Vor rund 16 Jahren haben 30 europäische Staaten in der italienischen Universitätsstadt die sogenannte Bologna-Erklärung unterzeichnet. Sie legten damit den Grundstein für einen Europäischen Hochschulraum, der inzwischen 47 Mitgliedstaaten – von Island bis Kasachstan – umfasst. Die Europäische Studienreform hat in ganz Europa zu weitreichenden Veränderungen der nationalen Hochschulsysteme geführt, die bekannteste ist die Umstellung sämtlicher Studiengänge auf das Bachelor- und Mastersystem. Zudem vereinbarten die EU-Länder unter anderem folgende gemeinsame Ziele:
- Die Mobilität und damit der akademische und kulturelle Austausch der Studierenden, Lehrenden und Forschenden innerhalb Europas soll verbessert werden.
- Die Qualität der Hochschullehre und -forschung soll weiter gesteigert werden, damit Studierende in Europa noch schneller einen guten Jobeinstieg als Fachkräfte oder wissenschaftlicher Nachwuchs schaffen (Beschäftigungsfähigkeit) und der europäische Hochschulraum auf diese Weise langfristig seine internationale Wettbewerbsfähigkeit sichert.
Auf der Internationalen Bologna-Ministerkonferenz am 14./15. Mai 2015 in Jerewan (Armenien) werden sich die europäischen Mitgliedstaaten beraten, wie die gemeinsame europäische Hochschul- und Forschungspolitik weiter ausgebaut werden kann. Die Koalitionsfraktionen begleiten dieses Treffen mit einem Antrag (Drs. 18/4801), in dem eigene Vorstellungen und Schwerpunkte herausgestellt werden. Der Antrag wurde an diesem Donnerstag im Bundestag beraten – gemeinsam mit dem „Bericht der Bundesregierung über die Umsetzung der Bologna-Reform 2012 bis 2015“ (Drs. 18/4385).
Mobilitätshürden in Europa weiter abbauen
Der „Bologna-Bericht“ zeigt: Knapp 140.000 Deutsche studieren heute an ausländischen Hochschulen, das sind fast dreimal mehr als zu Beginn der Bologna-Reform 1999. Damit sind deutsche Studierende im Vergleich zu Ländern mit ähnlichen Studierendenzahlen zwar weltweit am mobilsten, die Mobilität deutscher Studierender liegt jedoch noch unter der Zielmarke des Koalitionsvertrages (50 Prozent der Absolventinnen und Absolventen sollen Auslandserfahrungen im Studium gesammelt haben). Die Koalitionsfraktionen fordern daher unter anderem, die finanzielle Unterstützung für Studierende bei Auslandsaufenthalten fortzuführen (DAAD-Programm, Auslands-BAföG).
Auch Probleme bei der Anerkennung von im Ausland erworbenen Studienleistungen und starre Strukturen des Studiums in Deutschland sind Hürden, die Studierende bei Auslandsaufenthalten erleben. Im Antrag fordern die Koalitionsfraktionen die Bundesregierung daher beispielsweise auf, sich im Rahmen der so genannten Bund-Länder „Strategie für die Internationalisierung der Hochschulen in Deutschland“ weiter für internationale Doppelstudiengänge (double degrees und joint degrees) und Europahochschulen einzusetzen – und dabei die Qualitätssicherung von Lehre und Forschung im Blick zu behalten.
Zudem wünschen sich die Abgeordneten weitere Maßnahmen, die die Mobilität Studierender aus Lehramtsstudiengängen steigert. Neben angehenden Lehrerinnen und Lehrern sollen darüber hinaus auch Beschäftigte im Hochschul- und Wissenschaftsmanagement zum internationalen Austausch ermutigt werden, heißt es im Antrag. Des Weiteren plädieren die Fraktionen von Union und SPD dafür, auf der EU-Ministerkonferenz über einen möglichen Beitritt des Staates Belarus zum Europäischen Hochschulraum zu beraten.
Ausländische Studierende besser integrieren
Daniela De Ridder, Berichterstatterin der SPD-Fraktion, wies in der Debatte im Bundestag jedoch unter anderem darauf hin, dass es nicht reiche, jungen Menschen aus anderen Ländern ein Studium in Deutschland zu ermöglichen. Man müsse ihnen auch berufliche Perspektiven bieten, wenn sie langfristig ein Leben in unserem Land aufbauen möchten.
Zudem bräuchten die Hochschulen im Zuge ihrer Internationalisierung ein Konzept für ein Diversity Management, um der Vielfältigkeit der Studierenden gerecht zu werden, fordert die SPD-Abgeordnete. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierte Nexus-Projekt, das Studierenden mit unterschiedlichen Biografien den Studieneinstieg und -verlauf erleichtert, sei dafür ein hervorragendes Beispiel, so De Ridder.