Wir sind gegen die Schließung unserer nationalen Grenze, weil das in der Realität nicht dazu führen würde, dass weniger Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Die Menschen würden sich trotzdem auf den Weg machen und einen Grenzübertritt über die grüne Grenze versuchen. Um das zu verhindern, müsste man die Grenzen sichern wie einst die DDR – mit Mauern, Stacheldraht und im Notfall mit Waffengewalt. Das lehnen wir entschieden ab.
Selbst wenn es uns gelänge, die Flüchtlinge von einem Grenzübertritt nach Deutschland abzuhalten, würde das einen Dominoeffekt in anderen EU-Staaten wie Griechenland oder Bulgarien und in den Westbalkanstaaten auslösen. Viele Flüchtlinge würden in diesen Ländern bleiben wollen, wenn sie nicht mehr nach Deutschland können. Viele der Länder aber wären damit überfordert, so viele Flüchtlinge wie Deutschland aufzunehmen. Die Gefahr wäre groß, dass dadurch ein Kollaps der EU-Krisenstaaten eintritt oder gar die jungen Demokratien in dieser Region destabilisiert werden.
Aber auch für die Europäische Union wäre eine Schließung der Grenze eine Katastrophe: Es wäre das Ende des Schengen-Raums und damit der europäischen Freizügigkeit. Die ist nicht nur ein persönlicher Gewinn an Reise- und Niederlassungsfreiheit, sondern ein zentrales Identifikationsmerkmal mit der EU. Und sie ist ein enorm wichtiger wirtschaftlicher Faktor. Führende Wirtschaftsvertreter warnen daher vor einer Gefährdung des freien EU-Grenzverkehrs. „Durch Staus und Wartezeiten und zusätzliche Bürokratie … können sich die Kosten für die deutsche Wirtschaft schnell auf zehn Milliarden Euro pro Jahr summieren“, sagte zum Beispiel die DIHK.
Deshalb sind wir überzeugt: Wir müssen die Flüchtlingsfrage europäisch lösen und nicht im nationalen Alleingang. Obergrenzen und Grenzzäune helfen nicht, sondern sie gefährden die EU, sie beschädigen unsere Wirtschaft und sie bedrohen die Balkanstaaten.
Stand: 15. Februar 2016