Verteidigungsminister zu Guttenberg will die Bundeswehr von gegenwärtig rund 252.000 auf 163.500 Soldaten reduzieren. Bis 2016 sollen dadurch insgesamt Einsparungen von 8,3 Milliarden Euro erreicht werden, davon allein 4,3 Milliarden in 2013. Das ist fast inmitten der nächsten Legislaturperiode - ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Der Minister zäumt das Pferd von hinten auf: Statt zu erklären, welche Aufgaben die Bundeswehr in Zukunft übernehmen soll, welche Vorgaben diese Regierung in der Außen- und Sicherheitspolitik macht, will Guttenberg einfach nur sparen. Aber sparen müssen alle, auch unsere Partner in der EU und in der NATO. Alle haben die gleichen Probleme: zu wenig Geld, manche alten Strukturen, die gleichen Einsätze. Da könnte eine vernünftige Arbeitsteilung für alle ein Gewinn sein. Und wir könnten trotzdem noch unsere internationalen Verpflichtungen erfüllen.

Denn Fähigkeiten, die der UN, der NATO und der EU angezeigt werden, sind keine banalen Planspiele, auf die je nach Kassenlage verzichtet werden kann. Sie sind zentraler Bestandteil der deutscher Außen- und Sicherheitspolitik. Der Umfang der deutschen Streitkräfte in Europa ist nicht banal. Die Bundeswehr heute ist halb so groß wie die Bundeswehr 1990 - von damals 660.000 (BW + NVA) auf heute 250.000. Statt damals 20 Prozent geben wir heute nur noch neun Prozent vom Bundeshaushalt für Verteidigung aus. Guttenberg tut so, als ob er der erste Minister ist, der endlich auch mal beim Militär spart. Dabei weiß er gut, dass die Streitkräfte in Deutschland seit 1990 drastisch geschrumpft sind. Aber jetzt noch einmal ein Drittel wegzusparen - das geht an die Substanz.

Wir Sozialdemokraten wollen keine reine Interventionsarmee. Es geht uns immer auch um die Sicherheit in Europa. Wir sind dafür zuständig, dass kein Vakuum in der Mitte Europas entsteht. Es geht nicht immer nur um Profis für Kampfeinsätze, sondern wir sollten auch an dem alten Leitbild festhalten: "Kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen."

Wir begrüßen natürlich, dass der Minister unser Modell eines freiwilligen Wehrdienstes übernimmt. Zumindest an dieser Stelle hat er auf eine intelligente Lösung gesetzt. Aber erst die Haushaltszahlen, dann den Personalumfang, dann die Struktur und am Ende die Aufgaben der Bundeswehr festzulegen - das ist genau die falsche Reihenfolge. Niemand weiß, wie sich für uns die Sicherheitslage in sieben oder zehn Jahren darstellt. 1989/90 gab es einen Wandel zum Guten, quasi über Nacht. Am 11. September 2001 ging es in die andere Richtung, und es änderte sich alles. Wir müssen immer mit rapidem Wandel rechnen, das ist die eigentliche Aufgabe von Sicherheitspolitik. Wenn wir sicher wären, dass es keine Gefahren mehr gäbe, könnten wir die Bundeswehr abschaffen.

Wir sind gespannt, wie Guttenberg sein Konzept dem Außenminister und dem NATO-Generalsekretär erklärt. Die Bundeskanzlerin ist jedenfalls gefordert, ein Veto gegen diese Bundeswehr nach Kassenlage einzulegen.