Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages erklärt Netzneutralität so: "Der Begriff Netzneutralität bezeichnet die neutrale Übermittlung von Daten im Internet, das bedeutet eine gleichberechtigte Übertragung aller Datenpakete unabhängig davon, woher diese stammen, welchen Inhalt sie haben oder welche Anwendungen die Pakete generiert haben."

In der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" votierte die SPD-Fraktion gemeinsam mit Linken und Grünen für eine gesetzliche Fixierung der Netzneutralität - und konnte sich damit zwar nicht gegen die Mehrheit der Regierungsfraktionen durchsetzen. Aber: Trotz ihrer nominellen Stimmenmehrheit konnte die Koalition den von ihr favorisierten Entwurf der Handlungsempfehlungen ebenfalls nicht durchsetzen. Sie ist gescheitert. Die Sachverständigen unterstützen mit Mehrheit den Vorschlag der SPD und der beiden anderen Oppositionsfraktionen für eine gesetzliche Verankerung der Netzneutralität, so dass es am Ende zu einem Patt von 17 zu 17 Stimmen kam. Deshalb wird es zwei alternative Handlungsempfehlungen der Kommission als Sondervoten geben.

Im Text der von der Bundesregierung vorgelegten Novelle des Telekommunikationsgesetzes finde sich noch nicht einmal das Wort Netzneutralität, kritisierte Martin Dörmann, Medienexperte der SPD-Fraktion. Hier nur auf die Bundesnetzagentur zu vertrauen sei nicht ausreichend. Von einer Überregulierung könne auch nicht nicht die Rede sein. Vielmehr werde so die benötigte Rechtssicherheit geschaffen, sagte Dörmann.

Gesetzentwurf der Regierung ist unzureichend

Die SPD-Fraktion hat zur gesetzlichen Verankerung Anfang April einen Entschließungsantrag dazu in den Bundestag eingebracht: Der Charakter des Internets als freies und offenes Medium muss bewahrt und gestärkt werden. Auf Grundlage der Netzneutralität hat sich das Internet als Innovationsmotor für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung erwiesen. Durch den gleichberechtigten Datentransport bestehen optimale Teilhabebedingungen und geringe Marktzugangsbarrieren, weil neue Anwendungen kostengünstig im Netz eingestellt und von den Nutzern frei abgerufen werden können. Deshalb wollen wir das Prinzip der Netzneutralität gesetzlich absichern. Der aktuelle Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Telekommunikationsrechts ist unzureichend und sollte im laufenden Gesetzgebungsverfahren deutlich nachgebessert werden. Das haben sowohl der Bundesrat als auch die von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission für Forschung und Innovation (EFI) angemahnt.

Kern ist der Gleichbehandlungsgrundsatz

Die Handlungsempfehlung der SPD, der Sachverständigen und der beiden anderen Oppositionsfraktionen enthält eine Vielzahl konkreter Empfehlungen zur gesetzlichen Absicherung der Netzneutralität. Die soll als eines der Regulierungsziele im Telekommunikationsgesetz verankert und dort definiert werden. Kern der Netzneutralität ist auch weiterhin der Gleichbehandlungsgrundsatz, weshalb ein ausdrückliches Diskriminierungsverbot für den Datentransport erforderlich ist. Das so genannte Any-to-any-Prinzip soll festgeschrieben werden, wonach jeder grundsätzlich Zugang zu jedem Inhalt im Internet haben und Inhalte selbst anbieten kann.

Netzwerkmanagement soll weiterhin möglich sein, um die Funktionsfähigkeit der Netze zu sichern oder dafür zu sorgen, dass zeitkritische Dienste auch in Überlastungssituationen in der erforderlichen Qualität bei den Endkunden ankommen. Allerdings darf das keinesfalls zur Verdrängung des heute bekannten so genannten Best-Effort-Internet führen, das vielmehr weiter ausgebaut werden muss.

Netzagentur soll Neutralität überwachen

Die Bundesnetzagentur soll beauftragt werden, die Einhaltung der Netzneutralität und eine ausreichende Best-Effort-Qualität im Internet wirksam zu sichern. So soll sie auch angemessene Mindestqualitaetsstandards für die Durchleitung von Datenpaketen festlegen können und einen jährlichen Bericht zum Stand der Netzneutralität erstellen. Bei Verstößen gegen Netzneutralität sollen Kunden ergänzend ein Sonderkündigungsrecht erhalten.

Durch eine auf diese Weise gesetzlich verankerte Netzneutralität können Freiheit, Teilhabe und Innovationskraft im Netz miteinander verbunden und abgesichert werden. Die SPD-Bundestagsfraktion wird bei der am Donnerstag anstehenden abschließenden Beratung der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes weiterhin darauf drängen.

Die Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ hat im Frühjahr 2010 ihre Arbeit aufgenommen und sich bisher u. a. mit den Themen Medienkompetenz, Datenschutz und Urheberrecht befasst. Der Abgeordnete und netzpolitische Sprecher der Fraktion, Lars Klingbeil, fordert in seinem Videostatement alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich an der Diskussion zu beteiligen, Fragen zu stellen und Anregungen zu geben.