Anlässlich der Präsentation der Bilanz des Ausbildungspaktes von Wirtschaft und Bundesregierung fordert Willi Brase verstärkte Anstrenungen seitens der Wirtschaft und der Politik.

 

Das turnusmäßige Lamentieren über die mangelnde Ausbilungsreife seitens der Wirtschaft hilft den jungen Menschen angesichts 75.000 unbesetzter Ausbildungsplätzen keinen Schritt weiter. Dass es Probleme in bestimmten Bereichen wie dem Einzelhandel sowie dem Hotel- und Gaststättengewerbe gibt, ist kein Wunder, sondern teilweise auch hausgemacht. Hier lohnt sich ein Blick auf die Qualität der Ausbildung und auf die Lebens- und Arbeitsperspektiven nach Abschluss der Ausbildung.

 

Im Hotel- und Gaststättengewerbe liegt die vorzeitige Abbruchquote von Ausbildungsverhältnissen bei 44 Prozent. Die weiterhin abnehmende Attraktivität dieser Branche hängt auch mit den sehr schlechten Perspektiven auf eine existenzsichernde Erwerbsarbeit zusammen. Ende 2010 standen rund 822.000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen etwa 792.000 geringfügige Beschäftigungsverhältnisse gegenüber, die in Form eines Minijobs in dieser Branche längst zu Normalität geworden sind.

 

Im Handel ist es ähnlich. Von rund 2,9 Millionen Beschäftigten waren im gleichen Zeitraum rund 740.000 in Teilzeit beziehungsweise knapp 940.000 Personen geringfügig angestellt. Minijobs dienen zur Abfederung von saisonalen Spitzenbelastungen. Hier sind besonders oft Frauen die Leidtragenden.

 

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit schaffen weiterhin 300.000 bis 350.000 Jugendliche nicht den Sprung in die betriebliche Ausbildung und stecken in einer Maßnahme des sogenannten Übergangssystems. Dazu hat sich die SPD auf ihrem letzten Bundesparteitag klar positioniert. Das heutige Übergangssystem muss überwunden werden. Unser Grundsatz lautet: kein Abschluss ohne Anschluss.

 

Entscheidend ist eine kompetente und vertrauensvolle Begleitung der Schülerinnen und Schüler von der Schule über die Phase der Berufsorientierung und den Schulabschluss in die Berufsausbildung hinein. Diese Berufseinstiegsbegleitung soll zum Regelangebot an allen Schulen gegen Ende der Sekundarstufe I ausgebaut werden.

 

Die heute bereits erfolgreiche Einstiegsqualifizierung soll fortgeführt werden. Sie wird schulmüden und eher praxisorientierten Jugendlichen mit individuellem Förderbedarf angeboten, die so die Möglichkeit erhalten, sich trotz eventuellen Ausreißern im Zeugnis oder Lebenslauf in einem Unternehmen vorzustellen und dort eine faire Chance zu bekommen. Diese Maßnahme ist sicherlich für einen Teil der 1,5 Millionen jungen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren ohne Schul- beziehungsweise Berufsabschluss eine Perspektive. Zur Deckung des zukünftigen Fachkräftebedarfs müssen auch sie nachhaltig qualifiziert werden.

 

Jugendliche, die erfolglos nach einem Ausbildungsplatz gesucht haben, sollen einen öffentlich geförderten Ausbildungsplatz mit engen Bezügen zur Praxis und der Garantie des Übergangs in eine vollqualifizierende Berufsausbildung erhalten. Die Unternehmen sind aufgefordert, ihr Angebot an Ausbildungsplätzen bedarfsgerecht auszubauen.

 

Angesichts der Debatte über den zukünftigen Fachkräftebedarf ist zu überlegen, ob nicht neue Instrumente auf den Weg gebracht werden müssen. Beispielhaft sind hier Branchenfonds zur Erstausbildung und Weiterqualifizierung. Es geht darum, den jeweiligen Fachkräftebedarf in den Branchen zu sichern.