Daniela De Ridder spricht sich für eine stärkere Anerkennung von Berufsabschlüssen von Zugewanderten aus.

 

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Wings University“ heißt das Projekt, von dem mir zwei Studierende in dieser Woche berichteten. Sie wollen flüchtenden Menschen die Chance geben, ein Studium aufzunehmen und mit einem Abschluss zu beenden: ohne Kosten, ohne Zugangsvoraussetzungen, ohne Ausweispflicht. Gerade in der ungewissen und unsicheren Situation, in der sich viele geflüchtete Menschen befinden, gibt das diesen möglicherweise einen neuen Sinn. Beim Start im Herbst sind zunächst alle Kurse online. Schon jetzt haben sich über 3 000 Menschen angemeldet. 

Ich erwähne dieses Projekt deshalb, weil es genau beim richtigen Punkt ansetzt: Es gibt Menschen berufliche Chancen und die Hoffnung auf eine gesicherte Zukunft. Das tut im Übrigen auch das Anerkennungsgesetz. Auch wenn, lieber Kollege Mutlu, noch nicht alles auf der richtigen Bahn ist und noch ein Stück Arbeit vor uns liegt: Wir von der SPD stricken nie mit der heißen Nadel. Ich weiß, wovon ich spreche.

 

Vor etwas mehr als drei Jahren haben wir das Anerkennungsgesetz in Deutschland verabschiedet. Die Ziele waren damals die gleichen wie heute. Menschen aus aller Welt, die zu uns kommen wollen oder bereits hier sind, sollen ihre Berufsabschlüsse anerkennen lassen können und somit in ihrem erlernten Beruf arbeiten dürfen. Es wäre ja auch absurd, liebe Kolleginnen und Kollegen: Soll eine Ärztin aus Syrien etwa nicht in Deutschland in ihrem Beruf arbeiten können? Wie ist es mit dem Ingenieur aus Polen oder der Architektin aus Libyen? - Ich weiß aus meinem Wahlkreis, der Grafschaft Bentheim und dem Emsland, wie viel Arbeit hinter jedem erfolgreichen Antrag steckt. Das Beratungsnetzwerk „Integration durch Qualifizierung“ leistet eine hervorragende Arbeit. 

 

Seit 2013 wurden allein bei uns 500 Beratungsgespräche geführt. Vor so viel Engagement müssen wir uns verneigen. Ich danke jedenfalls dafür ganz ausdrücklich.

 

Bürgerinitiativen, Ausländerbehörden, Jobcenter und die Kammern vor Ort haben in der Tat ein dichtes Netzwerk gebildet. Individuelle Beratung, Sprachtrainings, Antragstellung und Jobvermittlung werden als Komplettservice angeboten. Mittlerweile, Frau Giousouf, gehen die Arbeitgeber bereits ganz gezielt auf die Beratungsstellen zu, um geeignetes Personal zu finden.

 

Bis Ende 2013 wurden mehr als 26 000 Anträge auf Anerkennung gestellt. Ich finde, das ist viel zu wenig; denn rund eine halbe Million Menschen leben in Deutschland, deren Ausbildung nicht anerkannt ist. Das ist eine vergebene Chance. Ja, liebe Oppositionspolitiker, daran werden wir in der Tat weiterarbeiten. Das ist uns eine Pflicht.

 

Sie erinnern sich an die hervorragende Arbeit, die ich aus meinem Wahlkreis berichtet habe? Sie wird   das sollte uns in Staunen versetzen   von einer einzigen Frau organisiert.

 

Dazu kann ich nur sagen: Chapeau!
Wenn wir mehr Menschen eine berufliche Perspektive durch Anerkennung geben wollen, müssen wir sie über ihre Chancen informieren. Das ist ein gewichtiger Punkt, kostet aber Geld, und das, lieber Stefan Müller, müssen wir auch zur Verfügung stellen: für eine bessere Ausstattung der Beratungsstellen, für mehr Personal, für mehr Sprachkurse und vor allem für eine Absenkung der Verfahrenskosten. 

 

Als Einwanderungsland   lassen Sie mich das als Zugewanderte sagen   müssen wir jetzt den begonnenen Weg konsequent weitergehen. Das geht nicht allein durch ehrenamtliches Engagement, wie etwa bei „Wings University“. Durch die Flüchtlingsströme wird unsere Aufgabe nicht kleiner, aber das Potenzial wird erheblich größer. 

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und, lieber Herr Präsident, gestatten Sie mir, den Kolleginnen und Kollegen einen schönen, krisenarmen Sommer zu wünschen.
Vielen Dank.

 

Anbei der Link zum Video