Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Schäuble, in weiten Teilen war das eine Rede für Ihre eigenen Regierungsfraktionen, wenn ich das richtig verstanden habe. Die Ankündigungen, die Sie hier gemacht haben, werden dort gerne gehört werden. Nur – auch wenn ich es nicht vorhabe –: Mit Ihren Ankündigungen und falschen Versprechungen könnte ich hier meine ganze Redezeit ausfüllen.
(Otto Fricke [FDP]: Das glauben wir Ihnen!)
Davon gab es reichlich von dieser Bundesregierung in der Vergangenheit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU])
– Herr Kauder: Kein Cent für Griechenland – wir erinnern uns gut. Kein permanenter Rettungsschirm – wir erinnern uns gut. Auf keinen Fall Hebelungen – haben Sie auch hier am Podium gesagt. Und ganz sicher waren Sie sich: Keine Aufstockung des ESM. Keine dieser Zusagen hat länger als drei Monate Bestand gehabt. Aus Ihren roten Linien sind im Verlaufe der Diskussion in Wahrheit Wanderdünen geworden.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das geht doch weiter. Wenn Herr Seehofer, wie ich gestern gelesen habe, jetzt öffentlich versichert, es bleibe bei Deutschlands Risiko in der Gesamtgrößenordnung von 211 Milliarden Euro, dann ist das doch die nächste Täuschung, die vorbereitet wird. Das dürfen wir nicht durchgehen lassen.
(Beifall bei der SPD)
Ich habe es öffentlich und auch hier von diesem Pult aus gesagt: Sie werden mit dem geplanten Volumen für den ESM nicht hinkommen; nicht, weil andere europäische Staaten drängen, sondern weil das Vorhaben ökonomisch nicht aufgeht. Über Monate haben Sie sich mit der Geste der Empörung dagegengestellt, die Aufstockung zurückgewiesen, und jetzt stocken Sie doch auf.
Deshalb sage ich: Hören Sie endlich auf, den Menschen Sand in die Augen zu streuen. Sagen Sie offen und ehrlich, was auf unser Land zukommt. Machen Sie Schluss mit Halbwahrheiten und verschwurbelten Kurskorrekturen. Eine solche hat heute hier stattgefunden.
(Beifall bei der SPD)
Stattdessen verfallen Sie wieder in den alten Fehler: Sie reden die Lage schön. Sie hoffen, dass nach der kleinen Beruhigung der Märkte über Weihnachten hinweg dieser ganze Europa-Griechenland-Rettungsschirm-Albtraum endlich vorbei ist: Jetzt noch schnell ein bisschen Fiskalpakt, dann deutsche Haushaltsdisziplin in ganz Europa, und dann können wir uns endlich wieder dem Regierungsalltag zuwenden.
Dieser Alltag besteht aus Klein-Klein und einem Kleinkrieg im ganzen Kabinett, jeder gegen jeden. All das können die Leute nicht mehr hören. Das schädigt nicht nur das Vertrauen in Ihre Politik, sondern auch das Vertrauen in die ganze deutsche Politik. Wenn es so weitergeht, meine Damen und Herren, dass heute nicht mehr das gilt, was gestern galt, und morgen nicht mehr das gilt, was heute gilt, dann – ich sage es Ihnen – werden wir die Menschen in Deutschland auf dem Weg nach -Europa verlieren. Das darf nicht sein; das dürfen wir nicht zulassen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für mich ist jedenfalls klar: Auch im vierten Jahr nach der Lehman-Pleite ist diese Krise keineswegs zu Ende. Herr Schäuble, ich würde gern dieselbe Hoffnung, denselben Optimismus haben wie Sie. Aber schauen wir ein bisschen auf die Wachstumszahlen: Da sind eben nicht nur Griechenland, Portugal und Spanien; da fällt doch auch Ihnen auf, dass ein gesundes Land wie die Niederlande plötzlich ins Minuswachstum gerät, sich Rezession andeutet. Es ist ja wahr: Noch leben wir hier in Deutschland auf einer Insel der Seligen. Aber jeder, der ein bisschen ökonomischen Sachverstand hat, der weiß, dass die roten Zahlen der anderen von heute unsere Probleme von morgen sind. Ich wünschte es mir auch anders. Aber es kann doch nicht sein, dass es allen um uns herum in Europa schlecht geht und es uns auf Dauer gut geht; dieser Zusammenhang kann leider so nicht bestehen. Daran, Herr Schäuble, kann man sich nicht vorbeiträumen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Großkrisen wie diese haben wir in den letzten Jahrzehnten Gott sei Dank nicht allzu häufig gehabt. Aber eines wissen wir alle miteinander: Erstens sind sie nicht in wenigen Jahren überwunden. Zweitens erledigt sich durch Abwarten gar nichts, erst recht nicht von selbst. In solchen Situationen kommt es auf die Politik an, auf Mut, Klugheit und Weitsicht in der Politik. Deshalb brauchen wir jetzt miteinander eine wirklich ernsthafte Diskussion über die nächste Wegstrecke, die vor uns liegt. Fiskalpakt und ESM, über die wir heute und in den nächsten Wochen diskutieren, sind eben nicht der Schlussstein in einem abgeschlossenen europäischen Rettungswerk; das sind Zwischenstationen, das sind Wegmarken.
Vor allen Dingen müssen wir jetzt in dieser Diskussion sagen, wohin denn die Reise insgesamt gehen soll: Welchen Weg wollen wir in Europa gehen? Wie sieht unser Langfristkonzept zur Überwindung der Krise aus? Wie sollen wir in Europa neues Wachstum und neue Beschäftigung entstehen lassen? Wie gelingt es uns vor allen Dingen, auch die Finanzmärkte an der finanziellen Bewältigung der Krise zu beteiligen? – Das sind aus meiner Sicht die drängenden Fragen, die über das Wohl und Weh in Europa in den nächsten Jahren entscheiden werden, und zwar mehr noch als der Fiskalpakt, der zu 90 Prozent bereits europäisches Recht ist. Das dürfen nicht nur unsere Fragen sein, meine Damen und Herren aus den Regierungsfraktionen; das müssen auch Ihre Fragen sein. Dass Sie sie nicht stellen, werfe ich Ihnen vor.
(Beifall bei der SPD)
Sie haben es doch in den letzten Wochen gemerkt: Eine Zweidrittelmehrheit, wie sie jetzt notwendig ist, ist in einem Parlament keine Selbstverständlichkeit, auch nicht im Deutschen Bundestag. Da muss Überzeugungsarbeit geleistet werden. Da muss die Bundesregierung endlich einmal die eigenen internen Konflikte entscheiden. Das ist Ihre Bringschuld, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Gerda Hasselfeldt [CDU/CSU]: Das müssen gerade Sie sagen! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie sind doch in einem Konflikt!)
– Herr Kauder, gehen Sie nicht davon aus, dass Ihnen die Zustimmung zum Fiskalpakt und zum ESM einfach so in den Schoß fällt.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Der Gabriel macht Ihnen schon Ärger!)
Ich sage Ihnen: Gerade weil uns Europa eine Herzensangelegenheit ist, gerade weil wir in der Vergangenheit eine Opposition waren, die mit Verantwortung umzugehen wusste,
(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Volker Kauder [CDU/CSU]: Stimmen Sie zu?)
werden wir uns die Sache nicht leicht machen.
Wir wollen ein Europa, das neues Wachstum schafft. Wir wollen ein Europa, das Werte schöpft und nicht nur Wurmfortsatz der Finanzmärkte ist. Ich sage Ihnen ganz klar: Was wir nicht hinnehmen werden, ist ein Europa, in dem jeder zweite Jugendliche arbeitslos ist. Das geht nicht, und das ertragen wir miteinander nicht.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Dann holen wir sie halt her zu uns!)
Auf diese Fragen ist bisher keine Antwort gegeben worden – dröhnendes Schweigen statt neuer Ideen, erhobener Zeigefinger statt ausgestreckter Hand. So geht das in Europa nicht, und so sichern wir auf Dauer auch nicht die notwendige Stabilität für Deutschland.
Lieber Herr Brüderle und lieber Herr Westerwelle – Sie sind diejenigen, deren Äußerungen dazu ich gelesen habe –: Wenn Sie sich hinstellen und öffentlich -sagen, die SPD werde am Ende sowieso zustimmen müssen, dann sage ich Ihnen: Das ist genau die Unernsthaftigkeit, mit der Sie Politik machen
(Beifall des Abg. Joachim Poß [SPD])
und wegen der Sie im Augenblick reihenweise von den Wählern in die Bedeutungslosigkeit geschickt werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 1,2 Prozent!)
Ich habe in den letzten Wochen viel mit unseren europäischen Partnern in Frankreich, Italien oder Finnland gesprochen. Herr Schäuble, ich habe in Italien viel Aufbruch gesehen, auch die wirklich ernsthafte Bereitschaft, neue Wege zu gehen. Aber ich sage Ihnen auch: Keiner von meinen Gesprächspartnern war der Meinung, dass der Fiskalpakt allein ausreicht, um Europa wieder auf den Wachstumspfad zu bringen.
Haushaltsdisziplin ist notwendig; wem sagen Sie das? Dafür haben wir in der Großen Koalition gesorgt und nicht Sie!
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir haben dafür gesorgt, dass die Schuldenbremse in diesem Land gilt.
(Beifall bei der SPD – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Bald wird sie!)
Ich sage auch: Selbstverständlich muss das, was bei uns gilt, auch andernorts in Europa gelten; keinen Zweifel darüber.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Und in Nordrhein-Westfalen!)
– Ich weiß gar nicht, was Sie haben. Arbeiten Sie sich an denen ab, die es angeht, nicht an mir.
(Beifall bei der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das macht schon der Gabriel! Der arbeitet sich schon an Ihnen ab!)
Fiskalpakt, Haushaltsdisziplin, Einsparung, Schulden vermeiden, Reduzierung der Neuverschuldung – das ist alles notwendig. Darüber herrscht gar kein Streit. Aber Ihnen muss klar sein: Das allein ist noch keine Zukunftssicherung. Sie können nicht daran vorbeigehen: Wenn 27 Staaten in Europa gleichzeitig nichts anderes tun, als fantasielos zu sparen, dann kann daraus kein Wachstum entstehen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das ist keine rote Linie, das ist eine ökonomische Binsenweisheit, und die kann man doch nicht beiseiteschieben.
Sie müssen sagen, wie in Europa das Wachstum von morgen entsteht. Dazu gehören Strukturreformen auf der Ebene der Nationalstaaten, ganz zweifellos.
(Otto Fricke [FDP]: Zum Beispiel?)
– Wer war das mit dem Zwischenruf? Herr Fricke, glaube ich.
(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister: Unverschämt! Der ruft einfach dazwischen!)
Ich weiß gar nicht, was Sie haben. Herr Fricke, ich sage zu Herrn Schäuble, dass er recht hat: Viele Staaten haben ein Problem mit ihrer Wettbewerbsfähigkeit.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sehr wahr!)
Aber jetzt frage ich Sie: Was haben Sie getan?
(Otto Fricke [FDP]: Nein, sagen Sie doch mal was!)
Als wir in Deutschland 5 Millionen Arbeitslose hatten, als unser Land unter der hohen Arbeitslosigkeit ächzte,
(Unruhe bei der CDU/CSU)
als wir hier in Deutschland nationale Strukturreformen in Gang gesetzt haben, da haben Sie sich zurückgelehnt
(Otto Fricke [FDP]: Wir haben Ihnen doch erst die Mehrheiten im Bundesrat verschafft!)
und Zeitungsseiten gefüllt mit Sätzen wie: Alles zu wenig, alles zu kleine Schritte, so kann das nichts werden. – Heute ruhen Sie sich auf dem aus, was andere geleistet haben.
(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU/CSU und der FDP – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist der Witz des Tages!)
– Wo ist eine einzige nationale Strukturreform, die Sie sich zuschreiben können? Keine einzige!
(Beifall bei der SPD)
Als Sie gemeinsam 1998 aus der Regierung gegangen sind, Herr Fricke,
(Otto Fricke [FDP]: Jetzt sind wir schon bei 98, okay!)
hatten wir ein Rentenrecht, das uns auf einen Beitragssatz von 26 Prozent katapultiert hätte. Ohne uns säßen Sie heute tief im Dreck. Seien Sie also ruhig, was die Wettbewerbsfähigkeit angeht!
(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Sigmar Gabriel [SPD]: Die FDP hat ein Problem mit dem Wettbewerb!)
Meine Damen und Herren, ich glaube im Ernst:
(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Genau, jetzt machen wir wieder Ernst!)
Wir müssen den Menschen sagen, wo in Zukunft neues Wachstum entstehen kann. Dazu brauchen wir nationale Strukturreformen. Ich persönlich glaube: Es wird nicht gehen ohne Wachstumsimpulse auch von der europäischen Ebene aus. Deshalb sage ich: Wir müssen die vorhandenen europäischen Strukturfonds voll ausschöpfen. Beim Reden über Verwendungszweck und Kofinanzierungsregeln darf es keine Tabus geben. Wir müssen die Ausleihkapazität der Europäischen Investitionsbank erhöhen. Wir müssen auch ernsthaft über Projektbonds reden, und wir brauchen Sofortmaßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Wenn Sie der Meinung sind, das alles brauchten wir nicht, dann werden Sie die Menschen verlieren; das garantiere ich Ihnen.
(Beifall bei der SPD)
Herr Schäuble, die Schaffung von finanziellen Ressourcen ist nicht einfach; das weiß ich. Wir gehören ja zu denjenigen, die schon ein bisschen länger für die Besteuerung der Finanzmärkte eintreten. Aber ich würde, anders als Sie, sagen: Die Zahl der Unterstützer für eine Besteuerung der Finanzmärkte hat nach meiner Wahrnehmung in den letzten zwei Jahren eher zugenommen, international und auch national. Auf nationaler Ebene sehe ich mit Freude, dass Sie zu den Unterstützern gehören. Ich sehe aber auch, dass die FDP nach wie vor abseitssteht, sich bei der Besteuerung der Finanzmärkte ziert, dafür aber halbgare Vorschläge macht wie zum Beispiel die Übernahme der britischen Stempelsteuer. Ich weiß nicht, ob Sie wissen, was Sie da vorschlagen. Das ist nämlich ein Modell, das vor allen Dingen Kleinanleger trifft, das aber gerade Derivate und andere gefährliche Finanzmarktprodukte außerhalb der Besteuerung lässt. Wer solche Vorschläge macht, der kann nicht erwarten, dass er in Übereinstimmung mit den Erwartungen der Menschen in diesem Land handelt. Das ist meine schlichte Analyse.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir werden uns jedenfalls mit der Haltung in der Regierung „Schäuble dafür und Rösler dagegen“ nicht noch einmal abspeisen lassen. Wir kommen nur weiter, wenn die Regierung ihre Selbstblockade bei der Besteuerung der Finanzmärkte aufhebt. Die Finanzmarktbesteuerung muss aus meiner Sicht kommen. Es ist jetzt an der Zeit, sie mit konkreten Schritten vorzubereiten.
Herr Schäuble, wenn dies an Großbritannien scheitert, dann werden wir auf der EU-27-Ebene nicht handeln können. Wenn die Niederlande innerhalb der Euro-Zone ein Veto einlegen, dann wird es kurzfristig innerhalb der Euro-Zone nicht gehen. Ich sage nur: Es gibt andere Wege, um politische Ziele durchzusetzen, nämlich den Weg der verstärkten Zusammenarbeit. Das ist jetzt gefragt, wenn Sie es wirklich ernst meinen. So viel dazu.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Des Weiteren möchte ich Ihnen sagen: Jenseits der Fragen von Wachstum und der Reichweite der Regelungen des Fiskalpakts und des ESM gibt es zumindest aus unserer Sicht einen rechtlichen Klärungsbedarf, der nicht von Pappe ist. Das zeigt schon die Notwendigkeit einer Zweidrittelmehrheit. Hier geht es um Entscheidungen, die wir zu treffen haben, die durchaus tief in die Verfassungsordnung dieses Landes, vielleicht auch in die Rechte des Parlaments eingreifen.
Daraus ergeben sich zentrale Fragen, auf die hoffentlich nicht nur wir eine klare Antwort brauchen: Wie verhält sich die Schuldenbremse im Fiskalpakt zur nationalen Schuldenbremse? Gibt es für Bund und Länder eine Verschärfung der Regelungen? Wer definiert die konkreten Anforderungen für Konsolidierungspfade? Welche zusätzlichen Verpflichtungen ergeben sich für die Länder? Gibt es Konsequenzen für die innerstaatliche Finanzordnung und auch für das Haushaltsrecht? Und am Ende die Frage: Wer ist in Zukunft für eventuelle Verstöße verantwortlich? Sie können doch nicht einfach eine Unterstützung aus den Reihen des Bundestages erwarten, wenn diese Fragen nicht beantwortet sind. Deshalb fordere ich Sie auf – das ist mein Appell –, Antworten zu geben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Machen Sie es sich bitte nicht zu einfach! Ich glaube, da kann man sich nicht mit drei Sätzen aus den Ministerien durchwursteln.
Auch Ihre Fraktionen wissen, Herr Schäuble: Bei einer Reihe von Fragen betreten wir schwieriges verfassungsrechtliches Neuland. Wir wissen, dass das Verfassungsgericht genau hinschaut, dass es die Diskussionen, die wir hier führen, besonders intensiv verfolgt. Nichts wäre doch peinlicher – darüber sind wir uns hoffentlich einig –, als wenn eine Entscheidung, die wir hier mit großer Mehrheit, vielleicht mit Zweidrittelmehrheit, fällen, anschließend vom Bundesverfassungsgericht kassiert würde. Daran kann niemand ein Interesse haben. Deshalb erwarten wir begründete Antworten auf diese Fragen.
(Beifall bei der SPD)
All das macht klar: Was wir hier vor uns haben, ist keine europapolitische Routineentscheidung. Es geht nicht nur um viel Geld. Darum geht es auch, aber vor allen Dingen geht es um den künftigen Weg in Europa. Die Frage ist, ob Politik mit den Entscheidungen, die wir jetzt vor uns haben, wirklich Handlungsfähigkeit in -Europa zurückgewinnt oder ob wir weiter mit ängstlichem Blick auf die täglichen Ratings und mit ängstlichem Blick auf die Märkte gefesselt bleiben.
Wir werden uns unsere Entscheidung nicht leicht machen. Ich finde, auch Sie dürfen sie sich nicht leicht machen. Klarheit und Wahrheit sind jetzt gefordert. Nur dann kann der Deutsche Bundestag in seiner Gesamtheit verantwortlich entscheiden. Wie genau, das liegt auch in Ihrer Hand.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)