Deutschland braucht den Euro – ebenso wie Europa. Ohne den Euro wären die negativen Auswirkungen der Finanzkrise noch stärker ausgefallen. Die Staaten der Euro-Zone sind längst eine Schicksalsgemeinschaft, sie sind untrennbar miteinander verbunden. Eine wirksame und nachhaltige Stabilisierung der Euro-Zone muss daher weiterreichende Regulierungsschritte für Finanzmärkte enthalten.

Wir stehen zum Vereinten Europa und zum Euro

Für Solidarität brauchen wir Mut. Die Rettung des Euro ist allerdings weit mehr als ein Akt der Nächstenliebe gegenüber Staaten, die nicht mehr in der Lage sind, ihre Schulden zu bezahlen. Die Rettung des Euro liegt im ureigensten deutschen Interesse. Die Rückkehr zu nationalen Währungen ginge mit einer massiven Verteuerung unserer Exporte einher, denn mit der Abwertung der anderen Währungen würde die D-Mark aufgewertet. Wechselkursrisiken führten zu weniger Handel. Aber rund 60 Prozent unserer Exporte gehen in die EU. Lassen wir also die Eurozone zerbrechen, werden die deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch Arbeitsplatzabbau die Hauptleidtragenden sein. Der Schaden für Deutschland wäre kaum abzuschätzen.

Griechenland dürfte damit erst recht nicht geholfen sein. Durch die Abwertung und damit Schwächung ihrer Währung wären die Hellenen noch viel weniger in der Lage, ihre Auslandsschulden in Fremdwährung zurück zu zahlen – auch nicht die an Deutschland. Die Rettung der Eurozone gibt es nicht zum Nulltarif. Aber der Zusammenbruch kostet uns weit mehr, weil er unsere Wirtschaft immens schwächen wird. Mit der Rettung der Eurozone fördern wir Wachstum in allen Ländern und sichern Beschäftigung und Wohlstand.

Deshalb ist es höchste Zeit, einen dauerhaften Krisenabwehrmechanismus mit klaren und glaubhaften Regeln zur Gläubigerbeteiligung, zum Schuldenabbau und zur Regulierung der Finanzmärkte zu schaffen und um einen europäischen Wachstumspakt zu ergänzen.

Griechenland unterstützen

Griechenland steht vor einem Epochenwechsel. Alle Beteiligten wissen es. Es gibt nichts mehr in der Staatskasse, dass verteilt werden kann. Es gibt kein billiges Geld mehr auf den Anleihemärkten. Die griechische Regierung hat unter Regierungschef Giorgos Papandreou einen mutigen Reformkurs in die Wege geleitet. Dieser muss seitens der EU und ihrer Mitgliedsländer unterstützt werden. Erste Erfolge der Konsolidierung sind bereits eingetreten. Griechenland braucht Zeit für diesen grundlegenden Wandel. Es kann sich nicht aus der Krise heraus sparen, wenn nicht Wachstumsimpulse und Wettbewerbsstrategie hinzukommen. Großer Respekt ist gegenüber der griechischen Bevölkerung aufzubringen, die sehr tiefe Einkommenseinschnitte hinnehmen muss.

Ursachen und Krisenmanagement

Das konservative Krisenmanagement in der EU hat nicht zur Eindämmung der Krise geführt. Im Gegenteil: Am Beispiel Griechenland müssen wir leidlich miterleben, dass die Schulden, die im Zuge der Finanzkrise in die Höhe geschnellt sind, weiter ansteigen. Und auch Irland und Portugal sind in Not geraten – wenn auch aus sehr unterschiedlichen Gründen. Natürlich erwarten wir in Griechenland das Ende der Schludrigkeit. Kein Staat kann funktionieren, wenn Steuern nicht erhoben werden.

Die Kanzlerin hat aus Wahltaktik eine funktionierende Lösung verschleppt. Aus Ermangelung einer durchdachten Strategie werden uns nun Aufstockungen oder weitere Fonds vorgeschlagen. Genützt hat das bisher wenig. Die Finanzmärkte konnten wir damit nicht beeindrucken.

Unsere Kritik lautete von Anfang an: Die Ursachen der Krise müssen endlich beseitigt werden, ein umfassendes Gesamtkonzept ist gefragt. Und das hat nichts mit immer weiteren Blankoschecks an die krisengebeutelten Staaten zu tun.

Die einseitigen Sparkonzepte zu Lasten von Arbeitnehmern, Rentnern und sozialer Infrastruktur sind sicher falsch. Sie eröffnen den betroffenen Ländern keine Perspektive, sich wirtschaftlich zu erholen, um überhaupt in der Lage zu sein, den Haushalt auszugleichen und Schulden zurück zu zahlen. Nachhaltige Haushaltsführung ja, aber dafür ist wirtschaftliches Wachstum zwingend erforderlich.

Schuldenkrise seit mehr als einem Jahr

Die Schuldenkrise im Euroraum beschäftigt uns seit Mai 2010. Eines wird immer klarer: Jede dauerhaft tragfähige Lösung erfordert zwingend die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Zuletzt haben wir in einem parallel mit den französischen Sozialisten eingebrachten Antrag am 9. Juni 2011 gefordert, dass auch Transaktionen auf den Finanzmärkten einer Umsatzsteuer unterliegen.

Es war ganz wesentlich die Finanzmarktkrise, die zur Verschärfung der Staatsschuldenkrise in der Eurozone geführt hat. Dies vor Augen, haben wir die schwarz-gelbe Koalition früh gewarnt, dass ein einseitiges Spardiktat schwache Länder wie Griechenland nicht vor der Pleite retten wird. Das Land steckt jetzt in einer Schulden-Rezessions-Spirale. Es hat heute eine höhere Staatsverschuldung und muss höhere Zinsaufschläge zahlen als zum Zeitpunkt des ersten Rettungspakets vor einem Jahr. Wir haben schon im Mai 2010 davor gewarnt, die tieferen Ursachen der Krise auszublenden und die Beteiligung der Finanzmärkte abzublocken.

Auch in unserem Entschließungsantrag zur Regierungserklärung vom 10. Juni 2011 haben wir unsere Position klar gemacht und u.a. ein Europäisches Wachstumsprogramm gefordert. Außerdem soll endlich der Grundsatz geltend gemacht werden: Risiko und Haftung gehören zusammen. Wir kritisieren die reine Kreditvergabe und setzen uns für mehr Hilfe zur Selbsthilfe ein. Um die Spekulationen und Zockereien auf den Finanz- und Kapitalmärkten zu beenden, ist mehr Regulierung und Aufsicht einzuführen. Und schließlich ist für uns auch wichtig, dass die Mitwirkungs- und Entscheidungsrechte der Parlamente gestärkt werden.

Unsere Antworten für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Europa

  1. Zum Funktionieren einer Währungsunion müssen die Leistungsbilanzen ausgeglichen sein. Deshalb sind die Ungleichgewichte symmetrisch abzubauen. Es muss endlich Schluss sein mit der Lohnzurückhaltung insbesondere in Deutschland! In den notleidenden Ländern müssen sich die Löhne und Gehälter an Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit orientieren.
  2. Zwingend ist eine Banken- und Finanzmarktregulierung. Wir fordern die Einführung einer europäischen Finanztransaktionssteuer zur Eindämmung von Spekulationen. Wir brauchen mehr als Gläubigerbeteiligung: Mit der Rettung von unterkapitalisierten Banken durch Staatsgarantien muss Schluss sein. Wer ein hohes Risiko eingeht, muss auch dafür haften! Es kann nicht angehen, dass der Staat die Zeche zahlt. Als Gegengewicht zu privaten Ratingagenturen, die mit ihren Bewertungen über die Zukunft von Staaten urteilen, muss eine europäische Ratingagentur installiert werden, die die Bonität von Ländern bewertet.
  3. Eurobonds gehören ebenso zur Lösung. Einerseits profitieren durch teilweise Gemeinschaftshaftung alle Länder von den insgesamt niedrigeren Zinsen. Auf der anderen Seite bleibt der Reformdruck auf verschuldete Staaten durch die weiter existierenden nationalen Anleihen bestehen. Sicher werden durch Eurobonds Aufschläge für Bundesanleihen fällig, diese werden aber letztlich günstiger sein als ein Zusammenbruch der Währungsunion bzw. ständig neue finanzielle Hilfspakete.
     
  4. Wir fordern einen sofortigen und massiven Zinsnachlass für Griechenland. Zinszahlungen sind eben keine Strafmaßnahmen, die den Staat geißeln sollen. Wirtschaftliches Wachstum ist die Voraussetzung dafür, dass die Finanzierung der Schulden nicht durch neue Kredite erfolgen muss.
  5. Ein sozialer Stabilitäts- und Wachstumspakt ist unsere Antwort auf das konservative Wettbewerbsmodell. Unser Ziel eines sozialdemokratischen Europas ist eine demokratische und soziale Wohlstandsunion. Europaweite Mindestlöhne, beispielsweise ausgerichtet an der Höhe nationaler Durchschnittseinkommen, sowie eine Körperschaftssteuerbemessungsgrundlage mit einem Mindestsatz zur Vermeidung von Steuerdumping gehören dazu.
  6. Wir fordern eine vom Deutschen Bundestag und Europäischen Parlament kontrollierte Koordination der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Auch hier müssen wir mehr Demokratie wagen!