Die Emissionshandelsrichtlinie der EU wurde geändert und muss nun in nationales Recht umgesetzt werden. Der Emissionshandel wird ab 2013 europaweit stärker harmonisiert. Das betrifft vor allem die Regeln für die kostenlose Zuteilung der Emissionszertifikate und für die Versteigerung.

Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren!

Thema der heutigen Diskussion ist die Weiterentwicklung des Emissionshandels. Die Emissionshandelsrichtlinie der EU wurde geändert und muss nun in nationales Recht umgesetzt werden. Der Emissionshandel wird ab 2013 europaweit stärker harmonisiert. Das betrifft vor allem die Regeln für die kostenlose Zuteilung der Emissionszertifikate und für die Versteigerung. Bisher konnten die 27 Mitgliedstaaten jeweils eigene Regeln für die kostenlose Zuteilung festlegen.

Für die Zeit ab 2013 werden für alle Mitgliedstaaten einheitliche EU-Zuteilungsregeln Grundlage für die Zuteilung sein. Für die Produktion von Strom wird es ab 2013 keine kostenlosen Emissionszertifikate mehr geben. Kraftwerksbetreiber müssen also die benötigten Emissionszertifikate ersteigern. Eine Begründung für Anhebungen der Strompreise ist dies jedoch nicht, da die Kraftwerksbetreiber bereits seit 2005 die Preise der Emissionszertifikate an die Stromkunden weitergeben, auch wenn sie diese Zertifikate kostenlos erhalten haben. Dennoch ist absehbar, dass ab 2013 die Stromversoger die Preise erhöhen werden und den Emissionshandel als Grund angeben werden.

Höhere Strompreise dürfen nicht dafür sorgen, dass energieintensive Unternehmen aus Deutschland abwandern und in Weltregionen ziehen, in denen es keine oder sehr wenig Klimaschutzpolitik gibt und dort die gleichen Produkte herstellen, wahrscheinlich mit einem höheren CO2 Ausstoß als hierzulande. Damit ist weder dem Klimaschutz noch den Arbeitsplätzen gedient.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie dringend entschlossenes Handeln im Klimaschutz ist, zeigen die neuesten Zahlen der Internationalen Energieagentur. Laut Internationaler Energieagentur sind die Kohlendioxidemissionen im Jahr 2010 auf ein Rekordhoch gestiegen und lagen sogar um fünf Prozent höher als im bisherigen Rekordjahr 2008.

Weltweit wurden im vergangenen Jahr 30,6 Gigatonnen Kohlendioxid ausgestoßen. Diese Entwicklung ist alarmierend. Viele Experten haben nun große Sorge, dass die Erderwärmung nicht mehr unter zwei Grad gegenüber dem Jahr 1990 gestoppt werden kann, wenn die Emissionen in Zukunft genauso rasant steigen werden.

Um das Zwei-Grad-Ziel noch zu erreichen, dürfen im Jahr 2020 nicht mehr als 32 Gigatonnen CO2 ausgestoßen werden. Das bedeutet, dass die Emissionen in den kommenden zehn Jahren langsamer steigen müssten als zwischen 2009 und 2010.

Klimapolitik ist wichtiger denn je. Alle Techniken für den Klimaschutz sind vorhanden, wirtschaftlich ist Klimaschutz ein Erfolgsmodell, wir müssen nur handeln. Und zwar schnell! Doch das scheinen nicht alle hier im Bundestag so zu sehen. Thomas Bareiß, der Koordinator für Energiepolitik der CDU/CSU-Fraktion erklärte diesen Montag, dass die Klimaschutzziele, die sich Deutschland gesetzt hat, in Frage zu stellen seien. Diese Aussage zeigt die Konfusion, die in der CDU herrscht. Nach der dramatischen Niederlage der gesamten Fachpolitiker der Union in der Atomfrage kommt jetzt der dreiste Angriff auf die Klimapolitik. Richtig ist das genaue Gegenteil. Der Ausstieg aus der Atomtechnologie gekoppelt mit den richtigen Anreizen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien und mehr Energieeffizienz macht gerade ein Mehr an Klimaschutz möglich. Deshalb macht das nationale 40-Prozent-CO2-Minderungsziel weiterhin großen Sinn. Darüber hinaus muss das 30-Prozent-Ziel in der EU endlich durchgesetzt werden. Umweltminister Röttgen hat sich dazu mehrfach positioniert. Die CDU muss ihre Position auch hier klären.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch die gemeinsame Sitzung des Umweltausschusses mit dem Umweltausschuss der Europäischen Parlaments in Brüssel erwähnen. Schwerpunkt war die europäische Klimapolitik. Diese gemeinsame Sitzung war sehr wichtig und ich denke, dass wir als Umweltausschuss ein wichtiges Signal für das 30 Prozent Ziel setzen konnten. Es ist gut, dass der ENVI, der Umweltausschuss der Europäischen Parlaments, sich einen Tag später für das 30 Prozent Ziel ausgesprochen hat. Ein Votum, dem sich das Plenum des Europäischen Parlaments hoffentlich anschließen wird.

 

Jedoch legt die Novelle des TEHG, über die wir heute reden, zur Zeit nur die Grundlagen für einen Emissionshandel für das 20 Prozent Ziel der EU. Das TEHG regelt die Grundlagen der Zuteilung, weitere Details werden in der Zuteilungsverordnung geregelt, die das BMU gerade erarbeitet. Das TEHG setzt die geänderte Emissionshandelsrichtlinie um. Insoweit hatte die Bundesregierung geringen Gestaltungsspielraum, da die Richtlinie die Änderungen des Emissionshandels sehr detailreich geregelt hat. Nicht allen Regelungen, mit denen die Bundesregierung die Richtlinie umgesetzt hat, können wir zustimmen. Die Koalition hat Änderungsanträge zum TEHG vorgelegt. In diesen Änderungen werden Punkte erwähnt, denen wir zustimmen können, jedoch auch falsche Regelungen angeführt. Aus diesen Gründen können wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen, sondern werden uns enthalten.

Von großer Wichtigkeit ist die Verwendung der Erlöse des Emissionshandels. Im TEHG wird geregelt, dass die Einnahmen des Emissionshandels dem Bund zustehen. Weitergehende Vorgaben macht das TEHG nicht. Es gelten jedoch die Bestimmungen der EU Emissionshandelsrichtlinie, dass "diese Einkünfte verwendet werden sollten, um den Klimawandel in der EU und in Drittländern zu bekämpfen."

Aus den Einnahmen des Emissionshandels sollen nach aktuellen Vorstellungen sowohl aus der Koalition als auch der SPD neben nationalen und internationalen Klimaschutzprojekten unter anderem auch Projekte der Gebäudesanierung, des Marktanreizprogramms, der Elektromobilität und der Kompensation möglicher Strompreiserhöhungen für die energieintensive Industrie finanziert werden. Ab 2012 wird auch der Luftverkehr in den Emissionshandel einbezogen und soll einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Wenn der Luftverkehr in dieser Weise verpflichtet wird, so sollten auch Lösungen für mehr Klimaschutz im Luftverkehr unterstützt werden.

Aus den Erlösen sollen auch mögliche Strompreiserhöhungen ausgeglichen werden, die die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensive Industrie bedrohen könnten.

Nach Artikel 10a Absatz 6 der ETS-Richtlinie können die Mitgliedstaaten finanzielle Maßnahmen für „carbon leakage“ betroffene Industriebranchen für die nachweislich durch den Emissionshandel verursachten Strompreisanstieg einführen. Diese Kompensation sollte gemäß der ETS-Richtlinie nur dann gewährt werden, wenn sie erforderlich und verhältnismäßig ist. In dem Beschluss "Neue Energie" von SPD-Vorstand und Parteirat wurde beschlossen, dass wir für energieintensive Unternehmen, die vor allem Strom benötigen, einen eng gefassten Ausgleich aus den Einnahmen des Emissionshandels ab 2013 prüfen werden. Um Beihilfen dieser Art zu ermöglichen, muss auf EU-Ebene zuerst der Rahmen für Umweltschutzbeihilfen geändert werden. Die EU Kommission wertet zur Zeit die Eingaben des Konsultationsprozesses für staatliche Beihilfen im Emissionshandel aus.

Bis Ende des Jahres möchte die EU Kommission eine Regelung treffen, wie diese Beihilfen ausgestaltet werden können. Wichtig wird dabei, dass denen geholfen wird, die ansonsten den Wirtschaftsstandort Deutschland verlassen würden. Es kann jedoch nicht sein, dass Emissionshandelsgelder für alle mit der Gießkanne ausgeschüttet werden. Für einen eng gefassten Kreis an betroffenen Unternehmen sollte die Differenz zwischen dem Durchschnittspreis der Emissionsberechtigungen der jetzigen Zuteilungsperiode und dem durchschnittlichen Preis der Zertifikate in der nächsten Handelsperiode erstattet werden.

 

Weitere wichtige Themen im TEHG sind der Umgang mit Abfallverbrennungsanlagen, die Diskussion, ob Raum für eine Härtefallregelung besteht, wie mit Zünd- und Stützfeuerung umzugehen ist und wie die Regelung für Kleinemittenten verbessert werden kann. Die Koalition hat in ihrem Änderungsantrag beschlossen das Kriterium des durchschnittlichen Heizwertes der eingesetzten Abfälle abzuschaffen.

Damit werden auch Ersatzbrennstoffkraftwerke aus dem Emissionshandel ausgenommen. Nun kann man trefflich darüber diskutieren, ob 13.000 Kilojoule pro Kilogramm Abfall der einzig richtige Grenzwert ist. Es kann jedoch nicht sein, dass jeglicher Einsatz von Ersatzbrennstoffen in den entsprechenden Anlagen ausgenommen wird, da es auch hier Mitnahme- und Verteilungseffekte gibt. Ersatzbrennstoffe sind kommerzielle Brennstoffe. Sie sind auf dem Markt käuflich zu erwerben und haben einen gewissen Heizwert und werden zum Beispiel in Zementwerken eingesetzt, wo sie andere Brennstoffe ersetzen. Sie werden auch in spezifischen Anlagen eingesetzt, in denen sie andere Brennstoffe ersetzen. Von daher sollten Ersatzbrennstoffanlagen anders behandelt werden als Abfallverbrennungsanlagen.

Auch die Regelung für Kleinanlagen ist der Koalition nicht gelungen. Zwar wird die Berechnungsformel für den Ausgleichsbetrag anders gestaltet. Dies führt jedoch nicht dazu, dass nun eine brauchbare Kleinanlagen-Regelung vorliegen würde. Im Übrigen war es der Sachverständige, den die FDP für die Anhörung zum TEHG geladen hatte, der meinte, dass die Kleinanlagen-Regelung zu streichen sei. Sie würde den Anlagenbetreibern keinen wirklichen Vorteil bringen, schaffe aber zusätzliche Bürokratie und schwäche das generelle System, so dieser Sachverständige in der Anhörung. Die eigentliche Hoffnung, die einige Industrievertreter hatten, war, dass sich kleine Emittenten ganz und gar ohne kostenträchtige Ersatzmaßnahmen vom Treibhausgas-Emissionshandels-Gesetz befreien lassen können. Das war von vornherein eine Illusion. Solch eine Regelung hätte die EU-Kommission niemals akzeptiert. Die Kommission hat immer wieder deutlich gemacht, dass sie gegebenenfalls die Gleichwertigkeit streng und eher restriktiv prüfen würde. Die von der Bundesregierung hierzu recht kreativ entwickelten gleichwertigen Maßnahmen führen dennoch nicht zu einer sinnvollen Regelung.

Im Gegensatz dazu unterstützen wir, dass nun die Zünd- und Stützfeuerung erwähnt ist. Auch begrüßen wir, dass in der elektronischen Kommunikation nun die Übermittlung zusätzlicher Dokumente als Ergänzung der Formatvorlagen erlaubt ist. Ansonsten kann man an jeder Änderungen der Bundesregierung erkennen, welcher Lobbyist sie eingebracht hat. Die Bundesregierung hat nun in Paragraph 9 eine Härtefallregelung eingefügt. Zwar kann man argumentieren, dass Konstellationen denkbar sind, in denen eine besondere Härte auftreten kann. Auch aus dem Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit könnte man eine Härtefallregelung herleiten. Ich bin jedoch sehr skeptisch, ob die Kommission das genauso sieht.

Die Kommission hat sich eher dahingehend geäußert, dass die Decision abschließend ist und kein Raum für eine Härtefallregelung besteht. Interessant sind die Änderungen, die Sie einführen mussten, weil Sie Ihren eigenen Zeitplan nicht einhalten konnten.

Wegen der missratenen Kleinanlagenregelung hat das BMWi das TEHG monatelang aufgehalten, so dass es erst diesen Frühjahr ins Kabinett kam. Nun werden die beiden Fristen nicht eingehalten, die in der Richtlinie festgelegt worden sind. Das hätte nicht passieren dürfen. Es darf nicht sein, dass die Folgen der schwarz-gelben Streitereien auf dem Rücken der deutschen Wirtshaft ausgetragen werden. Die Wirtschaft muss nun in kürzester Zeit ziemlich komplexe Zuteilungsanträge stellen, die für die nächsten sieben Jahre regeln, wer wie viele Zertifikate erhält. Dies ist ein unzumutbarer Zustand. Wer sich einmal mit den Guidances und den Zuteilungsregeln beschäftigt hat, weiß wie kompliziert diese sind und wovon ich spreche.

Meine Damen und Herren,

zusammenfassend kommen wir zu dem Schluss, dass wir dem Änderungsantrag der Koalition nicht zustimmen können. Bei der eigentlichen Gesetzesnovelle werden wir uns enthalten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.