einige der seitens der Koalition benannten Sachverständigen überzeugen und eine Mehrheit in der Kommission erzielen. Dies betrifft beispielsweise den Einsatz von Creative Commons Lizenzen, die Modernisierung der Schrankenregelungen und die Ablehnung von Internetsperren und Internetzugangssperren.
Sozialdemokratisches Profil
Die Verabschiedung des Zwischenbericht ist ein Erfolg für die SPD. Wir haben Mehrheiten erreicht, in dem wir den Ausgleich der Interessen gesucht und Kompromisse zur Abstimmung gestellt haben. Wir haben es geschafft, ein klares sozialdemokratisches Profil herauszubilden, das sich an den Leitlinien Teilhabe, Chancengerechtigkeit und sozialer Sicherung orientiert.
Online-Beteiligung
Die Möglichkeit der Online-Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern ist bereits im Einsetzungsantrag der Internet-Enquete herausgehoben festgehalten worden. Gegen erhebliche Widerstände aus den Reihen der Koalition haben vor allem die SPD-Bundestagsfraktion, die beiden anderen Oppositionsfraktionen und die Netzsachverständigen durchgesetzt, dass Ende Februar 2011 die Online-Beteiligungsplattform "Adhocracy" unter der Adresse "enquetebeteiligung.de" an den Start gehen konnte. Dieses Beteiligungssystem soll es den Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, Textentwürfe der Kommission zu kommentieren, Änderungsvorschläge zu unterbreiten oder eigene Vorschläge einzubringen. Der in der Enquete-Kommission so genannte 18. Sachverständige kann sich auf diese Weise noch direkter in die Arbeit einbringen. Für die Arbeit der Kommission ist diese Transparenz und das Erproben von neuen Beteiligungsmöglichkeiten aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion von entscheidender Bedeutung, denn nur dann kann man auch die Potenziale der Digitalisierung und Vernetzung für die Politik, das Parlament und unsere demokratisch verfasste Gesellschaft bewerten und heben.