Pressestatement von Frank-Walter Steinmeier

Bundesregierung muss mit Opposition über Fiskalpakt verhandeln

„Der Kanzlerin gerät einiges aus dem Griff,“ mit diesen Worten begann SPD-Fraktionschef, Frank-Walter Steinmeier, sein heutiges Statement vor den Medien. Dazu zählte er die Entscheidungsfindung im Regierungslager bei der Aufstellung von Joachim Gauck als gemeinsamen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten, die durch "den Aufstand" der FDP zustande kam sowie die Verfehlung der Kanzlermehrheit wenige Tage später bei der Abstimmung über das Griechenlandpaket. Doch dann sei der politische GAU für die Regierung gekommen: die Feststellung, dass zur Ratifizierung des europäischen Fiskalpakts die Koalitionsmehrheit nicht ausreiche, sondern die Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament erreicht werden müsse, sagte Steinmeier.

Dr. Frank-Walter Steinmeier
(Foto: picture alliance / dpa)

Die Regierung sei damit auf die SPD und Bündnis90/Die Grünen angewiesen. Deshalb habe er gemeinsam mit der grünen Fraktionsspitze einen Brief an die Kanzlerin gerichtet. Darin hätten sie formuliert, dass "dies keine Bringschuld der Opposition" sei. Die Regierung müsse nun um die Zustimmung der Opposition zum Fiskalpakt werben und sich anhören, unter welchen Voraussetzungen "wir uns eine Zustimmung zu dem Paket vorstellen können", erklärte der SPD-Fraktionschef. Haushaltsdisziplin sei in Europa dringend notwendig. Doch der Fiskalpakt reiche nicht aus, um Europa aus der Krise zu führen. In Europa gehe es jetzt auch um Wachstumsförderung und Maßnahmen für den Abbau der Jugendarbeitslosigkeit. "Wir erwarten auch, dass endlich der Streit in der Regierung zwischen Union und FDP über die Notwendigkeit einer Besteuerung der Finanzmärkte beendet wird," forderte Steinmeier. Die Regierung müsse insgesamt entscheiden, dass sie zur Finanztransaktionssteuer stehe und die entsprechenden Initiativen der EU-Kommission auch geschlossen unterstützen.

Doch mit Blick auf den Koalitionsausschuss am Wochenende sei deutlich geworden: „Die Koalition kommt ans Ende der Gemeinsamkeiten.“ Der Eindruck, dass sich Union und FDP nicht einigen können, ließe sich nicht durch dicke Papiere verwischen. Sie könnten sich über einiges noch nicht einmal mehr unterhalten. „Es zählt nicht das, was im Papier steht, sondern das, was fehlt,“ sagte Steinmeier. Alles, was strittig sei, hätten sie vertagt: die Pflegereform, den Mindestlohn und die Wiedereinführung der Tarifeinheit in Deutschland.
Der SPD-Fraktionschef warf der Regierung vor, dass sie seit einem Jahr nichts unternommen habe, um die Tarifeinheit in Deutschland zu gewährleisten. Durch ihre Untätigkeit ließe sie zu, dass die Tariflandschaft immer weiter zerfleddere. Dabei verwies Steinmeier auf die zurückliegenden Tarifauseinandersetzungen bei der Bahn und die aktuelle Situation im Bereich des Flugverkehrs. Er sei sich sicher, wenn die Politik nicht handele, werde sich dieses ausweiten.

Bezogen auf den Rücktritt des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff zeigte der SPD-Fraktionschef auf, dass nicht nur die Versorgungsregelungen stittig seien, sondern auch Wulffs offizielle Verabschiedung aus dem Amt. Er frage sich, ob die Veranstaltung "noch einigermaßen würdevoll über die Bühne gehen" könne, wenn vier ehemalige Bundespräsidenten ihre Teilnahme am Zapfenstreich abgesagt hätten. Wulff sei zu raten, auf diesen Zapfenstreich zu verzichten.
Steinmeier berichtete außerdem, dass er mit der Kandidatin der Linken, Beate Klarsfeld, telefoniert habe. Er habe ihr erklärt, dass "die SPD-Fraktion festgelegt ist und Schauveranstaltungen jetzt in der Fraktion für keine Seite zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit beitragen würden." Die SPD stehe zu ihrer Entscheidung, Joachim Gauck zu benennen und werde in der Bundesversammlung entsprechend votieren.

Frank-Walter Steinmeirer begrüßte zudem die fraktionsübergreifende Einigung über die Änderung des Transplantationsgesetzes zur Gewinnung von mehr Organspendern. Dies sei nun nach einem Jahr intensiver Verhandlungen gelungen, so dass schon in der nächsten Sitzungswoche dem Parlament ein gemeinsamer Gruppenantrag vorliegen werde.

Die Regierung ist zur Ratifizierung des Fiskalpakts auf SPD und Grüne angewiesen. Deshalb habe er mit der grünen Fraktionsspitze einen Brief an die Kanzlerin gerichtet, sagte SPD-Fraktionschef Steinmeier. Die Regierung müsse um die Zustimmung der Opposition werben und sich anhören, unter welchen Voraussetzungen eine Zustimmung vorstellbar sei.

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