Schon einmal gab es einen solchen Vorgang: Im Frühjahr 2010 verweigerten Merkel, Westerwelle und Schäuble dem Deutschen Bundestag wochenlang eine klare Auskunft über ihre Pläne. Zwei Tage vor der Wahl in NRW sagte Schwarz-Gelb dann: 22,4 Milliarden Euro Garantien für Griechenland und keinen Cent mehr. Bereits zwei Tage nach der Wahl aber wuchs der deutsche Anteil an der Kreditbürgschaft mit dem Euro-Rettungsschirm auf 123 Milliarden an. Jetzt soll er auf 211 Milliarden ausgeweitet werden.
Schwarz-Gelb leistet kein Krisenmanagement
Merkel reagiert seid anderthalb Jahren immer nach demselben Muster: Sie weicht aus, wiegelt ab, verschleiert und verschleppt die Entscheidung so lange, bis die Kosten der Euro-Rettung immer höher steigen. Schließlich müssen Rettungspakete geschnürt werden, die schon zum Zeitpunkt ihrer Beschlussfassung nicht mehr ausreichen. Dies ist das Muster des schwarz-gelben Regierungsversagens, das die Euro-Krise anheizt statt bekämpft.
Die neue chaotische Diskussion um die Höhe des Rettungsschirms zeigt eines sehr deutlich: Wir erleben die schwerste Krise der Europäischen Union seit ihrem Bestehen. Die Antworten darauf sind nicht einfach und erfordern den Mut zu grundlegenden Weichenstellungen. Gerade dafür aber ist die schwarz-gelbe Koalition nicht gewappnet. Das Nichthandeln der Bundesregierung hat den Namen Krisenmanagement nicht verdient. Es ist fahrlässig und unverantwortlich, ein Zukunftsrisiko für Deutschland und Europa.
Vorschläge der SPD liegen lange auf dem Tisch
Die Linie der SPD ist eindeutig. Nicht wir müssen uns korrigieren. Die schwarz-gelbe Koalition ist es, die auf unsere Forderungen einschwenken muss. Seit dem ersten Griechenland-Paket sagen wir: Rettungsschirme mit Krediten reichen nicht. Sie sind notwendig in der akuten Krise, aber nicht hinreichend, um die Ursachen dauerhaft zu bekämpfen. Seid anderthalb Jahren fordern wir die Gläubigerbeteiligung und den Schuldenschnitt. Schwarz-Gelb hat das viel zu lange bekämpft und öffnet sich jetzt viel zu zögerlich. Seid anderthalb Jahren fordern wir die Reduzierung der untragbaren Zinslast von Krisenländern. Merkel denunziert das bis heute, obwohl sie selbst am 21. Juli einem „vergemeinschafteten“ Zinssatz von 3,5 % zugestimmt hat.
Seit anderthalb Jahren fordern wir die Finanztransaktionssteuer. Schwarz-Gelb hat sie lange zurückgewiesen und ausgebremst. Seit anderthalb Jahren sagen wir, der Krisenherd liegt auch bei den instabilen Banken. Schwarz-Gelb wiegelt ab. Seit anderthalb Jahren fordern wir Wachstumsimpulse gegen die Abwärtsspirale aus Rezession und Verschuldung, finanziert aus der Besteuerung der Finanzmärkte. Schwarz-Gelb schweigt dazu. Merkel bekommt die Krise in der Eurozone nicht in den Griff, weil sie ihre Ursachen ideologisch verbrämt und verkürzt. Es ist nicht nur Staatsversagen in einem kleinen Krisenland. Es sind vor allem instabile, nervöse, kaum regulierte Finanzmärkte, die Europa erschüttern und die Steuerzahler immer wieder in Haftung nehmen. Solange die Finanzmarktakteure nicht in die Lösung einbezogen werden, wird es keine Ruhe geben.
Stabilisierung des Euro schützt Millionen Arbeitsplätze
Die Ausweitung und Ertüchtigung des EFSF, über die wir diese Woche entscheiden, reicht nicht aus, aber sie ist unausweichlich. Es geht dabei um handfeste deutsche Interessen. Ein Bruch der Währungsunion würde die deutsche Wirtschaft in einen Aufwertungsschock treiben und Industrieprodukte schlagartig verteuern. Die Währungsrisiken mit allen Kosten kämen zurück und wären eine Last für exportorientierte Mittelständler. Die Finanzmarktkrise hat laut OECD schon weltweit 13 Millionen Arbeitsplätze gekostet. Diese riesige Schadensbilanz darf nicht noch größer werden. Die Stabilisierung des Euro bedeutet Schutz und Sicherung von Millionen Arbeitsplätzen. Wir müssen die Existenzgrundlage von Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern verteidigen.
SPD hat Zustimmungsrechte des Parlaments erstritten
Bei der strittigen Frage, wie die Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestages gewahrt werden, haben wir durch hartnäckige Verhandlungen viel erreicht. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestages die Kontrolle über grundlegende haushaltspolitische Entscheidungen behalten müssen. Bislang musste sich die Bundesregierung lediglich um Einvernehmen mit dem Haushaltsausschuss bemühen. Jetzt gibt es echte Zustimmungsrechte. Das bedeutet: Ohne Zustimmung des Bundestages darf die Bundesregierung die jeweilige Maßnahme nicht mitttragen, sondern muss sie ablehnen.
Das Plenum des Parlaments bekommt eine starke Stellung. Es bestimmt über jede Aufnahme eines Landes in den Rettungsfonds. Es bestimmt über den Rahmenvertrag des EFSF. Es bestimmt über die Überführung des befristeten EFSF in den permanenten Mechanismus des ESM. Keine dieser Entscheidungen kann die Regierung als vertraulich behandeln und überstürzt durch das Parlament jagen. Jede dieser Entscheidungen muss öffentlich verhandelt werden. Dies ist ein großer Gewinn an Transparenz. Das Gesetz stellt sicher, dass das Plenum, der Haushaltsausschuss oder das sogenannte „9er Gremium“ bei weiteren Maßnahmen zustimmen müssen.
Beim "9er Gremium" - neun Abgeordnete, die über vertrauliche und eilbedürftige Maßnahmen entscheiden – haben wir uns an einer entscheidenden Stelle durchgesetzt: Das Gremium wird nicht, wie die Koalition wollte, vom Haushaltsausschuss ernannt; alle Mitglieder dieses Gremiums werden vom ganzen Deutschen Bundestag für die Dauer einer Wahlperiode gewählt. Auch das ist ein Gewinn an demokratischer Legitimation, für den die SPD erfolgreich gestritten hat.