Ermöglicht haben die Stolperstein-Verlegung die vier im Deutschen Bundestag vertretenen Fraktionen. Für die SPD-Bundestagsfraktion spendeten der Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Eva Högl und die Beauftragte für Kirchen und Religionsgemeinschaften Kerstin Griese, um gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen die Patenschaft für die zehn Stolpersteine zu übernehmen.

Stolpersteine verhindern das Vergessen

„Seit fast 20 Jahren erinnert Gunter Demnig an die Opfer der NS-Zeit, indem er vor ihrem letzten selbstgewählten Wohnort Gedenksteine aus Messing, die sogenannten Stolpersteine, verlegt. Damit verhindert er das Vergessen und bringt die Namen des einzelnen Verfolgten zurück.

Ich freue mich, dass Abgeordnete aller Bundestagsfraktionen Patenschaften für diese Stolpersteine übernommen haben“, erklärte Thomas Oppermann.

Stolpersteine sind Mahnung

„Es ist wichtig, die Menschen, die hier am Spreeufer spazieren gehen, daran zu erinnern, dass auch an diesem Ort Juden gelebt haben, die aus ihren Wohnungen vertrieben und später ermordet wurden. Das zeigt auch, dass die Verfolgung der Juden im öffentlichen Raum stattfand und für die Berliner Bevölkerung sichtbar war. Jeder Stolperstein ist eine Mahnung, dass sich so ein Verbrechen an der Menschheit nicht wiederholen darf“, sagte Eva Högl, zu deren Wahlkreis das Spreeufer am Marie-Elisabeth-Lüders-Haus gehört.

Gedenken, um für die Zukunft zu lernen

„Erinnerung braucht Namen. Gedenken bedeutet, an konkrete Menschen, ihre Familien und ihre Lebensgeschichten zu denken. Die Stolpersteine sind eine einzigartige Form, darauf aufmerksam zu machen, wer die Menschen waren, die mitten unter uns lebten. Stolpersteine zeigen uns, wie viele es waren, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Dieses Gedenken ist wichtig, um für die Zukunft zu lernen“, erläuterte Kerstin Griese, SPD-Fraktionsbeauftragte für Kirchen und Religionsgemeinschaften.

Erinnerung an zehn jüdische Schicksale

Die Stolpersteine sind am Marie-Elisabeth-Lüders Haus auf Anregung des Aktiven Museums Faschismus und Widerstand in Berlin e.V. und der Koordinierungsstelle Stolpersteine verlegt worden. Aus dem früher dort befindlichen Wohnhaus am Schiffbauerdamm 29 mussten im Februar 1941 alle Mieterinnen und Mieter ausziehen, weil die gesamte Bebauung für den Hauptstadtbau von Albert Speer abgerissen werden sollten. Unter den Bewohnern des Gebäudes waren der jüdische Mieter Willy Hirsch, seine Frau Rosalie, seine Adoptivkinder Ruth und Abraham A. und seine jüdischen Untermieterinnen und Untermieter Ella Horowitz, Jacob, Max und Else Tichauer sowie Martin und Jenny Schwersenski. Sie alle wurden aus der Wohnung von Willy Hirsch vertrieben. Die meisten von ihnen wurden in Vernichtungslagern wie Sobibor und Auschwitz sowie im KZ-Sachsenhausen von den Nationalsozialisten ermordet, darauf wies die Berliner Historikerin Susanne Willems hin. Ihnen allen wird nun durch die zehn Stolpersteine gedacht.

Die Räumung des Hauses am Schiffbauerdamm 29 sorgte dafür, dass etwa hundert Menschen wohnungslos wurden und fast so viele Berliner Juden in ihren Wohnungen zusammenrücken mussten. Die 27 nichtjüdischen Mieterinnen und Mieter, die ihre Wohnung am Schiffbauerdamm räumen mussten, konnten sich Ersatzwohnungen in anderen Teilen Berlins aussuchen, aus denen wiederum die ursprünglichen jüdischen Mieter ausziehen mussten. Die jüdischen Mieter und Untermieter vom Schiffbauerdamm 29 mussten zusehen, dass sie in den Wohnungen anderer Berliner Juden unterkommen konnten. Zu dieser Zeit wohnten im Durchschnitt etwa 15 bis 17 Juden in einer Wohnung.

Die Vorsitzende des Vereins Aktives Museum, Christine Fischer-Defoy, würdigte die Stolpersteine als „bürgerschaftliche Erinnerungsskulptur“, das pro Stein das kleinste Mahnmal und gleichzeitig zusammengenommen das größte Mahnmal weltweit für NS-Opfer sei.

Über dunkle Geschichte stolpern

Die Stolpersteine sind ein Projekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig. Der Künstler, der Anfang der 1990er Jahre das Konzept der Stolpersteine entwickelt hatte, drückte aus, wie positiv es sei, dass sich weiterhin immer wieder Menschen engagieren und dafür sorgen, dass Stolpersteine an das Schicksal der NS-Opfer erinnern. Die Steine mit der kleinen Messingplatte (96 mal 96 Millimeter und 100 Millimeter tief) lassen die Passantinnen und Passanten über diese dunkle deutsche Geschichte stolpern. Sie werden in der Regel dort verlegt, wo sich der letzte frei gewählte Wohnort der NS-Opfer befand. In Berlin liegen 6300 Steine. Insgesamt sind es in Deutschland und in 18 anderen europäischen Ländern 53.000 Stolpersteine.