Otto Wels erklärte in seiner Rede vor dem Reichstag am 23. März 1933: „Wir deutschen Sozialdemokraten bekennen uns in dieser geschichtlichen Stunde feierlich zu den Grundsätzen der Menschlichkeit und der Gerechtigkeit, der Freiheit und des Sozialismus“, und: „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht.“
Er sprach diese Worte in der letzten freien Rede, die von einem Abgeordneten des Reichstages gehalten werden konnte. Die Rede mahnt uns auch heute noch, sich rechtsextremistischen, antidemokratischen und menschenfeindlichen Akteur:innen entgegen zu stellen.
Mit dem „Otto-Wels-Preis für Demokratie 2025“ zeichnet die SPD-Bundestagsfraktion junge Menschen aus, die sich mit den Themen Versöhnen und Erinnern auseinandersetzen und engagiert jeder Art von Antisemitismus entgegentreten.
Jedes Jahr werden Menschen zwischen 16-20 Jahren dazu aufgerufen, Projekte, Kampagnen und Beiträge vorzustellen, die zeigen, wie sie in ihrem Lebensumfeld Antisemitismus begegnen.
Jeanette Wolff, an deren Schicksal wir mit diesem 10. Otto-Wels-Preis erinnern wollen, wurde bereits am 5. März 1933 unter dem Vorwurf verhaftet, „Verräter am Nationalsozialismus“ zu sein.
Sie überlebte das Ghetto Riga, das KZ Riga-Kaiserwald und das KZ Stutthof. Der NS-Terror raubte ihr den Mann und zwei ihrer drei Töchter. Sie wollte trotzdem als Jüdin in Deutschland leben. Als Berliner Abgeordnete im Deutschen Bundestag (von 1952 bis 1961) kämpfte sie für die Entschädigung der NS-Opfer, gegen die personelle Renazifizierung und gegen den Rechtsradikalismus in der Bundesrepublik. Bis ins hohe Alter sprach sie als Zeitzeugin in Schulen, um die Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten und die Namen der Opfer wachzuhalten.
Die diesjährigen Preisträger:innen sind:
- Elf Schülerinnen der Anne-Frank Gesamtschule in Rheinkamp für ihre Ausstellung in einem ehemaligen Gefängnis in Moers zum Gedenken an den 08. Mai 1945. Dabei dienten Gefängnisräume für die thematische Auseinandersetzung mit Verfolgung und Biografien von verfolgten Personen des Widerstands während der NS-Diktatur wie z.B. Anne Frank, Dietrich Bonhoeffer und die Gruppe der Edelweißpiraten. Es ging aber auch heutige Formen von Ausgrenzung und Flucht. „Wir wollten zeigen, dass Demokratie nicht abstrakt ist – sondern konkret, verletzlich und wertvoll“, beschreiben die Preisträger:innen ihr Projekt.
- Leonard Kunz, 19 Jahre, hat eigenständig ein 90minütiges Workshop-Format für Mittelstufenschüler:innen entwickelt, in dem er auf die Bedeutung von Demokratie und Gefahren durch Social-Media-Algorithmen aufmerksam macht. Dieses referiert er an Schulen in seiner Umgebung. Außerdem hat er Lehrmaterialien für Lehrende erstellt, die er auf seiner Webseite Lehrkräften zur Verfügung stellt. Darüber hinaus ist er in der Bürgerinitiative bzw. dem Verein „Wettenberg bleibt bunt“ aktiv, die sich Anfang 2024 als Reaktion auf die Medienenthüllungen zu den Abschiebe-Plänen der AfD gegründet hat.
- Die Projektgruppe „Stimmen“ besteht aus 25 Teilnehmer:innen aus Haar und der Performancegruppe „Die Wolken“. Mit einer Erinnerungsperformance will sie die Erinnerung wachhalten und einer Opfergruppe gedenken, der in der NS-Zeit die Menschenwürde und das Recht auf Leben abgesprochen wurde. Im Heimatort der Projektteilnehmenden (Haar) kam es in der dortigen „Heil- und Pflegeanstalt“ zu furchtbaren „Euthanasie“-Verbrechen, u.a. auch zur Tötung von Kindern. Diese, aber auch der geleistete Widerstand, wird in der Erinnerungsperformance thematisiert und es wird versucht, den Opfern eine Stimme zu geben.
Für die musikalische Umrahmung der Veranstaltung sorgte Leander Besand, 18 Jahre, der sich ebenfalls an dem Wettbewerb beteiligt hatte. Leander veröffentlicht unter dem Künstlernamen „Lavendel“ politische Rap-Songs. In seinem Album „Revisionismus“ setzt er sich mit dem aktuellen politischen Geschehen auseinander, die u. a. Bezug zum zeitaktuellen Geschichtsrevisionismus nehmen.